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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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und das, wie zu einem Leichenzuge beflorte, raben-
schwarze Publikum dabei wüthend klatschen und vor
Lachen laut jubeln hört.

Eben erhalte ich Deinen Brief von B ... Nun
wahrlich, so lustig, ich möchte fast sagen, so beißend,
hast Du lange nicht geschrieben. Die B ... schen Ori-
ginale scheinen Dich ganz elektrisirt zu haben, und
obgleich ich mich darüber freuen sollte, fühle ich doch
ein wenig Eifersucht. Du wirst aber schon zu Dei-
nem
Original wieder zurückkehren. -- Wie Cäsar,
sage ich mit Zuversicht: Ich fürchte nicht die Fetten,
sondern nur die Magern, und so lange Du also,
wie Du mich versicherst, Dein hübsches enbonpoint
conservirst, bleibe ich ganz ruhig. Bei alle dem hätte
ich doch Lust, Dich ein wenig wieder zu necken, wenn
ich nicht wüßte, daß Du den Scherz par distance
nicht wohl verträgst. Um meiner Laune jedoch in
Etwas genug zu thun, sende ich Dir einen Auszug
aus meinem Journal, als Seitenstück zu Deiner frü-
hern afrikanischen Reise; denn das magere Tagebuch
lebt noch, obwohl es manchmal Monate lang keine
Nahrung bekömmt, und die wenige nicht den min-
desten haut gout enthält. Erwarte also auch weder
etwas Lustiges noch Satyrisches, sondern nur Ernst-
haftes, denn es wird Dir als Strafe auferlegt.


und das, wie zu einem Leichenzuge beflorte, raben-
ſchwarze Publikum dabei wüthend klatſchen und vor
Lachen laut jubeln hört.

Eben erhalte ich Deinen Brief von B … Nun
wahrlich, ſo luſtig, ich möchte faſt ſagen, ſo beißend,
haſt Du lange nicht geſchrieben. Die B … ſchen Ori-
ginale ſcheinen Dich ganz elektriſirt zu haben, und
obgleich ich mich darüber freuen ſollte, fühle ich doch
ein wenig Eiferſucht. Du wirſt aber ſchon zu Dei-
nem
Original wieder zurückkehren. — Wie Cäſar,
ſage ich mit Zuverſicht: Ich fürchte nicht die Fetten,
ſondern nur die Magern, und ſo lange Du alſo,
wie Du mich verſicherſt, Dein hübſches enbonpoint
conſervirſt, bleibe ich ganz ruhig. Bei alle dem hätte
ich doch Luſt, Dich ein wenig wieder zu necken, wenn
ich nicht wüßte, daß Du den Scherz par distance
nicht wohl verträgſt. Um meiner Laune jedoch in
Etwas genug zu thun, ſende ich Dir einen Auszug
aus meinem Journal, als Seitenſtück zu Deiner frü-
hern afrikaniſchen Reiſe; denn das magere Tagebuch
lebt noch, obwohl es manchmal Monate lang keine
Nahrung bekömmt, und die wenige nicht den min-
deſten haut gout enthält. Erwarte alſo auch weder
etwas Luſtiges noch Satyriſches, ſondern nur Ernſt-
haftes, denn es wird Dir als Strafe auferlegt.


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[315/0361] und das, wie zu einem Leichenzuge beflorte, raben- ſchwarze Publikum dabei wüthend klatſchen und vor Lachen laut jubeln hört. Eben erhalte ich Deinen Brief von B … Nun wahrlich, ſo luſtig, ich möchte faſt ſagen, ſo beißend, haſt Du lange nicht geſchrieben. Die B … ſchen Ori- ginale ſcheinen Dich ganz elektriſirt zu haben, und obgleich ich mich darüber freuen ſollte, fühle ich doch ein wenig Eiferſucht. Du wirſt aber ſchon zu Dei- nem Original wieder zurückkehren. — Wie Cäſar, ſage ich mit Zuverſicht: Ich fürchte nicht die Fetten, ſondern nur die Magern, und ſo lange Du alſo, wie Du mich verſicherſt, Dein hübſches enbonpoint conſervirſt, bleibe ich ganz ruhig. Bei alle dem hätte ich doch Luſt, Dich ein wenig wieder zu necken, wenn ich nicht wüßte, daß Du den Scherz par distance nicht wohl verträgſt. Um meiner Laune jedoch in Etwas genug zu thun, ſende ich Dir einen Auszug aus meinem Journal, als Seitenſtück zu Deiner frü- hern afrikaniſchen Reiſe; denn das magere Tagebuch lebt noch, obwohl es manchmal Monate lang keine Nahrung bekömmt, und die wenige nicht den min- deſten haut gout enthält. Erwarte alſo auch weder etwas Luſtiges noch Satyriſches, ſondern nur Ernſt- haftes, denn es wird Dir als Strafe auferlegt.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/361>, abgerufen am 24.04.2024.