Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

Bild:
<< vorherige Seite
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]

Allen Pferden/ welche vornen höher als hinten ge-
wach sen/ ruschet der Sattel hinter sich.

Wo es dabey einen eingezogenen Hunds-Bauch
hätte/ wäre dasselbe desto mehr zuempfinden/ weil sol-
cher Mangel den andern für sich selber verursachet/ und
nach sich ziehet. Wann sie auch gegen Berg gerit-
ten werden/ kommet die dritte Ursache darzu/ welches
aber auff alle drey Wege durch das Vorder-Zeug
und des Reuters eigene Hülffe verbessert/ und der
Sattel zurück gehalten/ also an seinem behörigen Ort
befestiget werden muß.

Auff den Pferden/ so 1. hinten höher als vorn ge-
wachsen/ 2. einen breiten Kuh-Bauch haben/ der sehr
zurück hänget/ wann sie Bergab geritten werden/
schieben sich die Sättel/ welches das Hinter-Zeug
oder Schweiffriemen alles verhüten und den Sattel
zurück halten kan.

Ausser diesen Mängeln/ auch bey gutem gleichen
Gewächs des vordern und hindern Theils/ und einem
wolgestallten Bauch/ so in der Mitte am dickesten ist/
soll der Sattel nicht so weit hervor gehen/ daß er auff
den vordern Füssen liget/ auch nicht auff dem dicken
Creutz/ denn solcher Gestalt würde er kein rechtes Auf-
ligen haben können/ sondern sich auf der Breite dre-
hen und hin und wieder rutschen oder wenden müs-
sen: er soll in so weit zuligen kommen/ daß der Reuter
mitten auf dem Pferde sitze.

Es könen ausser dem gar magere schmale/ auch gar
fette breite Pferde/ dem Sattel genugsam unstetes
Auffligen verursachen/ daß man zu sorgen hat/ wie sie
ohne gedrückt zu werden zureiten; sonderlich seyn die
hohen Rücken böß zusatteln/ weil der Sattel weder
vor noch hinter der Höhe Platz zuligen findet/ oben
darauf aber bald vor-bald hinterwerts fället und das
Pferd beschädiget.

Die tieffen Rücken halten die Sättel zwar an ei-
nem Ort/ ligen aber gemeiniglich vorn und hinten so
sehr auff/ daß sie angreiffen/ zudem daß die Tieffe meh-
rerstheils zu viel zurück kommet/ und der Reuter zu
den Hülffen und Straffen unbeqvem sitzet.

[Spaltenumbruch]

Vielmahls werden alte Pferde/ sonderlich die man
in wichtigen Geschäfften im Krieg/ zu Hoff und auff
der Schul zureiten pfleget/ 1. durch das feste Gürten/
(welches diese Ubungen wegen der Sicherheit erfor-
dern/) 2. durch ungeschicktes Aufwerffen und plum-
pes Niederlegen der Sättel/ 3. durch schwermüthiges
Auf- und starckes Niedersitzen des Reuters/ 4. durch
unstätes Hin- und Wiederrutschen/ 5. durch spitzigen
Zeug oder Spangen/ 6. angegriffen/ 7. geschwellet/
8. verwundet/ daß sie viel schwerer wieder unter den
Sattel zu bringen/ als die Pferde/ so niemals Sättel
auffgetragen: Mit welchen man so dann gleiche Mü-
he vornehmen/ und durch lange Zeit sie aus der bö-
sen in die rechte Ordnung bringen muß.

Auffzäumen.

Und wiewol das Aufzäumen auf zweyerley Weise
nöthig/ weil die Pferde sowol aufgezäumet als gesat-
telt werden müssen/ und die rechte Zäumung von vie-
lerley Wissenschafften herzuholen ist: So ist doch all-
hie des Aufzäumens allein so weit zugedencken ge-
nug/ als weit dieselbe den Knechten im Stall vertrau-
et und anbefohlen bleibet. Welche in allweg gar
sanfft sittsam/ aber sicher damit verfahren sollen:
Denn so fern einem Pferd einmahl die Einnehmung
des Mundstücks und Aufnehmung des Zaums wi-
derwertig gemachet wird/ brauchet es grosse Mühe
und Kunst solche wieder zu recht zubringen.

Theis Pferde wollen ihnen den Zaum nicht auff
dem Kopff umb die Ohren anthun lassen/ andere das
Gebiß nicht einnehmen/ etliche deren keines/ welches
desto gefährlicher in hohem Gebrauch absonderlich im
Krieg ist. Welches beydes von langer Hand in ge-
raumer Zeit/ mit lauter sittsamer Handanlegung/
Betrug und Hinterlist geschehen kan: Mit Gewalt
aber wenig gutes auszurichten stehet/ ohne was durch
sonderliche Vortheil geschicht/ welche aber offt ver-
ändert werden müssen/ weil sie den oftgebrauchten
wol vorzukommen wissen.

Wann die Pferde einen grossen langwierigen
geschwinden Lauff verrichten:
Oder sonst in vielen Lauffen geübet
werden sollen.
[Spaltenumbruch]
Vor dem Lauff.

JM Anfang des May soll man Beyfuß-Wurtzel
vor Aufgang der Sonnen graben/ mit sambt dem
Kraut waschen/ in eine lebendige Brunnqvell über
Nacht geleget/ den andern Tag umb dieselbe Zeit vor
Auffgang der Sonnen/ in einem Hafen Wasser sie-
den lassen/ damit soll man das Pferd um die Brust/
Lenden/ Geschröt und 4. Schenckel warm waschen/
Kraut und Wurtzel werden auf das Creutz geleget/
und damit bey der Sonnen gewaschen/ wann es über
Nacht darauf gelegen ist.

Man klaubet den besten Habern aus dem schlech-
ten oder gemeinen/ reibet ihn zwischen den Fingern
[Spaltenumbruch] oder Händen/ daß er glatt werde/ macht ihn mit dem
besten Wein naß/ dörret ihn wieder und reibet ihn
abermals/ und giebet ihm unter oder nach dem Futter
14. Tag lang.

Vor dem lauffen 1. Tag oder 2. giebt man ihm un-
tet solchem Futter geschnittene Gembs-Wurtzel.

Eberwurtzel wie auch Beyfuß-Wurtzel unter den
Schweiff oder Schopff gebunden/ auch inwendig in
das Mundstück gemachet.

2. Loth Lorbeer/ 3. Loth Alandwurtzel/ 1. Loth Nieß-
wurtzel/ 2. Loth Entzian/ gepulvert/ mit Wein genetzet/
4. Tag unter den Futter/ Wolgemuth/ Agrimonia,
Hanffstauden/ Beyfuß/ Rosenkuchen gesotten damit
gebäet.

2. Loth
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]

Allen Pferden/ welche vornen hoͤher als hinten ge-
wach ſen/ ruſchet der Sattel hinter ſich.

Wo es dabey einen eingezogenen Hunds-Bauch
haͤtte/ waͤre daſſelbe deſto mehr zuempfinden/ weil ſol-
cher Mangel den andern fuͤr ſich ſelber verurſachet/ uñ
nach ſich ziehet. Wann ſie auch gegen Berg gerit-
ten werden/ kommet die dritte Urſache darzu/ welches
aber auff alle drey Wege durch das Vorder-Zeug
und des Reuters eigene Huͤlffe verbeſſert/ und der
Sattel zuruͤck gehalten/ alſo an ſeinem behoͤrigen Ort
befeſtiget werden muß.

Auff den Pferden/ ſo 1. hinten hoͤher als vorn ge-
wachſen/ 2. einen breiten Kuh-Bauch haben/ der ſehr
zuruͤck haͤnget/ wann ſie Bergab geritten werden/
ſchieben ſich die Saͤttel/ welches das Hinter-Zeug
oder Schweiffriemen alles verhuͤten und den Sattel
zuruͤck halten kan.

Auſſer dieſen Maͤngeln/ auch bey gutem gleichen
Gewaͤchs des vordern und hindeꝛn Theils/ und einem
wolgeſtallten Bauch/ ſo in der Mitte am dickeſten iſt/
ſoll der Sattel nicht ſo weit hervor gehen/ daß er auff
den vordern Fuͤſſen liget/ auch nicht auff dem dicken
Creutz/ denn ſolcher Geſtalt wuͤrde er kein rechtes Auf-
ligen haben koͤnnen/ ſondern ſich auf der Breite dre-
hen und hin und wieder rutſchen oder wenden muͤſ-
ſen: er ſoll in ſo weit zuligen kommen/ daß der Reuter
mitten auf dem Pferde ſitze.

Es koͤnen auſſer dem gar magere ſchmale/ auch gar
fette breite Pferde/ dem Sattel genugſam unſtetes
Auffligen verurſachen/ daß man zu ſorgen hat/ wie ſie
ohne gedruͤckt zu werden zureiten; ſonderlich ſeyn die
hohen Ruͤcken boͤß zuſatteln/ weil der Sattel weder
vor noch hinter der Hoͤhe Platz zuligen findet/ oben
darauf aber bald vor-bald hinterwerts faͤllet und das
Pferd beſchaͤdiget.

Die tieffen Ruͤcken halten die Saͤttel zwar an ei-
nem Ort/ ligen aber gemeiniglich vorn und hinten ſo
ſehr auff/ daß ſie angreiffen/ zudem daß die Tieffe meh-
rerstheils zu viel zuruͤck kommet/ und der Reuter zu
den Huͤlffen und Straffen unbeqvem ſitzet.

[Spaltenumbruch]

Vielmahls werden alte Pferde/ ſonderlich die man
in wichtigen Geſchaͤfften im Krieg/ zu Hoff und auff
der Schul zureiten pfleget/ 1. durch das feſte Guͤrten/
(welches dieſe Ubungen wegen der Sicherheit erfor-
dern/) 2. durch ungeſchicktes Aufwerffen und plum-
pes Niederlegen der Saͤttel/ 3. durch ſchwermuͤthiges
Auf- und ſtarckes Niederſitzen des Reuters/ 4. durch
unſtaͤtes Hin- und Wiederrutſchen/ 5. durch ſpitzigen
Zeug oder Spangen/ 6. angegriffen/ 7. geſchwellet/
8. verwundet/ daß ſie viel ſchwerer wieder unter den
Sattel zu bringen/ als die Pferde/ ſo niemals Saͤttel
auffgetragen: Mit welchen man ſo dann gleiche Muͤ-
he vornehmen/ und durch lange Zeit ſie aus der boͤ-
ſen in die rechte Ordnung bringen muß.

Auffzaͤumen.

Und wiewol das Aufzaͤumen auf zweyerley Weiſe
noͤthig/ weil die Pferde ſowol aufgezaͤumet als geſat-
telt werden muͤſſen/ und die rechte Zaͤumung von vie-
lerley Wiſſenſchafften herzuholen iſt: So iſt doch all-
hie des Aufzaͤumens allein ſo weit zugedencken ge-
nug/ als weit dieſelbe den Knechten im Stall vertrau-
et und anbefohlen bleibet. Welche in allweg gar
ſanfft ſittſam/ aber ſicher damit verfahren ſollen:
Denn ſo fern einem Pferd einmahl die Einnehmung
des Mundſtuͤcks und Aufnehmung des Zaums wi-
derwertig gemachet wird/ brauchet es groſſe Muͤhe
und Kunſt ſolche wieder zu recht zubringen.

Theis Pferde wollen ihnen den Zaum nicht auff
dem Kopff umb die Ohren anthun laſſen/ andere das
Gebiß nicht einnehmen/ etliche deren keines/ welches
deſto gefaͤhrlicher in hohem Gebꝛauch abſonderlich im
Krieg iſt. Welches beydes von langer Hand in ge-
raumer Zeit/ mit lauter ſittſamer Handanlegung/
Betrug und Hinterliſt geſchehen kan: Mit Gewalt
aber wenig gutes auszurichten ſtehet/ ohne was durch
ſonderliche Vortheil geſchicht/ welche aber offt ver-
aͤndert werden muͤſſen/ weil ſie den oftgebrauchten
wol vorzukommen wiſſen.

Wann die Pferde einen groſſen langwierigen
geſchwinden Lauff verrichten:
Oder ſonſt in vielen Lauffen geuͤbet
werden ſollen.
[Spaltenumbruch]
Vor dem Lauff.

JM Anfang des May ſoll man Beyfuß-Wurtzel
vor Aufgang der Sonnen graben/ mit ſambt dem
Kraut waſchen/ in eine lebendige Brunnqvell uͤber
Nacht geleget/ den andern Tag umb dieſelbe Zeit vor
Auffgang der Sonnen/ in einem Hafen Waſſer ſie-
den laſſen/ damit ſoll man das Pferd um die Bruſt/
Lenden/ Geſchroͤt und 4. Schenckel warm waſchen/
Kraut und Wurtzel werden auf das Creutz geleget/
und damit bey der Sonnen gewaſchen/ wann es uͤber
Nacht darauf gelegen iſt.

Man klaubet den beſten Habern aus dem ſchlech-
ten oder gemeinen/ reibet ihn zwiſchen den Fingern
[Spaltenumbruch] oder Haͤnden/ daß er glatt werde/ macht ihn mit dem
beſten Wein naß/ doͤrret ihn wieder und reibet ihn
abermals/ und giebet ihm unter oder nach dem Futter
14. Tag lang.

Vor dem lauffen 1. Tag oder 2. giebt man ihm un-
tet ſolchem Futter geſchnittene Gembs-Wurtzel.

Eberwurtzel wie auch Beyfuß-Wurtzel unter den
Schweiff oder Schopff gebunden/ auch inwendig in
das Mundſtuͤck gemachet.

2. Loth Lorbeer/ 3. Loth Alandwurtzel/ 1. Loth Nieß-
wurtzel/ 2. Loth Entzian/ gepulvert/ mit Wein genetzet/
4. Tag unter den Futter/ Wolgemuth/ Agrimonia,
Hanffſtauden/ Beyfuß/ Roſenkuchen geſotten damit
gebaͤet.

2. Loth
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0068" n="62"/>
                <fw place="top" type="header">Neuer vollkommener</fw><lb/>
                <cb/>
                <p>Allen Pferden/ welche vornen ho&#x0364;her als hinten ge-<lb/>
wach &#x017F;en/ ru&#x017F;chet der Sattel hinter &#x017F;ich.</p><lb/>
                <p>Wo es dabey einen eingezogenen Hunds-Bauch<lb/>
ha&#x0364;tte/ wa&#x0364;re da&#x017F;&#x017F;elbe de&#x017F;to mehr zuempfinden/ weil &#x017F;ol-<lb/>
cher Mangel den andern fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elber verur&#x017F;achet/ uñ<lb/>
nach &#x017F;ich ziehet. Wann &#x017F;ie auch gegen Berg gerit-<lb/>
ten werden/ kommet die dritte Ur&#x017F;ache darzu/ welches<lb/>
aber auff alle drey Wege durch das Vorder-Zeug<lb/>
und des Reuters eigene Hu&#x0364;lffe verbe&#x017F;&#x017F;ert/ und der<lb/>
Sattel zuru&#x0364;ck gehalten/ al&#x017F;o an &#x017F;einem beho&#x0364;rigen Ort<lb/>
befe&#x017F;tiget werden muß.</p><lb/>
                <p>Auff den Pferden/ &#x017F;o 1. hinten ho&#x0364;her als vorn ge-<lb/>
wach&#x017F;en/ 2. einen breiten Kuh-Bauch haben/ der &#x017F;ehr<lb/>
zuru&#x0364;ck ha&#x0364;nget/ wann &#x017F;ie Bergab geritten werden/<lb/>
&#x017F;chieben &#x017F;ich die Sa&#x0364;ttel/ welches das Hinter-Zeug<lb/>
oder Schweiffriemen alles verhu&#x0364;ten und den Sattel<lb/>
zuru&#x0364;ck halten kan.</p><lb/>
                <p>Au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;en Ma&#x0364;ngeln/ auch bey gutem gleichen<lb/>
Gewa&#x0364;chs des vordern und hinde&#xA75B;n Theils/ und einem<lb/>
wolge&#x017F;tallten Bauch/ &#x017F;o in der Mitte am dicke&#x017F;ten i&#x017F;t/<lb/>
&#x017F;oll der Sattel nicht &#x017F;o weit hervor gehen/ daß er auff<lb/>
den vordern Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en liget/ auch nicht auff dem dicken<lb/>
Creutz/ denn &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt wu&#x0364;rde er kein rechtes Auf-<lb/>
ligen haben ko&#x0364;nnen/ &#x017F;ondern &#x017F;ich auf der Breite dre-<lb/>
hen und hin und wieder rut&#x017F;chen oder wenden mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en: er &#x017F;oll in &#x017F;o weit zuligen kommen/ daß der Reuter<lb/>
mitten auf dem Pferde &#x017F;itze.</p><lb/>
                <p>Es ko&#x0364;nen au&#x017F;&#x017F;er dem gar magere &#x017F;chmale/ auch gar<lb/>
fette breite Pferde/ dem Sattel genug&#x017F;am un&#x017F;tetes<lb/>
Auffligen verur&#x017F;achen/ daß man zu &#x017F;orgen hat/ wie &#x017F;ie<lb/>
ohne gedru&#x0364;ckt zu werden zureiten; &#x017F;onderlich &#x017F;eyn die<lb/>
hohen Ru&#x0364;cken bo&#x0364;ß zu&#x017F;atteln/ weil der Sattel weder<lb/>
vor noch hinter der Ho&#x0364;he Platz zuligen findet/ oben<lb/>
darauf aber bald vor-bald hinterwerts fa&#x0364;llet und das<lb/>
Pferd be&#x017F;cha&#x0364;diget.</p><lb/>
                <p>Die tieffen Ru&#x0364;cken halten die Sa&#x0364;ttel zwar an ei-<lb/>
nem Ort/ ligen aber gemeiniglich vorn und hinten &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr auff/ daß &#x017F;ie angreiffen/ zudem daß die Tieffe meh-<lb/>
rerstheils zu viel zuru&#x0364;ck kommet/ und der Reuter zu<lb/>
den Hu&#x0364;lffen und Straffen unbeqvem &#x017F;itzet.</p><lb/>
                <cb/>
                <p>Vielmahls werden alte Pferde/ &#x017F;onderlich die man<lb/>
in wichtigen Ge&#x017F;cha&#x0364;fften im Krieg/ zu Hoff und auff<lb/>
der Schul zureiten pfleget/ 1. durch das fe&#x017F;te Gu&#x0364;rten/<lb/>
(welches die&#x017F;e Ubungen wegen der Sicherheit erfor-<lb/>
dern/) 2. durch unge&#x017F;chicktes Aufwerffen und plum-<lb/>
pes Niederlegen der Sa&#x0364;ttel/ 3. durch &#x017F;chwermu&#x0364;thiges<lb/>
Auf- und &#x017F;tarckes Nieder&#x017F;itzen des Reuters/ 4. durch<lb/>
un&#x017F;ta&#x0364;tes Hin- und Wiederrut&#x017F;chen/ 5. durch &#x017F;pitzigen<lb/>
Zeug oder Spangen/ 6. angegriffen/ 7. ge&#x017F;chwellet/<lb/>
8. verwundet/ daß &#x017F;ie viel &#x017F;chwerer wieder unter den<lb/>
Sattel zu bringen/ als die Pferde/ &#x017F;o niemals Sa&#x0364;ttel<lb/>
auffgetragen: Mit welchen man &#x017F;o dann gleiche Mu&#x0364;-<lb/>
he vornehmen/ und durch lange Zeit &#x017F;ie aus der bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en in die rechte Ordnung bringen muß.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Auffza&#x0364;umen.</hi> </head><lb/>
                <p>Und wiewol das Aufza&#x0364;umen auf zweyerley Wei&#x017F;e<lb/>
no&#x0364;thig/ weil die Pferde &#x017F;owol aufgeza&#x0364;umet als ge&#x017F;at-<lb/>
telt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und die rechte Za&#x0364;umung von vie-<lb/>
lerley Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften herzuholen i&#x017F;t: So i&#x017F;t doch all-<lb/>
hie des Aufza&#x0364;umens allein &#x017F;o weit zugedencken ge-<lb/>
nug/ als weit die&#x017F;elbe den Knechten im Stall vertrau-<lb/>
et und anbefohlen bleibet. Welche in allweg gar<lb/>
&#x017F;anfft &#x017F;itt&#x017F;am/ aber &#x017F;icher damit verfahren &#x017F;ollen:<lb/>
Denn &#x017F;o fern einem Pferd einmahl die Einnehmung<lb/>
des Mund&#x017F;tu&#x0364;cks und Aufnehmung des Zaums wi-<lb/>
derwertig gemachet wird/ brauchet es gro&#x017F;&#x017F;e Mu&#x0364;he<lb/>
und Kun&#x017F;t &#x017F;olche wieder zu recht zubringen.</p><lb/>
                <p>Theis Pferde wollen ihnen den Zaum nicht auff<lb/>
dem Kopff umb die Ohren anthun la&#x017F;&#x017F;en/ andere das<lb/>
Gebiß nicht einnehmen/ etliche deren keines/ welches<lb/>
de&#x017F;to gefa&#x0364;hrlicher in hohem Geb&#xA75B;auch ab&#x017F;onderlich im<lb/>
Krieg i&#x017F;t. Welches beydes von langer Hand in ge-<lb/>
raumer Zeit/ mit lauter &#x017F;itt&#x017F;amer Handanlegung/<lb/>
Betrug und Hinterli&#x017F;t ge&#x017F;chehen kan: Mit Gewalt<lb/>
aber wenig gutes auszurichten &#x017F;tehet/ ohne was durch<lb/>
&#x017F;onderliche Vortheil ge&#x017F;chicht/ welche aber offt ver-<lb/>
a&#x0364;ndert werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ weil &#x017F;ie den oftgebrauchten<lb/>
wol vorzukommen wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#b">Wann die Pferde einen gro&#x017F;&#x017F;en langwierigen</hi><lb/>
ge&#x017F;chwinden Lauff verrichten:<lb/><hi rendition="#b">Oder &#x017F;on&#x017F;t in vielen Lauffen geu&#x0364;bet</hi><lb/>
werden &#x017F;ollen.</head><lb/>
              <cb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Vor dem Lauff.</hi> </head><lb/>
                <p><hi rendition="#in">J</hi>M Anfang des May &#x017F;oll man Beyfuß-Wurtzel<lb/>
vor Aufgang der Sonnen graben/ mit &#x017F;ambt dem<lb/>
Kraut wa&#x017F;chen/ in eine lebendige Brunnqvell u&#x0364;ber<lb/>
Nacht geleget/ den andern Tag umb die&#x017F;elbe Zeit vor<lb/>
Auffgang der Sonnen/ in einem Hafen Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ie-<lb/>
den la&#x017F;&#x017F;en/ damit &#x017F;oll man das Pferd um die Bru&#x017F;t/<lb/>
Lenden/ Ge&#x017F;chro&#x0364;t und 4. Schenckel warm wa&#x017F;chen/<lb/>
Kraut und Wurtzel werden auf das Creutz geleget/<lb/>
und damit bey der Sonnen gewa&#x017F;chen/ wann es u&#x0364;ber<lb/>
Nacht darauf gelegen i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Man klaubet den be&#x017F;ten Habern aus dem &#x017F;chlech-<lb/>
ten oder gemeinen/ reibet ihn zwi&#x017F;chen den Fingern<lb/><cb/>
oder Ha&#x0364;nden/ daß er glatt werde/ macht ihn mit dem<lb/>
be&#x017F;ten Wein naß/ do&#x0364;rret ihn wieder und reibet ihn<lb/>
abermals/ und giebet ihm unter oder nach dem Futter<lb/>
14. Tag lang.</p><lb/>
                <p>Vor dem lauffen 1. Tag oder 2. giebt man ihm un-<lb/>
tet &#x017F;olchem Futter ge&#x017F;chnittene Gembs-Wurtzel.</p><lb/>
                <p>Eberwurtzel wie auch Beyfuß-Wurtzel unter den<lb/>
Schweiff oder Schopff gebunden/ auch inwendig in<lb/>
das Mund&#x017F;tu&#x0364;ck gemachet.</p><lb/>
                <p>2. Loth Lorbeer/ 3. Loth Alandwurtzel/ 1. Loth Nieß-<lb/>
wurtzel/ 2. Loth Entzian/ gepulvert/ mit Wein genetzet/<lb/>
4. Tag unter den Futter/ Wolgemuth/ <hi rendition="#aq">Agrimonia,</hi><lb/>
Hanff&#x017F;tauden/ Beyfuß/ Ro&#x017F;enkuchen ge&#x017F;otten damit<lb/>
geba&#x0364;et.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">2. Loth</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0068] Neuer vollkommener Allen Pferden/ welche vornen hoͤher als hinten ge- wach ſen/ ruſchet der Sattel hinter ſich. Wo es dabey einen eingezogenen Hunds-Bauch haͤtte/ waͤre daſſelbe deſto mehr zuempfinden/ weil ſol- cher Mangel den andern fuͤr ſich ſelber verurſachet/ uñ nach ſich ziehet. Wann ſie auch gegen Berg gerit- ten werden/ kommet die dritte Urſache darzu/ welches aber auff alle drey Wege durch das Vorder-Zeug und des Reuters eigene Huͤlffe verbeſſert/ und der Sattel zuruͤck gehalten/ alſo an ſeinem behoͤrigen Ort befeſtiget werden muß. Auff den Pferden/ ſo 1. hinten hoͤher als vorn ge- wachſen/ 2. einen breiten Kuh-Bauch haben/ der ſehr zuruͤck haͤnget/ wann ſie Bergab geritten werden/ ſchieben ſich die Saͤttel/ welches das Hinter-Zeug oder Schweiffriemen alles verhuͤten und den Sattel zuruͤck halten kan. Auſſer dieſen Maͤngeln/ auch bey gutem gleichen Gewaͤchs des vordern und hindeꝛn Theils/ und einem wolgeſtallten Bauch/ ſo in der Mitte am dickeſten iſt/ ſoll der Sattel nicht ſo weit hervor gehen/ daß er auff den vordern Fuͤſſen liget/ auch nicht auff dem dicken Creutz/ denn ſolcher Geſtalt wuͤrde er kein rechtes Auf- ligen haben koͤnnen/ ſondern ſich auf der Breite dre- hen und hin und wieder rutſchen oder wenden muͤſ- ſen: er ſoll in ſo weit zuligen kommen/ daß der Reuter mitten auf dem Pferde ſitze. Es koͤnen auſſer dem gar magere ſchmale/ auch gar fette breite Pferde/ dem Sattel genugſam unſtetes Auffligen verurſachen/ daß man zu ſorgen hat/ wie ſie ohne gedruͤckt zu werden zureiten; ſonderlich ſeyn die hohen Ruͤcken boͤß zuſatteln/ weil der Sattel weder vor noch hinter der Hoͤhe Platz zuligen findet/ oben darauf aber bald vor-bald hinterwerts faͤllet und das Pferd beſchaͤdiget. Die tieffen Ruͤcken halten die Saͤttel zwar an ei- nem Ort/ ligen aber gemeiniglich vorn und hinten ſo ſehr auff/ daß ſie angreiffen/ zudem daß die Tieffe meh- rerstheils zu viel zuruͤck kommet/ und der Reuter zu den Huͤlffen und Straffen unbeqvem ſitzet. Vielmahls werden alte Pferde/ ſonderlich die man in wichtigen Geſchaͤfften im Krieg/ zu Hoff und auff der Schul zureiten pfleget/ 1. durch das feſte Guͤrten/ (welches dieſe Ubungen wegen der Sicherheit erfor- dern/) 2. durch ungeſchicktes Aufwerffen und plum- pes Niederlegen der Saͤttel/ 3. durch ſchwermuͤthiges Auf- und ſtarckes Niederſitzen des Reuters/ 4. durch unſtaͤtes Hin- und Wiederrutſchen/ 5. durch ſpitzigen Zeug oder Spangen/ 6. angegriffen/ 7. geſchwellet/ 8. verwundet/ daß ſie viel ſchwerer wieder unter den Sattel zu bringen/ als die Pferde/ ſo niemals Saͤttel auffgetragen: Mit welchen man ſo dann gleiche Muͤ- he vornehmen/ und durch lange Zeit ſie aus der boͤ- ſen in die rechte Ordnung bringen muß. Auffzaͤumen. Und wiewol das Aufzaͤumen auf zweyerley Weiſe noͤthig/ weil die Pferde ſowol aufgezaͤumet als geſat- telt werden muͤſſen/ und die rechte Zaͤumung von vie- lerley Wiſſenſchafften herzuholen iſt: So iſt doch all- hie des Aufzaͤumens allein ſo weit zugedencken ge- nug/ als weit dieſelbe den Knechten im Stall vertrau- et und anbefohlen bleibet. Welche in allweg gar ſanfft ſittſam/ aber ſicher damit verfahren ſollen: Denn ſo fern einem Pferd einmahl die Einnehmung des Mundſtuͤcks und Aufnehmung des Zaums wi- derwertig gemachet wird/ brauchet es groſſe Muͤhe und Kunſt ſolche wieder zu recht zubringen. Theis Pferde wollen ihnen den Zaum nicht auff dem Kopff umb die Ohren anthun laſſen/ andere das Gebiß nicht einnehmen/ etliche deren keines/ welches deſto gefaͤhrlicher in hohem Gebꝛauch abſonderlich im Krieg iſt. Welches beydes von langer Hand in ge- raumer Zeit/ mit lauter ſittſamer Handanlegung/ Betrug und Hinterliſt geſchehen kan: Mit Gewalt aber wenig gutes auszurichten ſtehet/ ohne was durch ſonderliche Vortheil geſchicht/ welche aber offt ver- aͤndert werden muͤſſen/ weil ſie den oftgebrauchten wol vorzukommen wiſſen. Wann die Pferde einen groſſen langwierigen geſchwinden Lauff verrichten: Oder ſonſt in vielen Lauffen geuͤbet werden ſollen. Vor dem Lauff. JM Anfang des May ſoll man Beyfuß-Wurtzel vor Aufgang der Sonnen graben/ mit ſambt dem Kraut waſchen/ in eine lebendige Brunnqvell uͤber Nacht geleget/ den andern Tag umb dieſelbe Zeit vor Auffgang der Sonnen/ in einem Hafen Waſſer ſie- den laſſen/ damit ſoll man das Pferd um die Bruſt/ Lenden/ Geſchroͤt und 4. Schenckel warm waſchen/ Kraut und Wurtzel werden auf das Creutz geleget/ und damit bey der Sonnen gewaſchen/ wann es uͤber Nacht darauf gelegen iſt. Man klaubet den beſten Habern aus dem ſchlech- ten oder gemeinen/ reibet ihn zwiſchen den Fingern oder Haͤnden/ daß er glatt werde/ macht ihn mit dem beſten Wein naß/ doͤrret ihn wieder und reibet ihn abermals/ und giebet ihm unter oder nach dem Futter 14. Tag lang. Vor dem lauffen 1. Tag oder 2. giebt man ihm un- tet ſolchem Futter geſchnittene Gembs-Wurtzel. Eberwurtzel wie auch Beyfuß-Wurtzel unter den Schweiff oder Schopff gebunden/ auch inwendig in das Mundſtuͤck gemachet. 2. Loth Lorbeer/ 3. Loth Alandwurtzel/ 1. Loth Nieß- wurtzel/ 2. Loth Entzian/ gepulvert/ mit Wein genetzet/ 4. Tag unter den Futter/ Wolgemuth/ Agrimonia, Hanffſtauden/ Beyfuß/ Roſenkuchen geſotten damit gebaͤet. 2. Loth

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/68
Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/68>, abgerufen am 24.04.2024.