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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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noch mit besserem Nutzen dazu kommen, und diese
daher auch fortwährend vorziehen. Die hiesige Erb-
pacht ist aber sehr verschieden von der bei uns übli-
chen. Es wird nämlich dem Anbauer der nöthige
Platz auf 99 Jahre dergestalt überlassen, daß er, bei
Häusern pro Fuß der Front, eine gewisse Rente jähr-
lich, von einigen Schillingen bis zu 5 und 10 Gui-
neen, bei größern Grundstücken so und so viel per
acre
(englischer Morgen) an den Grundbesitzer zahlt.

Er schaltet nun damit wie er will, baut auf wie
er Lust hat, macht Gärten, Parkanlagen u. s. w.;
nach dem Verlauf der 99 Jahre aber fällt Alles, wie
es steht und liegt, und was niet- und nagelfest ist,
der Familie des Verkäufers wieder zu, ja noch mehr,
der Pächter muß sein Haus u. s. w. im besten Stand
erhalten, und sogar den Oehlanstrich alle 7 Jahr er-
neuern, wozu er durch Visitationen polizeylich ange-
halten wird. Uebrigens kann er während der ihm
zugemessenen Frist auch wieder an Andere verkaufen,
aber immer nur bis zu jener festgesetzten Epoche, wo
der eigentliche Herr wieder in Besitz tritt. Alle Land-
städte, Villen u. s. w., die man sieht, gehören also,
wie gesagt, auf diese Weise Haus für Haus einzel-
nen großen Gutsbesitzern, und obgleich die Erbpäch-
ter nach umgelaufener Frist gewöhnlich das prekaire
Eigenthum von Neuem erstehen, so müssen sie doch,
im Verhältniß als der Werth der Grundstücke seit-
dem gestiegen, oder sie selbst sie verbessert haben, die
Rente verdoppeln und verdreifachen. Selbst der größte
Theil der Stadt London gehört unter solchen Ver-

noch mit beſſerem Nutzen dazu kommen, und dieſe
daher auch fortwährend vorziehen. Die hieſige Erb-
pacht iſt aber ſehr verſchieden von der bei uns übli-
chen. Es wird nämlich dem Anbauer der nöthige
Platz auf 99 Jahre dergeſtalt überlaſſen, daß er, bei
Häuſern pro Fuß der Front, eine gewiſſe Rente jähr-
lich, von einigen Schillingen bis zu 5 und 10 Gui-
neen, bei größern Grundſtücken ſo und ſo viel per
acre
(engliſcher Morgen) an den Grundbeſitzer zahlt.

Er ſchaltet nun damit wie er will, baut auf wie
er Luſt hat, macht Gärten, Parkanlagen u. ſ. w.;
nach dem Verlauf der 99 Jahre aber fällt Alles, wie
es ſteht und liegt, und was niet- und nagelfeſt iſt,
der Familie des Verkäufers wieder zu, ja noch mehr,
der Pächter muß ſein Haus u. ſ. w. im beſten Stand
erhalten, und ſogar den Oehlanſtrich alle 7 Jahr er-
neuern, wozu er durch Viſitationen polizeylich ange-
halten wird. Uebrigens kann er während der ihm
zugemeſſenen Friſt auch wieder an Andere verkaufen,
aber immer nur bis zu jener feſtgeſetzten Epoche, wo
der eigentliche Herr wieder in Beſitz tritt. Alle Land-
ſtädte, Villen u. ſ. w., die man ſieht, gehören alſo,
wie geſagt, auf dieſe Weiſe Haus für Haus einzel-
nen großen Gutsbeſitzern, und obgleich die Erbpäch-
ter nach umgelaufener Friſt gewöhnlich das prekaire
Eigenthum von Neuem erſtehen, ſo müſſen ſie doch,
im Verhältniß als der Werth der Grundſtücke ſeit-
dem geſtiegen, oder ſie ſelbſt ſie verbeſſert haben, die
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Theil der Stadt London gehört unter ſolchen Ver-

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[100/0140] noch mit beſſerem Nutzen dazu kommen, und dieſe daher auch fortwährend vorziehen. Die hieſige Erb- pacht iſt aber ſehr verſchieden von der bei uns übli- chen. Es wird nämlich dem Anbauer der nöthige Platz auf 99 Jahre dergeſtalt überlaſſen, daß er, bei Häuſern pro Fuß der Front, eine gewiſſe Rente jähr- lich, von einigen Schillingen bis zu 5 und 10 Gui- neen, bei größern Grundſtücken ſo und ſo viel per acre (engliſcher Morgen) an den Grundbeſitzer zahlt. Er ſchaltet nun damit wie er will, baut auf wie er Luſt hat, macht Gärten, Parkanlagen u. ſ. w.; nach dem Verlauf der 99 Jahre aber fällt Alles, wie es ſteht und liegt, und was niet- und nagelfeſt iſt, der Familie des Verkäufers wieder zu, ja noch mehr, der Pächter muß ſein Haus u. ſ. w. im beſten Stand erhalten, und ſogar den Oehlanſtrich alle 7 Jahr er- neuern, wozu er durch Viſitationen polizeylich ange- halten wird. Uebrigens kann er während der ihm zugemeſſenen Friſt auch wieder an Andere verkaufen, aber immer nur bis zu jener feſtgeſetzten Epoche, wo der eigentliche Herr wieder in Beſitz tritt. Alle Land- ſtädte, Villen u. ſ. w., die man ſieht, gehören alſo, wie geſagt, auf dieſe Weiſe Haus für Haus einzel- nen großen Gutsbeſitzern, und obgleich die Erbpäch- ter nach umgelaufener Friſt gewöhnlich das prekaire Eigenthum von Neuem erſtehen, ſo müſſen ſie doch, im Verhältniß als der Werth der Grundſtücke ſeit- dem geſtiegen, oder ſie ſelbſt ſie verbeſſert haben, die Rente verdoppeln und verdreifachen. Selbſt der größte Theil der Stadt London gehört unter ſolchen Ver-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/140>, abgerufen am 18.04.2024.