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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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dem Hause weidenden Kühe manche Delikatesse und
die an den Salon stoßenden Treibhäuser köstliche
Früchte.

Thut es nun nicht wohl, sich zu denken, Hundert-
tausende in England eine solche Existenz, einen so
behaglichen und soliden Luxus, in ihren friedlichen Häu-
sern froh genießen, freie Könige im Schoose ihrer Häus-
lichkeit, die ruhig in der Sicherheit ihres unantastbaren
Eigenthums leben, Glückliche, die nimmer durch schwere
Sendschreiben unhöflicher Behörden belästigt werden,
welche bis in die Wohnstube und Schlafkammer Al-
les regieren wollen, und dem Staate schon einen
bedeutenden Dienst erzeigt zu haben glauben, wenn
sie am Ende des Jahres den armen Regierten viele
tausend Thaler unnöthiges Porto verursachen konn-
ten, dabei aber auch nicht zufrieden, über den Re-
gierten zu stehen, sich ihnen zugleich entgegen stel-
len, Richter und Parthei so viel sie können in einer
Person vereinigend; -- mit einem Worte, Glück-
liche, die frei von Eingriffen in ihren Beutel, frei
von Unwürdigkeiten für ihre Person, frei von un-
nützen Plackereien ihre Macht fühlen lassen wollender
Büreaukraten, frei von der Aussaugung unersatt-
licher Staatsblutigel sind, und dabei als unum-
schränkte Herren in ihrem Eigenthume, nur den
Gesetzen zu folgen brauchen, die sie selbst mit geben
helfen -- wenn man bedenkt, sage ich, so muß man
gestehen, daß England ein gesegnetes Land ist, wenn
auch kein vollkommenes. Man kann es den Englän-
dern daher auch nicht so sehr verdenken, wenn sie,

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dem Hauſe weidenden Kühe manche Delikateſſe und
die an den Salon ſtoßenden Treibhäuſer köſtliche
Früchte.

Thut es nun nicht wohl, ſich zu denken, Hundert-
tauſende in England eine ſolche Exiſtenz, einen ſo
behaglichen und ſoliden Luxus, in ihren friedlichen Häu-
ſern froh genießen, freie Könige im Schooſe ihrer Häus-
lichkeit, die ruhig in der Sicherheit ihres unantaſtbaren
Eigenthums leben, Glückliche, die nimmer durch ſchwere
Sendſchreiben unhöflicher Behörden beläſtigt werden,
welche bis in die Wohnſtube und Schlafkammer Al-
les regieren wollen, und dem Staate ſchon einen
bedeutenden Dienſt erzeigt zu haben glauben, wenn
ſie am Ende des Jahres den armen Regierten viele
tauſend Thaler unnöthiges Porto verurſachen konn-
ten, dabei aber auch nicht zufrieden, über den Re-
gierten zu ſtehen, ſich ihnen zugleich entgegen ſtel-
len, Richter und Parthei ſo viel ſie können in einer
Perſon vereinigend; — mit einem Worte, Glück-
liche, die frei von Eingriffen in ihren Beutel, frei
von Unwürdigkeiten für ihre Perſon, frei von un-
nützen Plackereien ihre Macht fühlen laſſen wollender
Büreaukraten, frei von der Ausſaugung unerſatt-
licher Staatsblutigel ſind, und dabei als unum-
ſchränkte Herren in ihrem Eigenthume, nur den
Geſetzen zu folgen brauchen, die ſie ſelbſt mit geben
helfen — wenn man bedenkt, ſage ich, ſo muß man
geſtehen, daß England ein geſegnetes Land iſt, wenn
auch kein vollkommenes. Man kann es den Englän-
dern daher auch nicht ſo ſehr verdenken, wenn ſie,

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[147/0171] dem Hauſe weidenden Kühe manche Delikateſſe und die an den Salon ſtoßenden Treibhäuſer köſtliche Früchte. Thut es nun nicht wohl, ſich zu denken, Hundert- tauſende in England eine ſolche Exiſtenz, einen ſo behaglichen und ſoliden Luxus, in ihren friedlichen Häu- ſern froh genießen, freie Könige im Schooſe ihrer Häus- lichkeit, die ruhig in der Sicherheit ihres unantaſtbaren Eigenthums leben, Glückliche, die nimmer durch ſchwere Sendſchreiben unhöflicher Behörden beläſtigt werden, welche bis in die Wohnſtube und Schlafkammer Al- les regieren wollen, und dem Staate ſchon einen bedeutenden Dienſt erzeigt zu haben glauben, wenn ſie am Ende des Jahres den armen Regierten viele tauſend Thaler unnöthiges Porto verurſachen konn- ten, dabei aber auch nicht zufrieden, über den Re- gierten zu ſtehen, ſich ihnen zugleich entgegen ſtel- len, Richter und Parthei ſo viel ſie können in einer Perſon vereinigend; — mit einem Worte, Glück- liche, die frei von Eingriffen in ihren Beutel, frei von Unwürdigkeiten für ihre Perſon, frei von un- nützen Plackereien ihre Macht fühlen laſſen wollender Büreaukraten, frei von der Ausſaugung unerſatt- licher Staatsblutigel ſind, und dabei als unum- ſchränkte Herren in ihrem Eigenthume, nur den Geſetzen zu folgen brauchen, die ſie ſelbſt mit geben helfen — wenn man bedenkt, ſage ich, ſo muß man geſtehen, daß England ein geſegnetes Land iſt, wenn auch kein vollkommenes. Man kann es den Englän- dern daher auch nicht ſo ſehr verdenken, wenn ſie, 10*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/171>, abgerufen am 28.03.2024.