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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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ter ohne Blüthe aufwies, aber 60 Guineen gekostet
hatte, und bis jetzt noch kein andres deutsches Pflan-
zenhaus zierte. Dagegen machte mir ein rother
Cactus grandiflorus, der wundervoll reich blühte, und
eine Menge andere ausgezeichnete Prunkpflanzen viel
Freude; mit aller Ehrfurcht besah ich das Prachtstück
eines großen Brod-Fruchtbaumes, und fand es artig,
auf dem Cactus, den die Cochenille bewohnt, mir
mit einigen dieser Thierchen sofort die Finger car-
minroth zu färben. Die ganze Masse der Pflanzen
übersteigt 60,000 verschiedene Arten. Auch die Oran-
gerie ist prächtig, und ein Veteran von anderthalb
Ellen Umfang darunter, der bereits 550 nordische
Sommer glücklich ausgehalten.

Den Abend brachte ich bei Herrn v. G ... zu, einem
geistreichen Manne, und alten Freund der Madame
Schoppenhauer, die auch für mich eine freundliche
Gönnerin ist. Frau v. G ... e kam später, unsere
Gesellschaft auf sehr angenehme Weise zu vermehren.
Sie ist eine muntere, originelle und geistreiche Frau,
auf welche der dem Schwiegervater mit so viel Recht
gestreute Weihrauch billig nicht ohne allen Einfluß
geblieben ist. Sie zeigte sich sehr erfreut, vom eng-
lischen Verfasser des Granby, welcher in Weimar
deutsch studirt hat, so eben ein erstes Exemplar seines
Romans überschickt erhalten zu haben. Ich fand die
Opfergabe nicht sehr bedeutend, und wünschte ihr, daß
der Verfasser interessanter gewesen seyn möge, als
sein Werk. Ich sagte dies vielleicht aus debit, denn
man schmeichelt hier, wie überall auf dem Continent,

ter ohne Blüthe aufwies, aber 60 Guineen gekoſtet
hatte, und bis jetzt noch kein andres deutſches Pflan-
zenhaus zierte. Dagegen machte mir ein rother
Cactus grandiflorus, der wundervoll reich blühte, und
eine Menge andere ausgezeichnete Prunkpflanzen viel
Freude; mit aller Ehrfurcht beſah ich das Prachtſtück
eines großen Brod-Fruchtbaumes, und fand es artig,
auf dem Cactus, den die Cochenille bewohnt, mir
mit einigen dieſer Thierchen ſofort die Finger car-
minroth zu färben. Die ganze Maſſe der Pflanzen
überſteigt 60,000 verſchiedene Arten. Auch die Oran-
gerie iſt prächtig, und ein Veteran von anderthalb
Ellen Umfang darunter, der bereits 550 nordiſche
Sommer glücklich ausgehalten.

Den Abend brachte ich bei Herrn v. G … zu, einem
geiſtreichen Manne, und alten Freund der Madame
Schoppenhauer, die auch für mich eine freundliche
Gönnerin iſt. Frau v. G … e kam ſpäter, unſere
Geſellſchaft auf ſehr angenehme Weiſe zu vermehren.
Sie iſt eine muntere, originelle und geiſtreiche Frau,
auf welche der dem Schwiegervater mit ſo viel Recht
geſtreute Weihrauch billig nicht ohne allen Einfluß
geblieben iſt. Sie zeigte ſich ſehr erfreut, vom eng-
liſchen Verfaſſer des Granby, welcher in Weimar
deutſch ſtudirt hat, ſo eben ein erſtes Exemplar ſeines
Romans überſchickt erhalten zu haben. Ich fand die
Opfergabe nicht ſehr bedeutend, und wünſchte ihr, daß
der Verfaſſer intereſſanter geweſen ſeyn möge, als
ſein Werk. Ich ſagte dies vielleicht aus debit, denn
man ſchmeichelt hier, wie überall auf dem Continent,

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[20/0060] ter ohne Blüthe aufwies, aber 60 Guineen gekoſtet hatte, und bis jetzt noch kein andres deutſches Pflan- zenhaus zierte. Dagegen machte mir ein rother Cactus grandiflorus, der wundervoll reich blühte, und eine Menge andere ausgezeichnete Prunkpflanzen viel Freude; mit aller Ehrfurcht beſah ich das Prachtſtück eines großen Brod-Fruchtbaumes, und fand es artig, auf dem Cactus, den die Cochenille bewohnt, mir mit einigen dieſer Thierchen ſofort die Finger car- minroth zu färben. Die ganze Maſſe der Pflanzen überſteigt 60,000 verſchiedene Arten. Auch die Oran- gerie iſt prächtig, und ein Veteran von anderthalb Ellen Umfang darunter, der bereits 550 nordiſche Sommer glücklich ausgehalten. Den Abend brachte ich bei Herrn v. G … zu, einem geiſtreichen Manne, und alten Freund der Madame Schoppenhauer, die auch für mich eine freundliche Gönnerin iſt. Frau v. G … e kam ſpäter, unſere Geſellſchaft auf ſehr angenehme Weiſe zu vermehren. Sie iſt eine muntere, originelle und geiſtreiche Frau, auf welche der dem Schwiegervater mit ſo viel Recht geſtreute Weihrauch billig nicht ohne allen Einfluß geblieben iſt. Sie zeigte ſich ſehr erfreut, vom eng- liſchen Verfaſſer des Granby, welcher in Weimar deutſch ſtudirt hat, ſo eben ein erſtes Exemplar ſeines Romans überſchickt erhalten zu haben. Ich fand die Opfergabe nicht ſehr bedeutend, und wünſchte ihr, daß der Verfaſſer intereſſanter geweſen ſeyn möge, als ſein Werk. Ich ſagte dies vielleicht aus debit, denn man ſchmeichelt hier, wie überall auf dem Continent,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/60>, abgerufen am 29.03.2024.