Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

anwendbar. Im Gegentheil lebt man so wohlfeil,
daß bankerotte Engländer häufig hier ihre Lebenstage
beschließen, wo sie freie Jagd, den Gebrauch eines
Pony, nebst guter Kost und Wohnung, für 50 Gui-
neen des Jahres finden können.

Die Umgebung von Bethgellert ist die letzte Fort-
setzung des herrlichen Thales, welches ich Dir beschrie-
ben, und das in diesem Augenblicke durch hundert
Wasserfälle belebt wird, die in allen Bergschluchten
sich, weiß und schäumend wie Milch, herabstürzen.
Eine halbe Stunde hinter dem Dorfe, treten die Fel-
sen so eng zusammen, daß kaum noch Platz für Strom
und Weg neben einander übrig bleibt. Hier wölbt
sich die Teufelsbrücke, und schließt das Thal, oder
vielmehr die Schlucht in die es ausläuft. Von nun
an nähert man sich wiederum dem Meer, und die
Gegend nimmt eine Zeit lang einen lachenden Cha-
rakter an. In zwei Stunden erreichte ich das von
den Touristen so viel besuchte Thal von Tan-y-bwlch
(Tannibulck) dessen Hauptmerkwürdigkeit ein schöner
Park ist, auf zwei felsigen mit Hochwald bewachsenen
Bergen ausgebreitet, zwischen welchen ein reißender
Bach strömt, der mannichfaltige Cascaden bildet. Die
Promenade in dieser Anlage ist vortrefflich geführt,
und in gehöriger Gradation und Abwechselung auf
die verschiedenen Aussichtspunkte zu gelangen, wo
bald in der Ferne eine Insel im Meere, dann ein
naher Abgrund mit dem schäumenden Wasserfall, jetzt
ein entfernter Pik, oder später eine einsame Felsen-
partie unter der Nacht uralter Eichen sichtbar wird.

anwendbar. Im Gegentheil lebt man ſo wohlfeil,
daß bankerotte Engländer häufig hier ihre Lebenstage
beſchließen, wo ſie freie Jagd, den Gebrauch eines
Pony, nebſt guter Koſt und Wohnung, für 50 Gui-
neen des Jahres finden können.

Die Umgebung von Bethgellert iſt die letzte Fort-
ſetzung des herrlichen Thales, welches ich Dir beſchrie-
ben, und das in dieſem Augenblicke durch hundert
Waſſerfälle belebt wird, die in allen Bergſchluchten
ſich, weiß und ſchäumend wie Milch, herabſtürzen.
Eine halbe Stunde hinter dem Dorfe, treten die Fel-
ſen ſo eng zuſammen, daß kaum noch Platz für Strom
und Weg neben einander übrig bleibt. Hier wölbt
ſich die Teufelsbrücke, und ſchließt das Thal, oder
vielmehr die Schlucht in die es ausläuft. Von nun
an nähert man ſich wiederum dem Meer, und die
Gegend nimmt eine Zeit lang einen lachenden Cha-
rakter an. In zwei Stunden erreichte ich das von
den Touriſten ſo viel beſuchte Thal von Tan-y-bwlch
(Tannibulck) deſſen Hauptmerkwürdigkeit ein ſchöner
Park iſt, auf zwei felſigen mit Hochwald bewachſenen
Bergen ausgebreitet, zwiſchen welchen ein reißender
Bach ſtrömt, der mannichfaltige Cascaden bildet. Die
Promenade in dieſer Anlage iſt vortrefflich geführt,
und in gehöriger Gradation und Abwechſelung auf
die verſchiedenen Ausſichtspunkte zu gelangen, wo
bald in der Ferne eine Inſel im Meere, dann ein
naher Abgrund mit dem ſchäumenden Waſſerfall, jetzt
ein entfernter Pik, oder ſpäter eine einſame Felſen-
partie unter der Nacht uralter Eichen ſichtbar wird.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="123"/>
anwendbar. Im Gegentheil lebt man &#x017F;o wohlfeil,<lb/>
daß bankerotte Engländer häufig hier ihre Lebenstage<lb/>
be&#x017F;chließen, wo &#x017F;ie freie Jagd, den Gebrauch eines<lb/>
Pony, neb&#x017F;t guter Ko&#x017F;t und Wohnung, für 50 Gui-<lb/>
neen des Jahres finden <choice><sic>ko&#x0307;nnen</sic><corr>können</corr></choice>.</p><lb/>
          <p>Die Umgebung von Bethgellert i&#x017F;t die letzte Fort-<lb/>
&#x017F;etzung des herrlichen Thales, welches ich Dir be&#x017F;chrie-<lb/>
ben, und das in die&#x017F;em Augenblicke durch hundert<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;erfälle belebt wird, die in allen Berg&#x017F;chluchten<lb/>
&#x017F;ich, weiß und &#x017F;chäumend wie Milch, herab&#x017F;türzen.<lb/>
Eine halbe Stunde hinter dem Dorfe, treten die Fel-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;o eng zu&#x017F;ammen, daß kaum noch Platz für Strom<lb/>
und Weg neben einander übrig bleibt. Hier wölbt<lb/>
&#x017F;ich die Teufelsbrücke, und &#x017F;chließt das Thal, oder<lb/>
vielmehr die Schlucht in die es ausläuft. Von nun<lb/>
an nähert man &#x017F;ich wiederum dem Meer, und die<lb/>
Gegend nimmt eine Zeit lang einen lachenden Cha-<lb/>
rakter an. In zwei Stunden erreichte ich das von<lb/>
den Touri&#x017F;ten &#x017F;o viel be&#x017F;uchte Thal von <hi rendition="#aq">Tan-y-bwlch</hi><lb/>
(Tannibulck) de&#x017F;&#x017F;en Hauptmerkwürdigkeit ein &#x017F;chöner<lb/>
Park i&#x017F;t, auf zwei fel&#x017F;igen mit Hochwald bewach&#x017F;enen<lb/>
Bergen ausgebreitet, zwi&#x017F;chen welchen ein reißender<lb/>
Bach &#x017F;trömt, der mannichfaltige Cascaden bildet. Die<lb/>
Promenade in die&#x017F;er Anlage i&#x017F;t vortrefflich geführt,<lb/>
und in gehöriger Gradation und Abwech&#x017F;elung auf<lb/>
die ver&#x017F;chiedenen Aus&#x017F;ichtspunkte zu gelangen, wo<lb/>
bald in der Ferne eine In&#x017F;el im Meere, dann ein<lb/>
naher Abgrund mit dem &#x017F;chäumenden Wa&#x017F;&#x017F;erfall, jetzt<lb/>
ein entfernter Pik, oder &#x017F;päter eine ein&#x017F;ame Fel&#x017F;en-<lb/>
partie unter der Nacht uralter Eichen &#x017F;ichtbar wird.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0147] anwendbar. Im Gegentheil lebt man ſo wohlfeil, daß bankerotte Engländer häufig hier ihre Lebenstage beſchließen, wo ſie freie Jagd, den Gebrauch eines Pony, nebſt guter Koſt und Wohnung, für 50 Gui- neen des Jahres finden können. Die Umgebung von Bethgellert iſt die letzte Fort- ſetzung des herrlichen Thales, welches ich Dir beſchrie- ben, und das in dieſem Augenblicke durch hundert Waſſerfälle belebt wird, die in allen Bergſchluchten ſich, weiß und ſchäumend wie Milch, herabſtürzen. Eine halbe Stunde hinter dem Dorfe, treten die Fel- ſen ſo eng zuſammen, daß kaum noch Platz für Strom und Weg neben einander übrig bleibt. Hier wölbt ſich die Teufelsbrücke, und ſchließt das Thal, oder vielmehr die Schlucht in die es ausläuft. Von nun an nähert man ſich wiederum dem Meer, und die Gegend nimmt eine Zeit lang einen lachenden Cha- rakter an. In zwei Stunden erreichte ich das von den Touriſten ſo viel beſuchte Thal von Tan-y-bwlch (Tannibulck) deſſen Hauptmerkwürdigkeit ein ſchöner Park iſt, auf zwei felſigen mit Hochwald bewachſenen Bergen ausgebreitet, zwiſchen welchen ein reißender Bach ſtrömt, der mannichfaltige Cascaden bildet. Die Promenade in dieſer Anlage iſt vortrefflich geführt, und in gehöriger Gradation und Abwechſelung auf die verſchiedenen Ausſichtspunkte zu gelangen, wo bald in der Ferne eine Inſel im Meere, dann ein naher Abgrund mit dem ſchäumenden Waſſerfall, jetzt ein entfernter Pik, oder ſpäter eine einſame Felſen- partie unter der Nacht uralter Eichen ſichtbar wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/147
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/147>, abgerufen am 18.04.2024.