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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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verlangte noch das "Büschelgewände" zu sehen, da sie einmal
soweit draußen seien. Diese Parzelle hatte der Vater des
jetzigen Besitzers angekauft und dem Gute einverleibt.

Der Bauer zeigte wenig Lust, den Sohn dieses Stück
sehen zu lassen, und mit gutem Grunde. Das Stück lag
brach, allerhand Unkraut machte sich darauf breit. Der Bauer
schämte sich dessen.

"Was habt Ihr denn dort stehen heuer?" fragte Gustav
völlig arglos.

"Ne viel Gescheits! Dar Busch dämmt's Feld zu sihre,
und a Zeter-Rehe san och allendchen druffe; da kann duch
nischt ne gruß warn."

Er verschwieg dabei, daß dieses Gewände seit anderthalb
Jahren nicht Pflug und nicht Egge gesehen hatte.

"Will denn der Graf immer noch unsern Wald kofen?"
fragte Gustav.

Der Büttnerbauer bekam einen roten Kopf bei dieser
Frage.

"Ich sullte an Buusch verkofen!" rief er. "Ne, bei meinen
Labzeiten wird suwas ne! 's Gutt bleibt zusommde!" Die
Zornader war ihm geschwollen, er sprach heiser.

"Ich meente ock, Vater!" sagte Gustav beschwichtigend.
"Uns nutzt der Busch doch nich viel."

Der Büttnerbauer machte Halt und wandte sich nach dem
Walde zu. "Ich verkofe och nich an Fußbreit von Gutte, ich
ne! Macht Ihr hernachen, wos der wullt, wenn'ch war tud
sein. Vun mir kriegt dar Graf dan Buusch ne! Und wenn
er mir nuch su vill läßt bietan. Meenen Buusch kriegt ar
ne!" Der Alte ballte die Fäuste, spuckte aus und wandte dem
Walde den Rücken zu.

Gustav schwieg wohlweislich. Er hatte den Vater da an
einer wunden Stelle berührt. Der Besitzer der benachbarten
Herrschaft hatte dem alten Bauer bereits mehr als einmal
nahe legen lassen, ihm seinen Wald zu verkaufen. Solche
Ankäufe waren in Halbenau und Umgegend nichts Seltenes.
Die Herrschaft Saland, die größte weit und breit, ursprünglich

verlangte noch das „Büſchelgewände“ zu ſehen, da ſie einmal
ſoweit draußen ſeien. Dieſe Parzelle hatte der Vater des
jetzigen Beſitzers angekauft und dem Gute einverleibt.

Der Bauer zeigte wenig Luſt, den Sohn dieſes Stück
ſehen zu laſſen, und mit gutem Grunde. Das Stück lag
brach, allerhand Unkraut machte ſich darauf breit. Der Bauer
ſchämte ſich deſſen.

„Was habt Ihr denn dort ſtehen heuer?“ fragte Guſtav
völlig arglos.

„Ne viel Geſcheits! Dar Buſch dämmt's Feld zu ſihre,
und a Zeter-Rehe ſan och allendchen druffe; da kann duch
niſcht ne gruß warn.“

Er verſchwieg dabei, daß dieſes Gewände ſeit anderthalb
Jahren nicht Pflug und nicht Egge geſehen hatte.

„Will denn der Graf immer noch unſern Wald kofen?“
fragte Guſtav.

Der Büttnerbauer bekam einen roten Kopf bei dieſer
Frage.

„Ich ſullte an Buuſch verkofen!“ rief er. „Ne, bei meinen
Labzeiten wird ſuwas ne! 's Gutt bleibt zuſommde!“ Die
Zornader war ihm geſchwollen, er ſprach heiſer.

„Ich meente ock, Vater!“ ſagte Guſtav beſchwichtigend.
„Uns nutzt der Buſch doch nich viel.“

Der Büttnerbauer machte Halt und wandte ſich nach dem
Walde zu. „Ich verkofe och nich an Fußbreit von Gutte, ich
ne! Macht Ihr hernachen, wos der wullt, wenn'ch war tud
ſein. Vun mir kriegt dar Graf dan Buuſch ne! Und wenn
er mir nuch ſu vill läßt bietan. Meenen Buuſch kriegt ar
ne!“ Der Alte ballte die Fäuſte, ſpuckte aus und wandte dem
Walde den Rücken zu.

Guſtav ſchwieg wohlweislich. Er hatte den Vater da an
einer wunden Stelle berührt. Der Beſitzer der benachbarten
Herrſchaft hatte dem alten Bauer bereits mehr als einmal
nahe legen laſſen, ihm ſeinen Wald zu verkaufen. Solche
Ankäufe waren in Halbenau und Umgegend nichts Seltenes.
Die Herrſchaft Saland, die größte weit und breit, urſprünglich

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[24/0038] verlangte noch das „Büſchelgewände“ zu ſehen, da ſie einmal ſoweit draußen ſeien. Dieſe Parzelle hatte der Vater des jetzigen Beſitzers angekauft und dem Gute einverleibt. Der Bauer zeigte wenig Luſt, den Sohn dieſes Stück ſehen zu laſſen, und mit gutem Grunde. Das Stück lag brach, allerhand Unkraut machte ſich darauf breit. Der Bauer ſchämte ſich deſſen. „Was habt Ihr denn dort ſtehen heuer?“ fragte Guſtav völlig arglos. „Ne viel Geſcheits! Dar Buſch dämmt's Feld zu ſihre, und a Zeter-Rehe ſan och allendchen druffe; da kann duch niſcht ne gruß warn.“ Er verſchwieg dabei, daß dieſes Gewände ſeit anderthalb Jahren nicht Pflug und nicht Egge geſehen hatte. „Will denn der Graf immer noch unſern Wald kofen?“ fragte Guſtav. Der Büttnerbauer bekam einen roten Kopf bei dieſer Frage. „Ich ſullte an Buuſch verkofen!“ rief er. „Ne, bei meinen Labzeiten wird ſuwas ne! 's Gutt bleibt zuſommde!“ Die Zornader war ihm geſchwollen, er ſprach heiſer. „Ich meente ock, Vater!“ ſagte Guſtav beſchwichtigend. „Uns nutzt der Buſch doch nich viel.“ Der Büttnerbauer machte Halt und wandte ſich nach dem Walde zu. „Ich verkofe och nich an Fußbreit von Gutte, ich ne! Macht Ihr hernachen, wos der wullt, wenn'ch war tud ſein. Vun mir kriegt dar Graf dan Buuſch ne! Und wenn er mir nuch ſu vill läßt bietan. Meenen Buuſch kriegt ar ne!“ Der Alte ballte die Fäuſte, ſpuckte aus und wandte dem Walde den Rücken zu. Guſtav ſchwieg wohlweislich. Er hatte den Vater da an einer wunden Stelle berührt. Der Beſitzer der benachbarten Herrſchaft hatte dem alten Bauer bereits mehr als einmal nahe legen laſſen, ihm ſeinen Wald zu verkaufen. Solche Ankäufe waren in Halbenau und Umgegend nichts Seltenes. Die Herrſchaft Saland, die größte weit und breit, urſprünglich

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/38>, abgerufen am 18.04.2024.