Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite
Dir schwellt erhab'ne Güte das Herz, mit ihr,
Was mehr noch frommt als Güte -- der tiefe Sinn:
Wo dieser Schöpfer mangelt, seh'n wir
Alles zerstückelt und schnell verunglückt.
Dein Auge spähte durch die Vergangenheit,
Es lag das Buch der Zeiten auf deinem Knie,
Gedanken pflücktest du, wie Blumen,
Ueber dem Grabe der deutschen Vorwelt.
Dein Volk, du kennst es. Jeglichem Zeitgeschick,
Das ihm zu Theil ward, fühltest und sannst du nach,
Und still, in eigner Brust verheimlicht,
Trugst du den lachenden Lenz der Zukunft.
Du hast mit uns erlitten den Fluch des Kriegs,
Gezählt die Todesnarben der Jünglinge,
Die deiner Ahnherrn Strom, der Rhein, sah
Seelen verhauchen für deutsche Freyheit.
Und nicht umsonst verhauchen, du fühlst es wohl!
Nach jenes Cäsars tragischem Untergang,
Was könnten klein're Scheindespoten
Anders erregen, als frost'ges Lachen?
Du aber theilst die heilige Gluth mit uns,
Vor der in Staub sank jener geprüfte Held,
Und fallen ließest du mit uns ihr
Eine begeisterte, warme Thräne.
Dir ſchwellt erhab'ne Guͤte das Herz, mit ihr,
Was mehr noch frommt als Guͤte — der tiefe Sinn:
Wo dieſer Schoͤpfer mangelt, ſeh'n wir
Alles zerſtuͤckelt und ſchnell verungluͤckt.
Dein Auge ſpaͤhte durch die Vergangenheit,
Es lag das Buch der Zeiten auf deinem Knie,
Gedanken pfluͤckteſt du, wie Blumen,
Ueber dem Grabe der deutſchen Vorwelt.
Dein Volk, du kennſt es. Jeglichem Zeitgeſchick,
Das ihm zu Theil ward, fuͤhlteſt und ſannſt du nach,
Und ſtill, in eigner Bruſt verheimlicht,
Trugſt du den lachenden Lenz der Zukunft.
Du haſt mit uns erlitten den Fluch des Kriegs,
Gezaͤhlt die Todesnarben der Juͤnglinge,
Die deiner Ahnherrn Strom, der Rhein, ſah
Seelen verhauchen fuͤr deutſche Freyheit.
Und nicht umſonſt verhauchen, du fuͤhlſt es wohl!
Nach jenes Caͤſars tragiſchem Untergang,
Was koͤnnten klein're Scheindeſpoten
Anders erregen, als froſt'ges Lachen?
Du aber theilſt die heilige Gluth mit uns,
Vor der in Staub ſank jener gepruͤfte Held,
Und fallen ließeſt du mit uns ihr
Eine begeiſterte, warme Thraͤne.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0250" n="240"/>
              <lg n="3">
                <l>Dir &#x017F;chwellt erhab'ne Gu&#x0364;te das Herz, mit ihr,</l><lb/>
                <l>Was mehr noch frommt als Gu&#x0364;te &#x2014; der tiefe Sinn:</l><lb/>
                <l>Wo die&#x017F;er Scho&#x0364;pfer mangelt, &#x017F;eh'n wir</l><lb/>
                <l>Alles zer&#x017F;tu&#x0364;ckelt und &#x017F;chnell verunglu&#x0364;ckt.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Dein Auge &#x017F;pa&#x0364;hte durch die Vergangenheit,</l><lb/>
                <l>Es lag das Buch der Zeiten auf deinem Knie,</l><lb/>
                <l>Gedanken pflu&#x0364;ckte&#x017F;t du, wie Blumen,</l><lb/>
                <l>Ueber dem Grabe der deut&#x017F;chen Vorwelt.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="5">
                <l>Dein Volk, du kenn&#x017F;t es. Jeglichem Zeitge&#x017F;chick,</l><lb/>
                <l>Das ihm zu Theil ward, fu&#x0364;hlte&#x017F;t und &#x017F;ann&#x017F;t du nach,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;till, in eigner Bru&#x017F;t verheimlicht,</l><lb/>
                <l>Trug&#x017F;t du den lachenden Lenz der Zukunft.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="6">
                <l>Du ha&#x017F;t mit uns erlitten den Fluch des Kriegs,</l><lb/>
                <l>Geza&#x0364;hlt die Todesnarben der Ju&#x0364;nglinge,</l><lb/>
                <l>Die deiner Ahnherrn Strom, der Rhein, &#x017F;ah</l><lb/>
                <l>Seelen verhauchen fu&#x0364;r deut&#x017F;che Freyheit.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="7">
                <l>Und nicht um&#x017F;on&#x017F;t verhauchen, du fu&#x0364;hl&#x017F;t es wohl!</l><lb/>
                <l>Nach jenes Ca&#x0364;&#x017F;ars tragi&#x017F;chem Untergang,</l><lb/>
                <l>Was ko&#x0364;nnten klein're Scheinde&#x017F;poten</l><lb/>
                <l>Anders erregen, als fro&#x017F;t'ges Lachen?</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="8">
                <l>Du aber theil&#x017F;t die heilige Gluth mit uns,</l><lb/>
                <l>Vor der in Staub &#x017F;ank jener gepru&#x0364;fte Held,</l><lb/>
                <l>Und fallen ließe&#x017F;t du mit uns ihr</l><lb/>
                <l>Eine begei&#x017F;terte, warme Thra&#x0364;ne.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0250] Dir ſchwellt erhab'ne Guͤte das Herz, mit ihr, Was mehr noch frommt als Guͤte — der tiefe Sinn: Wo dieſer Schoͤpfer mangelt, ſeh'n wir Alles zerſtuͤckelt und ſchnell verungluͤckt. Dein Auge ſpaͤhte durch die Vergangenheit, Es lag das Buch der Zeiten auf deinem Knie, Gedanken pfluͤckteſt du, wie Blumen, Ueber dem Grabe der deutſchen Vorwelt. Dein Volk, du kennſt es. Jeglichem Zeitgeſchick, Das ihm zu Theil ward, fuͤhlteſt und ſannſt du nach, Und ſtill, in eigner Bruſt verheimlicht, Trugſt du den lachenden Lenz der Zukunft. Du haſt mit uns erlitten den Fluch des Kriegs, Gezaͤhlt die Todesnarben der Juͤnglinge, Die deiner Ahnherrn Strom, der Rhein, ſah Seelen verhauchen fuͤr deutſche Freyheit. Und nicht umſonſt verhauchen, du fuͤhlſt es wohl! Nach jenes Caͤſars tragiſchem Untergang, Was koͤnnten klein're Scheindeſpoten Anders erregen, als froſt'ges Lachen? Du aber theilſt die heilige Gluth mit uns, Vor der in Staub ſank jener gepruͤfte Held, Und fallen ließeſt du mit uns ihr Eine begeiſterte, warme Thraͤne.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/250
Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/250>, abgerufen am 23.04.2024.