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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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V.

Ein Reiter ritt in den Hof des Büttnerschen Bauerngutes
ein. Das Pferd war ein alter englischer Vollblutgaul, der
bessere Tage gesehen haben mochte. Sattel und Zäumung waren
armeemäßig. Der Reiter verleugnete in Haltung und Er¬
scheinung den ehemaligen Offizier nicht. Er war ein hagerer
Fünfziger. Seinem wettergebräunten Gesichte gab ein langer
graublonder Vollbart eine wirksame Umrahmung.

Die Töchter des Büttnerbauern waren im Hofe, mit
Mistaufladen beschäftigt. Hochaufgeschürzt, mit bloßen Füßen,
die Gabeln in den geröteten Händen, standen sie auf der Dünger¬
stätte, neben der ein halbbeladener Wagen unbespannt hielt.

"Bin ich hier im Büttnerschen Bauerngute?" fragte der
Reiter.

"Hier is Büttners!" antwortete Toni, die Ältere.

"Ist der Bauer zu Haus?"

"Der Vater is uf'n Felde mit Karlen. Se thun de Apern
igeln."

"Ich möchte mit Ihrem Vater sprechen, in einer An¬
gelegenheit. Am liebsten allerdings im Hause. Könnten Sie
ihn holen?"

Toni stand da mit offenem Munde und gaffte den Fremden
an. Sein großer Bart, die roten Lederhandschuh, die Reit¬
gerte mit dem Silberknauf, alles an ihm kam ihr ungewöhnlich

V.

Ein Reiter ritt in den Hof des Büttnerſchen Bauerngutes
ein. Das Pferd war ein alter engliſcher Vollblutgaul, der
beſſere Tage geſehen haben mochte. Sattel und Zäumung waren
armeemäßig. Der Reiter verleugnete in Haltung und Er¬
ſcheinung den ehemaligen Offizier nicht. Er war ein hagerer
Fünfziger. Seinem wettergebräunten Geſichte gab ein langer
graublonder Vollbart eine wirkſame Umrahmung.

Die Töchter des Büttnerbauern waren im Hofe, mit
Miſtaufladen beſchäftigt. Hochaufgeſchürzt, mit bloßen Füßen,
die Gabeln in den geröteten Händen, ſtanden ſie auf der Dünger¬
ſtätte, neben der ein halbbeladener Wagen unbeſpannt hielt.

„Bin ich hier im Büttnerſchen Bauerngute?“ fragte der
Reiter.

„Hier is Büttners!“ antwortete Toni, die Ältere.

„Iſt der Bauer zu Haus?“

„Der Vater is uf'n Felde mit Karlen. Se thun de Apern
igeln.“

„Ich möchte mit Ihrem Vater ſprechen, in einer An¬
gelegenheit. Am liebſten allerdings im Hauſe. Könnten Sie
ihn holen?“

Toni ſtand da mit offenem Munde und gaffte den Fremden
an. Sein großer Bart, die roten Lederhandſchuh, die Reit¬
gerte mit dem Silberknauf, alles an ihm kam ihr ungewöhnlich

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[[58]/0072] V. Ein Reiter ritt in den Hof des Büttnerſchen Bauerngutes ein. Das Pferd war ein alter engliſcher Vollblutgaul, der beſſere Tage geſehen haben mochte. Sattel und Zäumung waren armeemäßig. Der Reiter verleugnete in Haltung und Er¬ ſcheinung den ehemaligen Offizier nicht. Er war ein hagerer Fünfziger. Seinem wettergebräunten Geſichte gab ein langer graublonder Vollbart eine wirkſame Umrahmung. Die Töchter des Büttnerbauern waren im Hofe, mit Miſtaufladen beſchäftigt. Hochaufgeſchürzt, mit bloßen Füßen, die Gabeln in den geröteten Händen, ſtanden ſie auf der Dünger¬ ſtätte, neben der ein halbbeladener Wagen unbeſpannt hielt. „Bin ich hier im Büttnerſchen Bauerngute?“ fragte der Reiter. „Hier is Büttners!“ antwortete Toni, die Ältere. „Iſt der Bauer zu Haus?“ „Der Vater is uf'n Felde mit Karlen. Se thun de Apern igeln.“ „Ich möchte mit Ihrem Vater ſprechen, in einer An¬ gelegenheit. Am liebſten allerdings im Hauſe. Könnten Sie ihn holen?“ Toni ſtand da mit offenem Munde und gaffte den Fremden an. Sein großer Bart, die roten Lederhandſchuh, die Reit¬ gerte mit dem Silberknauf, alles an ihm kam ihr ungewöhnlich

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [58]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/72>, abgerufen am 25.04.2024.