Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

In der Nacht wäre ich bald im Erstickungstode
hinübergeschieden, da mein heimathlicher Jocrisse, wahr-
scheinlich von einem englischen Camaraden früher zu
gut bewirthet, während ich schon schlief, Kohlen aus
dem Kamin wegtragen wollte, und sie auf einem
lakirten Präsentirbrett daneben stehen ließ. Ein
furchtbarer Dampf und infernaler Geruch weckte mich
noch glücklicherweise, als ich eben träumte, ein Hof-
mann Heinrichs des Achten zu seyn, und Camp d'or
eine französische Schöne erobert zu haben -- sonst
hätte ich gewiß die Traumbraut nur im Himmel ge-
küßt.

Ohngefähr wie dieser Himmel, eben so entfernt
und eben so lieblich, erscheint mir der Ort wo Du
weilst, meine Traute, und so sende ich Dir den Frie-
denskuß übers Meer und schließe, Heil und Segen
wünschend, hiemit die erste englische Epistel.

Dein herzlich ergebener
L.

In der Nacht wäre ich bald im Erſtickungstode
hinübergeſchieden, da mein heimathlicher Jocriſſe, wahr-
ſcheinlich von einem engliſchen Camaraden früher zu
gut bewirthet, während ich ſchon ſchlief, Kohlen aus
dem Kamin wegtragen wollte, und ſie auf einem
lakirten Präſentirbrett daneben ſtehen ließ. Ein
furchtbarer Dampf und infernaler Geruch weckte mich
noch glücklicherweiſe, als ich eben träumte, ein Hof-
mann Heinrichs des Achten zu ſeyn, und Camp d’or
eine franzöſiſche Schöne erobert zu haben — ſonſt
hätte ich gewiß die Traumbraut nur im Himmel ge-
küßt.

Ohngefähr wie dieſer Himmel, eben ſo entfernt
und eben ſo lieblich, erſcheint mir der Ort wo Du
weilſt, meine Traute, und ſo ſende ich Dir den Frie-
denskuß übers Meer und ſchließe, Heil und Segen
wünſchend, hiemit die erſte engliſche Epiſtel.

Dein herzlich ergebener
L.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0109" n="69"/>
          <p>In der Nacht wäre ich bald im Er&#x017F;tickungstode<lb/>
hinüberge&#x017F;chieden, da mein heimathlicher Jocri&#x017F;&#x017F;e, wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich von einem engli&#x017F;chen Camaraden früher zu<lb/>
gut bewirthet, während ich &#x017F;chon &#x017F;chlief, Kohlen aus<lb/>
dem Kamin wegtragen wollte, und &#x017F;ie auf einem<lb/>
lakirten Prä&#x017F;entirbrett daneben &#x017F;tehen ließ. Ein<lb/>
furchtbarer Dampf und infernaler Geruch weckte mich<lb/>
noch glücklicherwei&#x017F;e, als ich eben träumte, ein Hof-<lb/>
mann Heinrichs des Achten zu &#x017F;eyn, und <hi rendition="#aq">Camp d&#x2019;or</hi><lb/>
eine franzö&#x017F;i&#x017F;che Schöne erobert zu haben &#x2014; &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
hätte ich gewiß die Traumbraut nur im Himmel ge-<lb/>
küßt.</p><lb/>
          <p>Ohngefähr wie die&#x017F;er Himmel, eben &#x017F;o entfernt<lb/>
und eben &#x017F;o lieblich, er&#x017F;cheint mir der Ort wo Du<lb/>
weil&#x017F;t, meine Traute, und &#x017F;o &#x017F;ende ich Dir den Frie-<lb/>
denskuß übers Meer und &#x017F;chließe, Heil und Segen<lb/>
wün&#x017F;chend, hiemit die er&#x017F;te engli&#x017F;che Epi&#x017F;tel.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Dein herzlich ergebener<lb/>
L.</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0109] In der Nacht wäre ich bald im Erſtickungstode hinübergeſchieden, da mein heimathlicher Jocriſſe, wahr- ſcheinlich von einem engliſchen Camaraden früher zu gut bewirthet, während ich ſchon ſchlief, Kohlen aus dem Kamin wegtragen wollte, und ſie auf einem lakirten Präſentirbrett daneben ſtehen ließ. Ein furchtbarer Dampf und infernaler Geruch weckte mich noch glücklicherweiſe, als ich eben träumte, ein Hof- mann Heinrichs des Achten zu ſeyn, und Camp d’or eine franzöſiſche Schöne erobert zu haben — ſonſt hätte ich gewiß die Traumbraut nur im Himmel ge- küßt. Ohngefähr wie dieſer Himmel, eben ſo entfernt und eben ſo lieblich, erſcheint mir der Ort wo Du weilſt, meine Traute, und ſo ſende ich Dir den Frie- denskuß übers Meer und ſchließe, Heil und Segen wünſchend, hiemit die erſte engliſche Epiſtel. Dein herzlich ergebener L.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/109
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/109>, abgerufen am 20.04.2024.