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Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.

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Verwandlung.
Kerker.
Herbed (liegt in Fesseln)
So ist denn überall Verrath! Selbst in der
armen Hütte, in der ich Obdach suchte, war ich vor
ihm nicht gesichert. Wie auch könnte es anders ge-
wesen sein, da Mobeds Tochter, im trügerischen
Schimmer mir erschienen, wohl die Sklaven ge-
rufen hatte, mich in den Kerker zu schleppen; denn
kaum von ihrer Erscheinung entzückt, aber getäuscht,
traten die Krieger ein, mich gefangen zu nehmen.
Fürwahr, ich bin zum Unheil geboren! Meiner
Jugend beraubt hatte ich nun gehofft, Verlorenes
wieder zu erringen. Vergebens! Alles Täuschung!
Alles Betrug! -- Was soll nun mit mir ge-
schehen? Was nützt mich die Weisheit, die ich durch
diesen Wunderring erlangt? Sie bleibt verkannt!
Wo ist jener Einsiedler, der mich aus Mobeds
Gewalt befreit? Hat auch er gelogen? Fluch über
ihn, wenn es so ist! Soll ich an der ganzen
Menschheit verzweifeln? Wehe! Wehe! --

(Die Thure des Kerkers öffnet sich.)
Wer kömmt? Jch werde wohl zum Tod ge-
führt werden.
Verwandlung.
Kerker.
Herbed (liegt in Feſſeln)
So iſt denn überall Verrath! Selbſt in der
armen Hütte, in der ich Obdach ſuchte, war ich vor
ihm nicht geſichert. Wie auch könnte es anders ge-
weſen ſein, da Mobeds Tochter, im trügeriſchen
Schimmer mir erſchienen, wohl die Sklaven ge-
rufen hatte, mich in den Kerker zu ſchleppen; denn
kaum von ihrer Erſcheinung entzückt, aber getäuſcht,
traten die Krieger ein, mich gefangen zu nehmen.
Fürwahr, ich bin zum Unheil geboren! Meiner
Jugend beraubt hatte ich nun gehofft, Verlorenes
wieder zu erringen. Vergebens! Alles Täuſchung!
Alles Betrug! — Was ſoll nun mit mir ge-
ſchehen? Was nützt mich die Weisheit, die ich durch
dieſen Wunderring erlangt? Sie bleibt verkannt!
Wo iſt jener Einſiedler, der mich aus Mobeds
Gewalt befreit? Hat auch er gelogen? Fluch über
ihn, wenn es ſo iſt! Soll ich an der ganzen
Menſchheit verzweifeln? Wehe! Wehe! —

(Die Thure des Kerkers öffnet ſich.)
Wer kömmt? Jch werde wohl zum Tod ge-
führt werden.
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[271/0291] Verwandlung. Kerker. Herbed (liegt in Feſſeln) So iſt denn überall Verrath! Selbſt in der armen Hütte, in der ich Obdach ſuchte, war ich vor ihm nicht geſichert. Wie auch könnte es anders ge- weſen ſein, da Mobeds Tochter, im trügeriſchen Schimmer mir erſchienen, wohl die Sklaven ge- rufen hatte, mich in den Kerker zu ſchleppen; denn kaum von ihrer Erſcheinung entzückt, aber getäuſcht, traten die Krieger ein, mich gefangen zu nehmen. Fürwahr, ich bin zum Unheil geboren! Meiner Jugend beraubt hatte ich nun gehofft, Verlorenes wieder zu erringen. Vergebens! Alles Täuſchung! Alles Betrug! — Was ſoll nun mit mir ge- ſchehen? Was nützt mich die Weisheit, die ich durch dieſen Wunderring erlangt? Sie bleibt verkannt! Wo iſt jener Einſiedler, der mich aus Mobeds Gewalt befreit? Hat auch er gelogen? Fluch über ihn, wenn es ſo iſt! Soll ich an der ganzen Menſchheit verzweifeln? Wehe! Wehe! — (Die Thure des Kerkers öffnet ſich.) Wer kömmt? Jch werde wohl zum Tod ge- führt werden.

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Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/291>, abgerufen am 28.03.2024.