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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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von dem schön gerundeten, verwundeten Bein, daß
meine Laune abermals wechselte, et je crois que le
diable n'y perdit rien
. -- Wir theilten von nun
an die Beschwerden des Wegs, halfen uns gegensei-
tig, und fanden endlich im Thal, zuerst besseres
Wetter, dann ein erholendes Obdach, und endlich
einen labenden Trunk frischer Milch.

Neu gestärkt wanderte ich in der Nacht weiter,
und als ich in Kenmare anlangte, hatte ich die vier
deutschen Meilen in etwas über 6 Stunden zurückge-
legt. Aber ich war auch herzlich müde, und sobald
ich in mein Schlafzimmer trat, sprach ich mit Pathos,
und Wallenstein: Ich denke einen langen Schlaf zu
thun!



Dies geschah denn auch, und ich hatte Zeit dazu,
denn das Wetter war so abscheulich, daß ich bis 3
Uhr Nachmittags auf besseres wartete, aber leider
vergebens. Ich hatte, den Abend vorher den zu
Herrn O'Connel abgeschickten, und unbesonnener
Weise, vorausbezahlten Boten, ohne Antwort und
mit zerbrochenem Schlüsselbein im Gasthof wieder
vorgefunden, denn da er Geld in seiner Tasche ge-
fühlt, so hatte er auch dem Whiskey nicht länger
widerstehen können, in Folge dessen er mit seinem
Pferde in der Nacht einen Felsen herabgestürzt war!

von dem ſchön gerundeten, verwundeten Bein, daß
meine Laune abermals wechſelte, et je crois que le
diable n’y perdit rien
. — Wir theilten von nun
an die Beſchwerden des Wegs, halfen uns gegenſei-
tig, und fanden endlich im Thal, zuerſt beſſeres
Wetter, dann ein erholendes Obdach, und endlich
einen labenden Trunk friſcher Milch.

Neu geſtärkt wanderte ich in der Nacht weiter,
und als ich in Kenmare anlangte, hatte ich die vier
deutſchen Meilen in etwas über 6 Stunden zurückge-
legt. Aber ich war auch herzlich müde, und ſobald
ich in mein Schlafzimmer trat, ſprach ich mit Pathos,
und Wallenſtein: Ich denke einen langen Schlaf zu
thun!



Dies geſchah denn auch, und ich hatte Zeit dazu,
denn das Wetter war ſo abſcheulich, daß ich bis 3
Uhr Nachmittags auf beſſeres wartete, aber leider
vergebens. Ich hatte, den Abend vorher den zu
Herrn O’Connel abgeſchickten, und unbeſonnener
Weiſe, vorausbezahlten Boten, ohne Antwort und
mit zerbrochenem Schlüſſelbein im Gaſthof wieder
vorgefunden, denn da er Geld in ſeiner Taſche ge-
fühlt, ſo hatte er auch dem Whiskey nicht länger
widerſtehen können, in Folge deſſen er mit ſeinem
Pferde in der Nacht einen Felſen herabgeſtürzt war!

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[2/0024] von dem ſchön gerundeten, verwundeten Bein, daß meine Laune abermals wechſelte, et je crois que le diable n’y perdit rien. — Wir theilten von nun an die Beſchwerden des Wegs, halfen uns gegenſei- tig, und fanden endlich im Thal, zuerſt beſſeres Wetter, dann ein erholendes Obdach, und endlich einen labenden Trunk friſcher Milch. Neu geſtärkt wanderte ich in der Nacht weiter, und als ich in Kenmare anlangte, hatte ich die vier deutſchen Meilen in etwas über 6 Stunden zurückge- legt. Aber ich war auch herzlich müde, und ſobald ich in mein Schlafzimmer trat, ſprach ich mit Pathos, und Wallenſtein: Ich denke einen langen Schlaf zu thun! Derrinane Abbey, den 29ſten. Dies geſchah denn auch, und ich hatte Zeit dazu, denn das Wetter war ſo abſcheulich, daß ich bis 3 Uhr Nachmittags auf beſſeres wartete, aber leider vergebens. Ich hatte, den Abend vorher den zu Herrn O’Connel abgeſchickten, und unbeſonnener Weiſe, vorausbezahlten Boten, ohne Antwort und mit zerbrochenem Schlüſſelbein im Gaſthof wieder vorgefunden, denn da er Geld in ſeiner Taſche ge- fühlt, ſo hatte er auch dem Whiskey nicht länger widerſtehen können, in Folge deſſen er mit ſeinem Pferde in der Nacht einen Felſen herabgeſtürzt war!

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/24>, abgerufen am 16.04.2024.