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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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umher, damit sie ja den Nebenstrauch nicht berühren
können, reinigt täglich die Erde darum sorgfältig und
führt die Rasenkanten in steifen Linien, so daß man
mehr schwarzen Boden als grünes Laub sieht, und
die freie Schönheit der Naturformen ganz verdrängt
wird.

Nur Herr Nash geht bei seinen Anlagen von einem
ganz andern Princip aus, und die neuen Gärten
des Königs bei Ruckinghamhouse sind wahre Mu-
ster für den Pflanzer in dieser Hinsicht.

Was den Gärtner in England am meisten begün-
stigt, ist das milde Klima. Der Kirsch- und portu-
giesische Lorbeer, Azalien, Rhododendron erfrieren
nie, und geben Winter und Sommer den herrlichsten,
üppig wachsenden Unterbusch, reiche Blüthen und
Beeren.

Magnolien werden selten bedeckt, und selbst Ca-
melien überwintern an geschützten Stellen unter ei-
ner bloßen Bastdecke. Auch der Rasen behält den
ganzen Winter hindurch seine schöne Frische, ja er
ist in dieser Jahreszeit in der Regel weit schöner und
dichter als im Sommer, wo ich mich erinnere, ihn
bei dürrem Wetter oft noch schlechter als in der Mark
gesehen zu haben, jetzt im Herbst ist aber die ganze
Vegetation grade in ihrer üppigsten Pracht.

Eine schöne Wirkung macht in Chiswick ein ein-
zelner hoher Baum vor dem Hause, dessen Stamm
man bis an die Krone glatt aufgeputzt hat, und un-

umher, damit ſie ja den Nebenſtrauch nicht berühren
können, reinigt täglich die Erde darum ſorgfältig und
führt die Raſenkanten in ſteifen Linien, ſo daß man
mehr ſchwarzen Boden als grünes Laub ſieht, und
die freie Schönheit der Naturformen ganz verdrängt
wird.

Nur Herr Naſh geht bei ſeinen Anlagen von einem
ganz andern Princip aus, und die neuen Gärten
des Königs bei Ruckinghamhouſe ſind wahre Mu-
ſter für den Pflanzer in dieſer Hinſicht.

Was den Gärtner in England am meiſten begün-
ſtigt, iſt das milde Klima. Der Kirſch- und portu-
gieſiſche Lorbeer, Azalien, Rhododendron erfrieren
nie, und geben Winter und Sommer den herrlichſten,
üppig wachſenden Unterbuſch, reiche Blüthen und
Beeren.

Magnolien werden ſelten bedeckt, und ſelbſt Ca-
melien überwintern an geſchützten Stellen unter ei-
ner bloßen Baſtdecke. Auch der Raſen behält den
ganzen Winter hindurch ſeine ſchöne Friſche, ja er
iſt in dieſer Jahreszeit in der Regel weit ſchöner und
dichter als im Sommer, wo ich mich erinnere, ihn
bei dürrem Wetter oft noch ſchlechter als in der Mark
geſehen zu haben, jetzt im Herbſt iſt aber die ganze
Vegetation grade in ihrer üppigſten Pracht.

Eine ſchöne Wirkung macht in Chiswick ein ein-
zelner hoher Baum vor dem Hauſe, deſſen Stamm
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[54/0094] umher, damit ſie ja den Nebenſtrauch nicht berühren können, reinigt täglich die Erde darum ſorgfältig und führt die Raſenkanten in ſteifen Linien, ſo daß man mehr ſchwarzen Boden als grünes Laub ſieht, und die freie Schönheit der Naturformen ganz verdrängt wird. Nur Herr Naſh geht bei ſeinen Anlagen von einem ganz andern Princip aus, und die neuen Gärten des Königs bei Ruckinghamhouſe ſind wahre Mu- ſter für den Pflanzer in dieſer Hinſicht. Was den Gärtner in England am meiſten begün- ſtigt, iſt das milde Klima. Der Kirſch- und portu- gieſiſche Lorbeer, Azalien, Rhododendron erfrieren nie, und geben Winter und Sommer den herrlichſten, üppig wachſenden Unterbuſch, reiche Blüthen und Beeren. Magnolien werden ſelten bedeckt, und ſelbſt Ca- melien überwintern an geſchützten Stellen unter ei- ner bloßen Baſtdecke. Auch der Raſen behält den ganzen Winter hindurch ſeine ſchöne Friſche, ja er iſt in dieſer Jahreszeit in der Regel weit ſchöner und dichter als im Sommer, wo ich mich erinnere, ihn bei dürrem Wetter oft noch ſchlechter als in der Mark geſehen zu haben, jetzt im Herbſt iſt aber die ganze Vegetation grade in ihrer üppigſten Pracht. Eine ſchöne Wirkung macht in Chiswick ein ein- zelner hoher Baum vor dem Hauſe, deſſen Stamm man bis an die Krone glatt aufgeputzt hat, und un-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/94>, abgerufen am 29.03.2024.