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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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IX.

Karl kam neuerdings nur noch nach Haus, um seine
Räusche auszuschlafen.

Therese hoffte anfangs, es werde ihr gelingen, ihm im
bewußtlosen Zustande das Geld abermals abzunehmen. Aber
Karl war durch die früheren Erfahrungen gewitzigt. So oft
sie auch seine Taschen durchstöberte, sie fand nichts darin.
Jedenfalls hielt er das Geld außerhalb des Hauses ver¬
borgen.

Wenn der Trunkenbold erwachte, schwankte er zwischen
Stumpfsinn und Tobsucht hin und her. Sobald er seinen
Anfall bekam, mußte Therese die Kinder vor ihm verbergen,
für deren Leben sie zitterte.

Im Kretscham zu Halbenau war Karl jetzt ein häufiger
Gast. Richard Kaschel, sein Vetter, war neuerdings Karls
Vertrauter geworden.

Richard übertraf seinen Vater wohl noch an boshafter
Verschlagenheit. Den Büttners den Garaus zu machen, das
war, ohne daß sie sich dazu verabredet hätten, die geheime
Wollust dieser beiden.

Der alte Kaschel hatte, obgleich er eine Büttner geheiratet,
ja, obgleich er seinen Wohlstand Büttnerschem Gelde verdankte,
doch immer einen tiefeingewurzelten Haß gegen diese Familie
gehegt. In seiner guten Zeit war Traugott Büttner dem
Schwager durch jene Kraft und Würde überlegen gewesen,
die den ehrlichen Mann vor dem Ränkeschmied auszeichnet.

IX.

Karl kam neuerdings nur noch nach Haus, um ſeine
Räuſche auszuſchlafen.

Thereſe hoffte anfangs, es werde ihr gelingen, ihm im
bewußtloſen Zuſtande das Geld abermals abzunehmen. Aber
Karl war durch die früheren Erfahrungen gewitzigt. So oft
ſie auch ſeine Taſchen durchſtöberte, ſie fand nichts darin.
Jedenfalls hielt er das Geld außerhalb des Hauſes ver¬
borgen.

Wenn der Trunkenbold erwachte, ſchwankte er zwiſchen
Stumpfſinn und Tobſucht hin und her. Sobald er ſeinen
Anfall bekam, mußte Thereſe die Kinder vor ihm verbergen,
für deren Leben ſie zitterte.

Im Kretſcham zu Halbenau war Karl jetzt ein häufiger
Gaſt. Richard Kaſchel, ſein Vetter, war neuerdings Karls
Vertrauter geworden.

Richard übertraf ſeinen Vater wohl noch an boshafter
Verſchlagenheit. Den Büttners den Garaus zu machen, das
war, ohne daß ſie ſich dazu verabredet hätten, die geheime
Wolluſt dieſer beiden.

Der alte Kaſchel hatte, obgleich er eine Büttner geheiratet,
ja, obgleich er ſeinen Wohlſtand Büttnerſchem Gelde verdankte,
doch immer einen tiefeingewurzelten Haß gegen dieſe Familie
gehegt. In ſeiner guten Zeit war Traugott Büttner dem
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[[388]/0402] IX. Karl kam neuerdings nur noch nach Haus, um ſeine Räuſche auszuſchlafen. Thereſe hoffte anfangs, es werde ihr gelingen, ihm im bewußtloſen Zuſtande das Geld abermals abzunehmen. Aber Karl war durch die früheren Erfahrungen gewitzigt. So oft ſie auch ſeine Taſchen durchſtöberte, ſie fand nichts darin. Jedenfalls hielt er das Geld außerhalb des Hauſes ver¬ borgen. Wenn der Trunkenbold erwachte, ſchwankte er zwiſchen Stumpfſinn und Tobſucht hin und her. Sobald er ſeinen Anfall bekam, mußte Thereſe die Kinder vor ihm verbergen, für deren Leben ſie zitterte. Im Kretſcham zu Halbenau war Karl jetzt ein häufiger Gaſt. Richard Kaſchel, ſein Vetter, war neuerdings Karls Vertrauter geworden. Richard übertraf ſeinen Vater wohl noch an boshafter Verſchlagenheit. Den Büttners den Garaus zu machen, das war, ohne daß ſie ſich dazu verabredet hätten, die geheime Wolluſt dieſer beiden. Der alte Kaſchel hatte, obgleich er eine Büttner geheiratet, ja, obgleich er ſeinen Wohlſtand Büttnerſchem Gelde verdankte, doch immer einen tiefeingewurzelten Haß gegen dieſe Familie gehegt. In ſeiner guten Zeit war Traugott Büttner dem Schwager durch jene Kraft und Würde überlegen geweſen, die den ehrlichen Mann vor dem Ränkeſchmied auszeichnet.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [388]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/402>, abgerufen am 25.04.2024.