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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Erster Abschnitt.

Grundthatsachen und Definitionen.
I. Capitel. Temperatur.

§ 1. Der Begriff "Wärme" entspringt aus derjenigen Sinnes-
empfindung, die uns bei der direkten Berührung eines Körpers
unmittelbaren Aufschluss über den Unterschied zwischen Warm
und Kalt liefert. Ein quantitatives, wissenschaftlich brauchbares
Maass für den Wärmezustand eines Körpers lässt sich aber aus
der unmittelbaren Empfindung, die nur qualitative und je nach
den äusseren Umständen veränderliche Resultate ergibt, nicht
ableiten. Man benutzt zu diesem Zweck eine andere Erscheinung,
die erfahrungsgemäss bei allen Körpern gleichzeitig mit der Er-
wärmung auftritt, wenn der äussere Druck constant bleibt, und
die den Vortheil einer genauen Messung darbietet: die Volumen-
änderung. Bei den meisten Substanzen ist mit der Erwärmung
eine Volumenvergrösserung verbunden. Sonach lässt sich nicht
blos durch Betastung, sondern auch durch eine rein mechanische
Beobachtung, und zwar durch letzteres Mittel in viel feinerem
Grade, entscheiden, ob ein Körper wärmer oder kälter wird.
Auch lässt sich genau angeben, wenn ein Körper einen früher
einmal innegehabten Wärmezustand wiederum einnimmt.

§ 2. Wenn zwei Körper, die sich sehr verschieden warm
anfühlen, z. B. eine erhitzte Metallmasse und kaltes Wasser, in
Berührung gebracht werden, so findet man immer, dass der
wärmere sich abkühlt, der kältere sich erwärmt, bis zu einer
gewissen Grenze, wo jede Veränderung aufhört. Dann sagt
man mit einem aus der Mechanik übertragenen Sprachgebrauch:
Die beiden Körper stehen im Wärmegleichgewicht. Ein solches
Wärmegleichgewicht tritt erfahrungsgemäss schliesslich immer

Planck, Thermodynamik. 1
Erster Abschnitt.

Grundthatsachen und Definitionen.
I. Capitel. Temperatur.

§ 1. Der Begriff „Wärme“ entspringt aus derjenigen Sinnes-
empfindung, die uns bei der direkten Berührung eines Körpers
unmittelbaren Aufschluss über den Unterschied zwischen Warm
und Kalt liefert. Ein quantitatives, wissenschaftlich brauchbares
Maass für den Wärmezustand eines Körpers lässt sich aber aus
der unmittelbaren Empfindung, die nur qualitative und je nach
den äusseren Umständen veränderliche Resultate ergibt, nicht
ableiten. Man benutzt zu diesem Zweck eine andere Erscheinung,
die erfahrungsgemäss bei allen Körpern gleichzeitig mit der Er-
wärmung auftritt, wenn der äussere Druck constant bleibt, und
die den Vortheil einer genauen Messung darbietet: die Volumen-
änderung. Bei den meisten Substanzen ist mit der Erwärmung
eine Volumenvergrösserung verbunden. Sonach lässt sich nicht
blos durch Betastung, sondern auch durch eine rein mechanische
Beobachtung, und zwar durch letzteres Mittel in viel feinerem
Grade, entscheiden, ob ein Körper wärmer oder kälter wird.
Auch lässt sich genau angeben, wenn ein Körper einen früher
einmal innegehabten Wärmezustand wiederum einnimmt.

§ 2. Wenn zwei Körper, die sich sehr verschieden warm
anfühlen, z. B. eine erhitzte Metallmasse und kaltes Wasser, in
Berührung gebracht werden, so findet man immer, dass der
wärmere sich abkühlt, der kältere sich erwärmt, bis zu einer
gewissen Grenze, wo jede Veränderung aufhört. Dann sagt
man mit einem aus der Mechanik übertragenen Sprachgebrauch:
Die beiden Körper stehen im Wärmegleichgewicht. Ein solches
Wärmegleichgewicht tritt erfahrungsgemäss schliesslich immer

Planck, Thermodynamik. 1
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[[1]/0017] Erster Abschnitt. Grundthatsachen und Definitionen. I. Capitel. Temperatur. § 1. Der Begriff „Wärme“ entspringt aus derjenigen Sinnes- empfindung, die uns bei der direkten Berührung eines Körpers unmittelbaren Aufschluss über den Unterschied zwischen Warm und Kalt liefert. Ein quantitatives, wissenschaftlich brauchbares Maass für den Wärmezustand eines Körpers lässt sich aber aus der unmittelbaren Empfindung, die nur qualitative und je nach den äusseren Umständen veränderliche Resultate ergibt, nicht ableiten. Man benutzt zu diesem Zweck eine andere Erscheinung, die erfahrungsgemäss bei allen Körpern gleichzeitig mit der Er- wärmung auftritt, wenn der äussere Druck constant bleibt, und die den Vortheil einer genauen Messung darbietet: die Volumen- änderung. Bei den meisten Substanzen ist mit der Erwärmung eine Volumenvergrösserung verbunden. Sonach lässt sich nicht blos durch Betastung, sondern auch durch eine rein mechanische Beobachtung, und zwar durch letzteres Mittel in viel feinerem Grade, entscheiden, ob ein Körper wärmer oder kälter wird. Auch lässt sich genau angeben, wenn ein Körper einen früher einmal innegehabten Wärmezustand wiederum einnimmt. § 2. Wenn zwei Körper, die sich sehr verschieden warm anfühlen, z. B. eine erhitzte Metallmasse und kaltes Wasser, in Berührung gebracht werden, so findet man immer, dass der wärmere sich abkühlt, der kältere sich erwärmt, bis zu einer gewissen Grenze, wo jede Veränderung aufhört. Dann sagt man mit einem aus der Mechanik übertragenen Sprachgebrauch: Die beiden Körper stehen im Wärmegleichgewicht. Ein solches Wärmegleichgewicht tritt erfahrungsgemäss schliesslich immer Planck, Thermodynamik. 1

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/17>, abgerufen am 16.04.2024.