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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Ich hatte mich im Ganzen der Toiletten wie des
Aussehens meiner Damen gar nicht zu schämen, aber
sie und alle wurden verdunkelt durch die junge Miß
F., die beauty von Brighton, und wirklich eins der
schönsten Mädchen, die es giebt, eine kleine Sylphide,
die ihren wundervollen Fuß und ihre Grazie aus
einem andern Lande eingeschwärzt haben muß. Sie
ist dabei erst 16 Jahr alt, und so wild und beweg-
lich als Quecksilber, unermüdlich im Tanzen, wie
in Possen. Ich war so glücklich, mich heute sehr bei
ihr durch ein unerwartetes Geschenk zu insinuiren.
Dieses bestand in einem Cornet besonders gut fabri-
zirter Knallbombons, mit deren Austheilung sie sich
schon auf frühern Bällen unendlich amüsirt hatte,
wegen welcher von ihr verübten Excesse aber, selbige
auch streng von den Mamas verpönt worden, und
nicht mehr, wie sonst gewöhnlich, beim Soupe zu
haben waren. Ich hatte mich daher weislich schon
vorher damit beim Conditor versehen, überreichte sie
nun sehr unerwartet, und bezweifle, daß mir Aerm-
sten eine geschenkte Million noch so viel Vergnügen
machen könnte, als ich hier durch das Unbedeutendste
erregte. Die Kleine jubelte, und errichtete sogleich
ihre Batterien, welche desto bessern Erfolg hatten,
da sich der Feind ganz sicher glaubte. Bei jeder Ex-
plosion wollte sie sich fast todt lachen, und so oft
ich ihr beute nahe kam, lächelte sie mich aus ihren
Feueraugen immer so bold und freundlich, wie ein
kleiner Engel, an. Das arme Kind! diese vollkom-
mene Unschuld, dieser Ausdruck des höchsten Glücks

Ich hatte mich im Ganzen der Toiletten wie des
Ausſehens meiner Damen gar nicht zu ſchämen, aber
ſie und alle wurden verdunkelt durch die junge Miß
F., die beauty von Brighton, und wirklich eins der
ſchönſten Mädchen, die es giebt, eine kleine Sylphide,
die ihren wundervollen Fuß und ihre Grazie aus
einem andern Lande eingeſchwärzt haben muß. Sie
iſt dabei erſt 16 Jahr alt, und ſo wild und beweg-
lich als Queckſilber, unermüdlich im Tanzen, wie
in Poſſen. Ich war ſo glücklich, mich heute ſehr bei
ihr durch ein unerwartetes Geſchenk zu inſinuiren.
Dieſes beſtand in einem Cornet beſonders gut fabri-
zirter Knallbombons, mit deren Austheilung ſie ſich
ſchon auf frühern Bällen unendlich amüſirt hatte,
wegen welcher von ihr verübten Exceſſe aber, ſelbige
auch ſtreng von den Mamas verpönt worden, und
nicht mehr, wie ſonſt gewöhnlich, beim Soupé zu
haben waren. Ich hatte mich daher weislich ſchon
vorher damit beim Conditor verſehen, überreichte ſie
nun ſehr unerwartet, und bezweifle, daß mir Aerm-
ſten eine geſchenkte Million noch ſo viel Vergnügen
machen könnte, als ich hier durch das Unbedeutendſte
erregte. Die Kleine jubelte, und errichtete ſogleich
ihre Batterien, welche deſto beſſern Erfolg hatten,
da ſich der Feind ganz ſicher glaubte. Bei jeder Ex-
ploſion wollte ſie ſich faſt todt lachen, und ſo oft
ich ihr beute nahe kam, lächelte ſie mich aus ihren
Feueraugen immer ſo bold und freundlich, wie ein
kleiner Engel, an. Das arme Kind! dieſe vollkom-
mene Unſchuld, dieſer Ausdruck des höchſten Glücks

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[386/0432] Ich hatte mich im Ganzen der Toiletten wie des Ausſehens meiner Damen gar nicht zu ſchämen, aber ſie und alle wurden verdunkelt durch die junge Miß F., die beauty von Brighton, und wirklich eins der ſchönſten Mädchen, die es giebt, eine kleine Sylphide, die ihren wundervollen Fuß und ihre Grazie aus einem andern Lande eingeſchwärzt haben muß. Sie iſt dabei erſt 16 Jahr alt, und ſo wild und beweg- lich als Queckſilber, unermüdlich im Tanzen, wie in Poſſen. Ich war ſo glücklich, mich heute ſehr bei ihr durch ein unerwartetes Geſchenk zu inſinuiren. Dieſes beſtand in einem Cornet beſonders gut fabri- zirter Knallbombons, mit deren Austheilung ſie ſich ſchon auf frühern Bällen unendlich amüſirt hatte, wegen welcher von ihr verübten Exceſſe aber, ſelbige auch ſtreng von den Mamas verpönt worden, und nicht mehr, wie ſonſt gewöhnlich, beim Soupé zu haben waren. Ich hatte mich daher weislich ſchon vorher damit beim Conditor verſehen, überreichte ſie nun ſehr unerwartet, und bezweifle, daß mir Aerm- ſten eine geſchenkte Million noch ſo viel Vergnügen machen könnte, als ich hier durch das Unbedeutendſte erregte. Die Kleine jubelte, und errichtete ſogleich ihre Batterien, welche deſto beſſern Erfolg hatten, da ſich der Feind ganz ſicher glaubte. Bei jeder Ex- ploſion wollte ſie ſich faſt todt lachen, und ſo oft ich ihr beute nahe kam, lächelte ſie mich aus ihren Feueraugen immer ſo bold und freundlich, wie ein kleiner Engel, an. Das arme Kind! dieſe vollkom- mene Unſchuld, dieſer Ausdruck des höchſten Glücks

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/432>, abgerufen am 28.03.2024.