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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Das gestrige Fest bei'm Fürsten E. übergehe ich,
um Dir von der heutigen Pantomime zu erzählen,
die Don Miguel ebenfalls mit seiner Gegenwart be-
ehrte. Es ging ihm dabei noch schlimmer, wie dem
seligen Churfürsten von Hessen in Berlin, der bei
dem Eröffnungs-Chor der Oper, welches die Ama-
zonen-Königin leben ließ, aufstand, um sich zu be-
danken.

Das hiesige Volk nämlich, dem Don Miguel als
ein tyrannischer Ultra geschildert worden war, und
das nun in dem gefürchteten Ungeheuer einen ganz
artigen und hübschen jungen Mann sieht, ist vom
Abscheu zur Liebe übergegangen, und empfängt überall
den Prinzen mit Enthusiasmus. So auch heute im
Theater. Don Miguel stand sogleich mit seiner por-
tugiesischen und englischen Suite auf, und dankte
verbindlichst. Kurz darauf rollte der Vorhang em-
por, und ein neues unbändiges Klatschen zollte der
schönen Dekoration Beifall. Abermals erhob sich Don
Miguel, und dankte verbindlichst. Verwundert und
überrascht rief dennoch gutmüthig das Publikum, den
Irrthum übersehend, von neuem Vivat. Nun aber
erschien der Lieblingspossenreißer auf dem Theater,
und zwar als großer Orang-Outang mit Mazuriers
Gelenkigkeit. Stärker als je ertönte der Enthusias-
mus des Beifalls, und abermals erhob sich Don Mi-
guel, und dankte verbindlichst. Diesmal aber wurde


Das geſtrige Feſt bei’m Fürſten E. übergehe ich,
um Dir von der heutigen Pantomime zu erzählen,
die Don Miguel ebenfalls mit ſeiner Gegenwart be-
ehrte. Es ging ihm dabei noch ſchlimmer, wie dem
ſeligen Churfürſten von Heſſen in Berlin, der bei
dem Eröffnungs-Chor der Oper, welches die Ama-
zonen-Königin leben ließ, aufſtand, um ſich zu be-
danken.

Das hieſige Volk nämlich, dem Don Miguel als
ein tyranniſcher Ultra geſchildert worden war, und
das nun in dem gefürchteten Ungeheuer einen ganz
artigen und hübſchen jungen Mann ſieht, iſt vom
Abſcheu zur Liebe übergegangen, und empfängt überall
den Prinzen mit Enthuſiasmus. So auch heute im
Theater. Don Miguel ſtand ſogleich mit ſeiner por-
tugieſiſchen und engliſchen Suite auf, und dankte
verbindlichſt. Kurz darauf rollte der Vorhang em-
por, und ein neues unbändiges Klatſchen zollte der
ſchönen Dekoration Beifall. Abermals erhob ſich Don
Miguel, und dankte verbindlichſt. Verwundert und
überraſcht rief dennoch gutmüthig das Publikum, den
Irrthum überſehend, von neuem Vivat. Nun aber
erſchien der Lieblingspoſſenreißer auf dem Theater,
und zwar als großer Orang-Outang mit Mazuriers
Gelenkigkeit. Stärker als je ertönte der Enthuſias-
mus des Beifalls, und abermals erhob ſich Don Mi-
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[294/0312] Den 3ten. Das geſtrige Feſt bei’m Fürſten E. übergehe ich, um Dir von der heutigen Pantomime zu erzählen, die Don Miguel ebenfalls mit ſeiner Gegenwart be- ehrte. Es ging ihm dabei noch ſchlimmer, wie dem ſeligen Churfürſten von Heſſen in Berlin, der bei dem Eröffnungs-Chor der Oper, welches die Ama- zonen-Königin leben ließ, aufſtand, um ſich zu be- danken. Das hieſige Volk nämlich, dem Don Miguel als ein tyranniſcher Ultra geſchildert worden war, und das nun in dem gefürchteten Ungeheuer einen ganz artigen und hübſchen jungen Mann ſieht, iſt vom Abſcheu zur Liebe übergegangen, und empfängt überall den Prinzen mit Enthuſiasmus. So auch heute im Theater. Don Miguel ſtand ſogleich mit ſeiner por- tugieſiſchen und engliſchen Suite auf, und dankte verbindlichſt. Kurz darauf rollte der Vorhang em- por, und ein neues unbändiges Klatſchen zollte der ſchönen Dekoration Beifall. Abermals erhob ſich Don Miguel, und dankte verbindlichſt. Verwundert und überraſcht rief dennoch gutmüthig das Publikum, den Irrthum überſehend, von neuem Vivat. Nun aber erſchien der Lieblingspoſſenreißer auf dem Theater, und zwar als großer Orang-Outang mit Mazuriers Gelenkigkeit. Stärker als je ertönte der Enthuſias- mus des Beifalls, und abermals erhob ſich Don Mi- guel, und dankte verbindlichſt. Diesmal aber wurde

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/312>, abgerufen am 18.04.2024.