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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch]
Das erste Capitel.
Vom Wurmsamen.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 1.

SEmen contra vermes, der
Wurmsamen/
hat seinen
Namen von seiner vor-
nehmsten Kraft und Ei-
genschaft bekommen, dann
er tödtet die Würme in
des Menschen Leibe, absonderlich bey
Kindern. (Er wird auch Santolina oder
Xantolina, Semen sanctum, Semen santoni-
cum, Semencine, Barbotine
und Poudre a
Vers,
Wurmpulver genennet.) Es ist
ein gantz kleines Körnlein, wird von den
Caravanen
sind ein Hauf-
fen Leute, die
sich des Jah-
res ein oder
zweymahl
versammlen/
und mit einer
grossen Men-
ge Pferde, Ca-
meele/ und
anderer bela-
denen Thiere
aus Persien
nach andern
Orten im
Morgenlan-
de reisen.
Persianern mit den Caravanen jähr-
lich nach Aleppo/ Alexandretta und
Smirna gesendet, und von dannen über
Holland, England und Marseille
auch zu uns gebracht.

Die Blättlein des Krautes, das diesen
Samen trägt, sind dermassen klein, daß
sie sich gantz schwerlich vom Samen ab-
sondern lassen: deshalben bedienen sich
die Einwohner des Königreichs Bou-
tan,
sonderlich hierzu gemachter Körbe,
in denen sie es hin und wieder schwingen,
und solcher gestalt die Blättlein zusammt
dem Staube davon bringen. Es geben
etliche vor, dieser Semen contra sey der
Samen einer gewissen Gattung Wer-
muth,
welche von einigen Santonicum
genennet wird, dieweil dieselbe in Xain-
tonge
wächset; welches ich aber nicht ver-
sichern kan, indem, ohngeachtet alles an-
gewendeten Fleisses, ich nichts nicht wei-
ter davon habe erfahren können, als daß
derjenige Samen, den wir zu ver-
kauffen pflegen, in Persien/ und an der
Moscowitischen Gräntze wachse, so
mir auch durch Briefe, von unterschie-
denen Orten her, für gewiß berichtet
worden.

Diesem will ich noch beyfügen/ was
Tavernier im II. Theil seiner Reisen, im
15. Cap. des III. Buchs, hievon vermel-
det. "Die Semencine oder das Wurm-
"pulver
betreffend, solches kan man
"nicht wie andere Samen einsammlen;
"denn es ist ein Kraut, welches in Wie-
"sen wächst, und wohl zeitig werden
"muß. Das übelste ist, daß der meiste
"Theil, wenn es nun zu zeitigen begin-
"net, durch den Wind ausgeschlagen
"wird, und hernach unter dem Kraute
"umkommt und verdirbet. Das macht
[Spaltenumbruch] "auch, daß es so gar theuer ist. Man
"darff es nicht mit der blossen Hand an-
"rühren, es würde sonsten desto eher ver-
"derben, und deshalben wird es nie, als
"in ein Schüsselgen gefasset und gezei-
"get. Wann sie nun das wenige, das
"annoch in denen Aehren überblieben,
"sammlen wollen, so bedienen sie sich
"dieses Handgriffs: sie haben zwey Kör-
"be mit Henckeln; wenn sie nun in den
"Wiesen herum gehen, dann schwingen
"sie den in der rechten nach der lincken,
"und den in der lincken nach der rechten
"zu, gleich als ob sie das Kraut abmähen
"wolten, welches sie doch nur allezeit o-
"ben, das ist, bey der Aehre fassen, und die-
"ser gestalt fällt aller Samen in die Körbe.

"Die Semencine wächst wohl auch in der
"Provintz Kerman/ allein sie ist bey
"weiten nicht so gut, als die von Bou-
"tan/
wiewohl auch allda kaum so viel
"gesammlet wird, als das Land von nö-
"then hat. Dieser Samen dienet nicht
"allein die Würme bey jungen Kindern
"abzutreiben, sondern es brauchen ihn
"auch die Persianer und alle gegen Nor-
"den wohnende Völcker, selbst die Holl-
"und Engländer, als wie den Anis, und
"mengen ihn unter die mit Zucker über-
"zogenen Sachen.

Dem sey aber wie ihm wolle, der Se-
men contra
soll fein vollkommen seyn, an
Farbe grünlicht, von gutem Geruch, und
so reine, als immer möglich: denn es
werden manchmahl allerhand Kleinig-
keiten drunter gemenget, hierdurch aber
seine Güte nicht um ein kleines verrin-
gert, der Preiß im Gegentheil um so viel
mehr gesteigert. Auch muß man Ach-
tung geben, daß er nicht allzu grüne sehe,
oder daß man nicht an seine statt etwa
Semen Abrotani, den Stabwurtzsamen,Stabwurtz/
Lateinisch A-
brotanum,
ist
ein gering
und gantz ge-
meines
Kraut, denn
es wenig
Gärten giebt,
in denen es
nicht solte an-
getroffen wer-
den. Es wird
in zwey erley
Geschlecht,
das Männ-
lein, und

welcher öfters dafür substituiret und ge-
geben wird, bekomme. Wiewohl die-
ses gar leicht zu mercken, indem Semen
contra
noch ziemlich dicke, länglicht und
grünlicht ist, hingegen ist der Stabwurtz-
samen leichte, und sieht gelblicht, viel
ehe wie klein zerrieben Stroh, als wie
ein Samen. Uberdiß hat auch der Se-
men contra
einen viel bitterern und aro-
matischern Geschmack, als dieser.

Der Semen contra ist zu bekannt, und

also
Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch]
Das erſte Capitel.
Vom Wurmſamen.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 1.

SEmen contra vermes, der
Wurmſamen/
hat ſeinen
Namen von ſeiner vor-
nehmſten Kraft und Ei-
genſchaft bekommen, dann
er toͤdtet die Wuͤrme in
des Menſchen Leibe, abſonderlich bey
Kindern. (Er wird auch Santolina oder
Xantolina, Semen ſanctum, Semen ſantoni-
cum, Semencine, Barbotine
und Poudre à
Vers,
Wurmpulver genennet.) Es iſt
ein gantz kleines Koͤrnlein, wird von den
Caravanen
ſind ein Hauf-
fen Leute, die
ſich des Jah-
res ein oder
zweymahl
verſammlen/
und mit einer
groſſen Men-
ge Pferde, Ca-
meele/ und
anderer bela-
denen Thiere
aus Perſien
nach andern
Orten im
Morgenlan-
de reiſen.
Perſianern mit den Caravanen jaͤhr-
lich nach Aleppo/ Alexandretta und
Smirna geſendet, und von dannen uͤber
Holland, England und Marſeille
auch zu uns gebracht.

Die Blaͤttlein des Krautes, das dieſen
Samen traͤgt, ſind dermaſſen klein, daß
ſie ſich gantz ſchwerlich vom Samen ab-
ſondern laſſen: deshalben bedienen ſich
die Einwohner des Koͤnigreichs Bou-
tan,
ſonderlich hierzu gemachter Koͤrbe,
in denen ſie es hin und wieder ſchwingen,
und ſolcher geſtalt die Blaͤttlein zuſam̃t
dem Staube davon bringen. Es geben
etliche vor, dieſer Semen contra ſey der
Samen einer gewiſſen Gattung Wer-
muth,
welche von einigen Santonicum
genennet wird, dieweil dieſelbe in Xain-
tonge
waͤchſet; welches ich aber nicht ver-
ſichern kan, indem, ohngeachtet alles an-
gewendeten Fleiſſes, ich nichts nicht wei-
ter davon habe erfahren koͤnnen, als daß
derjenige Samen, den wir zu ver-
kauffen pflegen, in Perſien/ und an der
Moſcowitiſchen Graͤntze wachſe, ſo
mir auch durch Briefe, von unterſchie-
denen Orten her, fuͤr gewiß berichtet
worden.

Dieſem will ich noch beyfuͤgen/ was
Tavernier im II. Theil ſeiner Reiſen, im
15. Cap. des III. Buchs, hievon vermel-
det. „Die Semencine oder das Wurm-
„pulver
betreffend, ſolches kan man
„nicht wie andere Samen einſammlen;
„denn es iſt ein Kraut, welches in Wie-
„ſen waͤchſt, und wohl zeitig werden
„muß. Das uͤbelſte iſt, daß der meiſte
„Theil, wenn es nun zu zeitigen begin-
„net, durch den Wind ausgeſchlagen
„wird, und hernach unter dem Kraute
„umkommt und verdirbet. Das macht
[Spaltenumbruch] „auch, daß es ſo gar theuer iſt. Man
„darff es nicht mit der bloſſen Hand an-
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„derben, und deshalben wird es nie, als
„in ein Schuͤſſelgen gefaſſet und gezei-
„get. Wann ſie nun das wenige, das
„annoch in denen Aehren uͤberblieben,
„ſammlen wollen, ſo bedienen ſie ſich
„dieſes Handgriffs: ſie haben zwey Koͤr-
„be mit Henckeln; wenn ſie nun in den
„Wieſen herum gehen, dann ſchwingen
„ſie den in der rechten nach der lincken,
„und den in der lincken nach der rechten
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„wolten, welches ſie doch nur allezeit o-
„ben, das iſt, bey der Aehre faſſen, und die-
„ſer geſtalt faͤllt aller Samẽ in die Koͤrbe.

„Die Semencine waͤchſt wohl auch in der
„Provintz Kerman/ allein ſie iſt bey
„weiten nicht ſo gut, als die von Bou-
„tan/
wiewohl auch allda kaum ſo viel
„geſammlet wird, als das Land von noͤ-
„then hat. Dieſer Samen dienet nicht
„allein die Wuͤrme bey jungen Kindern
„abzutreiben, ſondern es brauchen ihn
„auch die Perſianer und alle gegen Nor-
„den wohnende Voͤlcker, ſelbſt die Holl-
„und Englaͤnder, als wie den Anis, und
„mengen ihn unter die mit Zucker uͤber-
„zogenen Sachen.

Dem ſey aber wie ihm wolle, der Se-
men contra
ſoll fein vollkommen ſeyn, an
Farbe gruͤnlicht, von gutem Geruch, und
ſo reine, als immer moͤglich: denn es
werden manchmahl allerhand Kleinig-
keiten drunter gemenget, hierdurch aber
ſeine Guͤte nicht um ein kleines verrin-
gert, der Preiß im Gegentheil um ſo viel
mehr geſteigert. Auch muß man Ach-
tung geben, daß er nicht allzu gruͤne ſehe,
oder daß man nicht an ſeine ſtatt etwa
Semen Abrotani, den Stabwurtzſamen,Stabwuꝛtz/
Lateiniſch A-
brotanum,
iſt
ein gering
und gantz ge-
meines
Kraut, denn
es wenig
Gaͤꝛten giebt,
in denen es
nicht ſolte an-
getꝛoffen wer-
den. Es wird
in zwey erley
Geſchlecht,
das Maͤnn-
lein, und

welcher oͤfters dafuͤr ſubſtituiret und ge-
geben wird, bekomme. Wiewohl die-
ſes gar leicht zu mercken, indem Semen
contra
noch ziemlich dicke, laͤnglicht und
gruͤnlicht iſt, hingegen iſt der Stabwurtz-
ſamen leichte, und ſieht gelblicht, viel
ehe wie klein zerrieben Stroh, als wie
ein Samen. Uberdiß hat auch der Se-
men contra
einen viel bitterern und aro-
matiſchern Geſchmack, als dieſer.

Der Semen contra iſt zu bekannt, und

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[0026] Der Spezereyen und Materialien Das erſte Capitel. Vom Wurmſamen. SEmen contra vermes, der Wurmſamen/ hat ſeinen Namen von ſeiner vor- nehmſten Kraft und Ei- genſchaft bekommen, dann er toͤdtet die Wuͤrme in des Menſchen Leibe, abſonderlich bey Kindern. (Er wird auch Santolina oder Xantolina, Semen ſanctum, Semen ſantoni- cum, Semencine, Barbotine und Poudre à Vers, Wurmpulver genennet.) Es iſt ein gantz kleines Koͤrnlein, wird von den Perſianern mit den Caravanen jaͤhr- lich nach Aleppo/ Alexandretta und Smirna geſendet, und von dannen uͤber Holland, England und Marſeille auch zu uns gebracht. Caravanen ſind ein Hauf- fen Leute, die ſich des Jah- res ein oder zweymahl verſammlen/ und mit einer groſſen Men- ge Pferde, Ca- meele/ und anderer bela- denen Thiere aus Perſien nach andern Orten im Morgenlan- de reiſen. Die Blaͤttlein des Krautes, das dieſen Samen traͤgt, ſind dermaſſen klein, daß ſie ſich gantz ſchwerlich vom Samen ab- ſondern laſſen: deshalben bedienen ſich die Einwohner des Koͤnigreichs Bou- tan, ſonderlich hierzu gemachter Koͤrbe, in denen ſie es hin und wieder ſchwingen, und ſolcher geſtalt die Blaͤttlein zuſam̃t dem Staube davon bringen. Es geben etliche vor, dieſer Semen contra ſey der Samen einer gewiſſen Gattung Wer- muth, welche von einigen Santonicum genennet wird, dieweil dieſelbe in Xain- tonge waͤchſet; welches ich aber nicht ver- ſichern kan, indem, ohngeachtet alles an- gewendeten Fleiſſes, ich nichts nicht wei- ter davon habe erfahren koͤnnen, als daß derjenige Samen, den wir zu ver- kauffen pflegen, in Perſien/ und an der Moſcowitiſchen Graͤntze wachſe, ſo mir auch durch Briefe, von unterſchie- denen Orten her, fuͤr gewiß berichtet worden. Dieſem will ich noch beyfuͤgen/ was Tavernier im II. Theil ſeiner Reiſen, im 15. Cap. des III. Buchs, hievon vermel- det. „Die Semencine oder das Wurm- „pulver betreffend, ſolches kan man „nicht wie andere Samen einſammlen; „denn es iſt ein Kraut, welches in Wie- „ſen waͤchſt, und wohl zeitig werden „muß. Das uͤbelſte iſt, daß der meiſte „Theil, wenn es nun zu zeitigen begin- „net, durch den Wind ausgeſchlagen „wird, und hernach unter dem Kraute „umkommt und verdirbet. Das macht „auch, daß es ſo gar theuer iſt. Man „darff es nicht mit der bloſſen Hand an- „ruͤhren, es wuͤrde ſonſten deſto eher ver- „derben, und deshalben wird es nie, als „in ein Schuͤſſelgen gefaſſet und gezei- „get. Wann ſie nun das wenige, das „annoch in denen Aehren uͤberblieben, „ſammlen wollen, ſo bedienen ſie ſich „dieſes Handgriffs: ſie haben zwey Koͤr- „be mit Henckeln; wenn ſie nun in den „Wieſen herum gehen, dann ſchwingen „ſie den in der rechten nach der lincken, „und den in der lincken nach der rechten „zu, gleich als ob ſie das Kraut abmaͤhen „wolten, welches ſie doch nur allezeit o- „ben, das iſt, bey der Aehre faſſen, und die- „ſer geſtalt faͤllt aller Samẽ in die Koͤrbe. „Die Semencine waͤchſt wohl auch in der „Provintz Kerman/ allein ſie iſt bey „weiten nicht ſo gut, als die von Bou- „tan/ wiewohl auch allda kaum ſo viel „geſammlet wird, als das Land von noͤ- „then hat. Dieſer Samen dienet nicht „allein die Wuͤrme bey jungen Kindern „abzutreiben, ſondern es brauchen ihn „auch die Perſianer und alle gegen Nor- „den wohnende Voͤlcker, ſelbſt die Holl- „und Englaͤnder, als wie den Anis, und „mengen ihn unter die mit Zucker uͤber- „zogenen Sachen. Dem ſey aber wie ihm wolle, der Se- men contra ſoll fein vollkommen ſeyn, an Farbe gruͤnlicht, von gutem Geruch, und ſo reine, als immer moͤglich: denn es werden manchmahl allerhand Kleinig- keiten drunter gemenget, hierdurch aber ſeine Guͤte nicht um ein kleines verrin- gert, der Preiß im Gegentheil um ſo viel mehr geſteigert. Auch muß man Ach- tung geben, daß er nicht allzu gruͤne ſehe, oder daß man nicht an ſeine ſtatt etwa Semen Abrotani, den Stabwurtzſamen, welcher oͤfters dafuͤr ſubſtituiret und ge- geben wird, bekomme. Wiewohl die- ſes gar leicht zu mercken, indem Semen contra noch ziemlich dicke, laͤnglicht und gruͤnlicht iſt, hingegen iſt der Stabwurtz- ſamen leichte, und ſieht gelblicht, viel ehe wie klein zerrieben Stroh, als wie ein Samen. Uberdiß hat auch der Se- men contra einen viel bitterern und aro- matiſchern Geſchmack, als dieſer. Stabwuꝛtz/ Lateiniſch A- brotanum, iſt ein gering und gantz ge- meines Kraut, denn es wenig Gaͤꝛten giebt, in denen es nicht ſolte an- getꝛoffen wer- den. Es wird in zwey erley Geſchlecht, das Maͤnn- lein, und Der Semen contra iſt zu bekannt, und alſo

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/26>, abgerufen am 28.03.2024.