Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
Graf.
Lieber möge er todt, als in Hände gekommen
sein, die ihn auf schlechte Wege geleitet haben!
Gräfin.
Ach! sein Verlust muß uns immer schrecklich
bleiben; weiß der Himmel, wo das arme Kind nun
ist? Vielleicht Hunger und Durst und allem Elend
preis gegeben! der Gedanke ist fürchterlich!
Graf.
Tröste dich, theueres Weib! Wo immer Heinrich
sein mag, Gottes Auge überwacht ihn, sein heiliger
Engel schützt ihn und unser unablässiges Gebet wird
nicht verhallt sein, ohne daß der Vater aller Men-
schen es gehört hätte.
Gräfin.
Dieß ist auch mein einziger Trost, obgleich wir
stets Arges befürchten mußten, da der zurückgelassene
Brief der aus Angst und Verzweiflung entflohenen
Wärterin Margaretha die Vermuthung aussprach,
Heinrich sei von den durchziehenden Zigeunern aus
der Wiege geraubt worden.
Graf.
Allerdings, und trotz meiner augenblicklichen
Nachforschungen gelang es damals nicht, den ver-
Graf.
Lieber möge er todt, als in Hände gekommen
ſein, die ihn auf ſchlechte Wege geleitet haben!
Gräfin.
Ach! ſein Verluſt muß uns immer ſchrecklich
bleiben; weiß der Himmel, wo das arme Kind nun
iſt? Vielleicht Hunger und Durſt und allem Elend
preis gegeben! der Gedanke iſt fürchterlich!
Graf.
Tröſte dich, theueres Weib! Wo immer Heinrich
ſein mag, Gottes Auge überwacht ihn, ſein heiliger
Engel ſchützt ihn und unſer unabläſſiges Gebet wird
nicht verhallt ſein, ohne daß der Vater aller Men-
ſchen es gehört hätte.
Gräfin.
Dieß iſt auch mein einziger Troſt, obgleich wir
ſtets Arges befürchten mußten, da der zurückgelaſſene
Brief der aus Angſt und Verzweiflung entflohenen
Wärterin Margaretha die Vermuthung ausſprach,
Heinrich ſei von den durchziehenden Zigeunern aus
der Wiege geraubt worden.
Graf.
Allerdings, und trotz meiner augenblicklichen
Nachforſchungen gelang es damals nicht, den ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0114" n="108"/>
          <sp who="#GRA">
            <speaker> <hi rendition="#c">Graf.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Lieber möge er todt, als in Hände gekommen<lb/>
&#x017F;ein, die ihn auf &#x017F;chlechte Wege geleitet haben!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRÄ">
            <speaker> <hi rendition="#c">Gräfin.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ach! &#x017F;ein Verlu&#x017F;t muß uns immer &#x017F;chrecklich<lb/>
bleiben; weiß der Himmel, wo das arme Kind nun<lb/>
i&#x017F;t? Vielleicht Hunger und Dur&#x017F;t und allem Elend<lb/>
preis gegeben! der Gedanke i&#x017F;t fürchterlich!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRA">
            <speaker> <hi rendition="#c">Graf.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Trö&#x017F;te dich, theueres Weib! Wo immer Heinrich<lb/>
&#x017F;ein mag, Gottes Auge überwacht ihn, &#x017F;ein heiliger<lb/>
Engel &#x017F;chützt ihn und un&#x017F;er unablä&#x017F;&#x017F;iges Gebet wird<lb/>
nicht verhallt &#x017F;ein, ohne daß der Vater aller Men-<lb/>
&#x017F;chen es gehört hätte.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRÄ">
            <speaker> <hi rendition="#c">Gräfin.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Dieß i&#x017F;t auch mein einziger Tro&#x017F;t, obgleich wir<lb/>
&#x017F;tets Arges befürchten mußten, da der zurückgela&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Brief der aus Ang&#x017F;t und Verzweiflung entflohenen<lb/>
Wärterin Margaretha die Vermuthung aus&#x017F;prach,<lb/>
Heinrich &#x017F;ei von den durchziehenden Zigeunern aus<lb/>
der Wiege geraubt worden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRA">
            <speaker> <hi rendition="#c">Graf.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Allerdings, und trotz meiner augenblicklichen<lb/>
Nachfor&#x017F;chungen gelang es damals nicht, den ver-<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0114] Graf. Lieber möge er todt, als in Hände gekommen ſein, die ihn auf ſchlechte Wege geleitet haben! Gräfin. Ach! ſein Verluſt muß uns immer ſchrecklich bleiben; weiß der Himmel, wo das arme Kind nun iſt? Vielleicht Hunger und Durſt und allem Elend preis gegeben! der Gedanke iſt fürchterlich! Graf. Tröſte dich, theueres Weib! Wo immer Heinrich ſein mag, Gottes Auge überwacht ihn, ſein heiliger Engel ſchützt ihn und unſer unabläſſiges Gebet wird nicht verhallt ſein, ohne daß der Vater aller Men- ſchen es gehört hätte. Gräfin. Dieß iſt auch mein einziger Troſt, obgleich wir ſtets Arges befürchten mußten, da der zurückgelaſſene Brief der aus Angſt und Verzweiflung entflohenen Wärterin Margaretha die Vermuthung ausſprach, Heinrich ſei von den durchziehenden Zigeunern aus der Wiege geraubt worden. Graf. Allerdings, und trotz meiner augenblicklichen Nachforſchungen gelang es damals nicht, den ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/114
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/114>, abgerufen am 28.03.2024.