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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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XII.

Nun begannen große Umwälzungen im Bauernhofe.
Baumeister und Zimmermann erschienen. Im Wohnzimmer
wurden die Dielen aufgerissen, die alten erblindeten Fenster¬
scheiben durch neue große und glänzende ersetzt. Dann kamen
die Ofensetzer. Der alte Kachelherd mit Backröhre und Pfanne,
der zwei Zimmer geheizt hatte, auf dem die verstorbene Bäuerin
das Essen für die Familie, zugleich mit dem Angemenge für das
Vieh, zubereitet hatte, wurde weggerissen und an seine Stelle ein
städtischer Porzellanofen gesetzt. Die Küche kam in den Neben¬
raum. Maler nnd Tapezierer erschienen. Die Holzverkleidung
ward von den Wänden gerissen, gemalt und geweißt wurde, und
in die Zimmer für die zukünftige junge Frau kamen sogar
Tapeten.

Der neue Herr kam öfters von der Stadt heraus, und
trieb die Handwerksleute zur Eile an; er wollte bald ein¬
ziehen.

Der Büttnerbauer wurde von einem Winkel in den anderen
getrieben. Er war wie ein altes Tier, dem aus Gnade das
Leben gelassen wird.

Überall im Hause herrschten die Handwerker. Schlie߬
lich zog sich der Alte mit einem Bündel Sachen in einen
Bretterverschlag auf den Boden zurück, um dort zu hausen.

Auf dem Felde war's ein Gleiches. Überall Neue¬
rungen! --

XII.

Nun begannen große Umwälzungen im Bauernhofe.
Baumeiſter und Zimmermann erſchienen. Im Wohnzimmer
wurden die Dielen aufgeriſſen, die alten erblindeten Fenſter¬
ſcheiben durch neue große und glänzende erſetzt. Dann kamen
die Ofenſetzer. Der alte Kachelherd mit Backröhre und Pfanne,
der zwei Zimmer geheizt hatte, auf dem die verſtorbene Bäuerin
das Eſſen für die Familie, zugleich mit dem Angemenge für das
Vieh, zubereitet hatte, wurde weggeriſſen und an ſeine Stelle ein
ſtädtiſcher Porzellanofen geſetzt. Die Küche kam in den Neben¬
raum. Maler nnd Tapezierer erſchienen. Die Holzverkleidung
ward von den Wänden geriſſen, gemalt und geweißt wurde, und
in die Zimmer für die zukünftige junge Frau kamen ſogar
Tapeten.

Der neue Herr kam öfters von der Stadt heraus, und
trieb die Handwerksleute zur Eile an; er wollte bald ein¬
ziehen.

Der Büttnerbauer wurde von einem Winkel in den anderen
getrieben. Er war wie ein altes Tier, dem aus Gnade das
Leben gelaſſen wird.

Überall im Hauſe herrſchten die Handwerker. Schlie߬
lich zog ſich der Alte mit einem Bündel Sachen in einen
Bretterverſchlag auf den Boden zurück, um dort zu hauſen.

Auf dem Felde war's ein Gleiches. Überall Neue¬
rungen! —

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[[410]/0424] XII. Nun begannen große Umwälzungen im Bauernhofe. Baumeiſter und Zimmermann erſchienen. Im Wohnzimmer wurden die Dielen aufgeriſſen, die alten erblindeten Fenſter¬ ſcheiben durch neue große und glänzende erſetzt. Dann kamen die Ofenſetzer. Der alte Kachelherd mit Backröhre und Pfanne, der zwei Zimmer geheizt hatte, auf dem die verſtorbene Bäuerin das Eſſen für die Familie, zugleich mit dem Angemenge für das Vieh, zubereitet hatte, wurde weggeriſſen und an ſeine Stelle ein ſtädtiſcher Porzellanofen geſetzt. Die Küche kam in den Neben¬ raum. Maler nnd Tapezierer erſchienen. Die Holzverkleidung ward von den Wänden geriſſen, gemalt und geweißt wurde, und in die Zimmer für die zukünftige junge Frau kamen ſogar Tapeten. Der neue Herr kam öfters von der Stadt heraus, und trieb die Handwerksleute zur Eile an; er wollte bald ein¬ ziehen. Der Büttnerbauer wurde von einem Winkel in den anderen getrieben. Er war wie ein altes Tier, dem aus Gnade das Leben gelaſſen wird. Überall im Hauſe herrſchten die Handwerker. Schlie߬ lich zog ſich der Alte mit einem Bündel Sachen in einen Bretterverſchlag auf den Boden zurück, um dort zu hauſen. Auf dem Felde war's ein Gleiches. Überall Neue¬ rungen! —

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [410]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/424>, abgerufen am 28.03.2024.