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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Ohne mich bei den bekannten Meisterstücken auf-
zuhalten, laß mich einiger Kunstwerke erwähnen, die
mich besonders ansprachen, und die ich mich früher
nicht gesehen zu haben erinnere. Erstens eine schöne
Venus, in Milo erst vor einigen Jahren gefunden,
und vom Duc de Riviere dem Könige geschenkt.
Sie ist als victrix dargestellt, nach der Meinung
der Antiquare, ursprünglich entweder den Apfel vor-
zeigend, oder mit beiden Händen das Schild des
Mars haltend. Da die beiden Arme fehlen, so bleibt
dies Hypothese. Aber wie schön ist der vom Gürtel
an nackte Körper! Welches Leben, welche zarte Weich-
heit und reizende Form! der triumphirende, stolze
Ausdruck des Gesichts ist weiblich wahr, und doch
auch göttlich erhaben.

Zweitens. Eine weibliche, in weite Gewande ge-
hüllte Figur (image de la Providence im Catalog
genannt) ein herrliches, ideales Weib, Sanftmuth
und Güte im Antlitz, himmlische Ruhe in der gan-
zen Gestalt. Die Draperie ist von höchster Grazie
und Vollendung.

Drittens. Amor und Psyche, aus der Villa Borg-
hese. Die Letztere fleht Amors Verzeihung an, auf
ihre Kniee gesunken, und das süße Lächeln Amors
zeigt, daß ihr Flehen schon innerlich erhört sey.
Wollüstige Formen, und der lieblichste Ausdruck der
Gesichter bestechen wenigstens den Laien! Die Gruppe
ist so gut erhalten, daß nur die eine Hand des Lie-
besgottes als restaurirt erscheint.

Ohne mich bei den bekannten Meiſterſtücken auf-
zuhalten, laß mich einiger Kunſtwerke erwähnen, die
mich beſonders anſprachen, und die ich mich früher
nicht geſehen zu haben erinnere. Erſtens eine ſchöne
Venus, in Milo erſt vor einigen Jahren gefunden,
und vom Duc de Rivière dem Könige geſchenkt.
Sie iſt als victrix dargeſtellt, nach der Meinung
der Antiquare, urſprünglich entweder den Apfel vor-
zeigend, oder mit beiden Händen das Schild des
Mars haltend. Da die beiden Arme fehlen, ſo bleibt
dies Hypotheſe. Aber wie ſchön iſt der vom Gürtel
an nackte Körper! Welches Leben, welche zarte Weich-
heit und reizende Form! der triumphirende, ſtolze
Ausdruck des Geſichts iſt weiblich wahr, und doch
auch göttlich erhaben.

Zweitens. Eine weibliche, in weite Gewande ge-
hüllte Figur (image de la Providence im Catalog
genannt) ein herrliches, ideales Weib, Sanftmuth
und Güte im Antlitz, himmliſche Ruhe in der gan-
zen Geſtalt. Die Draperie iſt von höchſter Grazie
und Vollendung.

Drittens. Amor und Pſyche, aus der Villa Borg-
heſe. Die Letztere fleht Amors Verzeihung an, auf
ihre Kniee geſunken, und das ſüße Lächeln Amors
zeigt, daß ihr Flehen ſchon innerlich erhört ſey.
Wollüſtige Formen, und der lieblichſte Ausdruck der
Geſichter beſtechen wenigſtens den Laien! Die Gruppe
iſt ſo gut erhalten, daß nur die eine Hand des Lie-
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[341/0363] Ohne mich bei den bekannten Meiſterſtücken auf- zuhalten, laß mich einiger Kunſtwerke erwähnen, die mich beſonders anſprachen, und die ich mich früher nicht geſehen zu haben erinnere. Erſtens eine ſchöne Venus, in Milo erſt vor einigen Jahren gefunden, und vom Duc de Rivière dem Könige geſchenkt. Sie iſt als victrix dargeſtellt, nach der Meinung der Antiquare, urſprünglich entweder den Apfel vor- zeigend, oder mit beiden Händen das Schild des Mars haltend. Da die beiden Arme fehlen, ſo bleibt dies Hypotheſe. Aber wie ſchön iſt der vom Gürtel an nackte Körper! Welches Leben, welche zarte Weich- heit und reizende Form! der triumphirende, ſtolze Ausdruck des Geſichts iſt weiblich wahr, und doch auch göttlich erhaben. Zweitens. Eine weibliche, in weite Gewande ge- hüllte Figur (image de la Providence im Catalog genannt) ein herrliches, ideales Weib, Sanftmuth und Güte im Antlitz, himmliſche Ruhe in der gan- zen Geſtalt. Die Draperie iſt von höchſter Grazie und Vollendung. Drittens. Amor und Pſyche, aus der Villa Borg- heſe. Die Letztere fleht Amors Verzeihung an, auf ihre Kniee geſunken, und das ſüße Lächeln Amors zeigt, daß ihr Flehen ſchon innerlich erhört ſey. Wollüſtige Formen, und der lieblichſte Ausdruck der Geſichter beſtechen wenigſtens den Laien! Die Gruppe iſt ſo gut erhalten, daß nur die eine Hand des Lie- besgottes als reſtaurirt erſcheint.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/363>, abgerufen am 28.03.2024.