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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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irgend einen Hügel hin, wo sie den Raubvö-
geln zur Speise wird.

Man pflegt in Siam niemand zur Trauer
zu zwingen. Jeder hat die völlige Freyheit,
dieselbe nach der Empfindung seines Herzens ein-
zurichten. Daher sieht man mehr die Eltern
um ihre Kinder, als diese um jene trauern.
Zuweilen ergreifen die Eltern den geistlichen
Stand, wenn sie dasjenige verliehren, was sie
mit der Welt verband, oder sie bescheeren ein-
ander doch wenigstens den Kopf. Denn die
Augenbraunen darf niemand als ein wirklicher
Talapoin wegscheeren.



Drittes Kapitel.

Von der Erziehung der Kinder -- Spra-
che -- Künsten und Wissenschaften
der Siamer.

Folgsamkeit und stilles Wesen, sind Dinge
die man bey den Kindern der Siamer all-
gemein wahrnimmt. Man gewöhnt sie hierzu
von Jugend auf, und besonders müssen sie sich
auch bemühen höflich zu seyn. Die unum-
schränkte Gewalt der Väter trägt vieles dazu
bey, daß ihre Regeln so sehr von den Kindern
benutzt werden.

Die
U

irgend einen Huͤgel hin, wo ſie den Raubvoͤ-
geln zur Speiſe wird.

Man pflegt in Siam niemand zur Trauer
zu zwingen. Jeder hat die voͤllige Freyheit,
dieſelbe nach der Empfindung ſeines Herzens ein-
zurichten. Daher ſieht man mehr die Eltern
um ihre Kinder, als dieſe um jene trauern.
Zuweilen ergreifen die Eltern den geiſtlichen
Stand, wenn ſie dasjenige verliehren, was ſie
mit der Welt verband, oder ſie beſcheeren ein-
ander doch wenigſtens den Kopf. Denn die
Augenbraunen darf niemand als ein wirklicher
Talapoin wegſcheeren.



Drittes Kapitel.

Von der Erziehung der Kinder — Spra-
che — Kuͤnſten und Wiſſenſchaften
der Siamer.

Folgſamkeit und ſtilles Weſen, ſind Dinge
die man bey den Kindern der Siamer all-
gemein wahrnimmt. Man gewoͤhnt ſie hierzu
von Jugend auf, und beſonders muͤſſen ſie ſich
auch bemuͤhen hoͤflich zu ſeyn. Die unum-
ſchraͤnkte Gewalt der Vaͤter traͤgt vieles dazu
bey, daß ihre Regeln ſo ſehr von den Kindern
benutzt werden.

Die
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[305/0331] irgend einen Huͤgel hin, wo ſie den Raubvoͤ- geln zur Speiſe wird. Man pflegt in Siam niemand zur Trauer zu zwingen. Jeder hat die voͤllige Freyheit, dieſelbe nach der Empfindung ſeines Herzens ein- zurichten. Daher ſieht man mehr die Eltern um ihre Kinder, als dieſe um jene trauern. Zuweilen ergreifen die Eltern den geiſtlichen Stand, wenn ſie dasjenige verliehren, was ſie mit der Welt verband, oder ſie beſcheeren ein- ander doch wenigſtens den Kopf. Denn die Augenbraunen darf niemand als ein wirklicher Talapoin wegſcheeren. Drittes Kapitel. Von der Erziehung der Kinder — Spra- che — Kuͤnſten und Wiſſenſchaften der Siamer. Folgſamkeit und ſtilles Weſen, ſind Dinge die man bey den Kindern der Siamer all- gemein wahrnimmt. Man gewoͤhnt ſie hierzu von Jugend auf, und beſonders muͤſſen ſie ſich auch bemuͤhen hoͤflich zu ſeyn. Die unum- ſchraͤnkte Gewalt der Vaͤter traͤgt vieles dazu bey, daß ihre Regeln ſo ſehr von den Kindern benutzt werden. Die U

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/331>, abgerufen am 29.03.2024.