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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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acht Jahren, der ganz allein in einem kleinen Kinder-
wagen, mit einem großen Hunde bespannt, im vollen
Trabe neben den letzten Diligencen und Equipagen
furchtlos vorbeifuhr. Dergleichen findet man gewiß
nur in England, wo Kinder schon im achten Jahre
selbstständig, und im zwölften gehangen werden.

Doch guten Morgen, liebe Julie, es ist Zeit, das
Bett zu suchen.



Die Hitze bleibt noch immer drückend, der Boden
wird ganz zu Asche, und wenn nicht in den macada-
misirten Straßen überall fortwährend, mit großen,
sich immer abwechselnden, Wagen gegossen würde, so
wäre es gewiß vor Staub in der Stadt nicht aus-
zuhalten. So aber bleibt Fahren und Reiten immer
angenehm, und obgleich die elegante Zeit vorbei ist,
auch Shopping noch sehr unterhaltend. Es ist eine
der größten Versuchungen hierbei, mehr zu kaufen
als man braucht, und da ich grade jetzt wenig Geld
habe, so helfe ich mir bei Dingen, die ich sonst wohl
für Dich und mich zu acquiriren wünschte, mit der
Phantasie, wie jener vortreffliche persische Geizhals,
von dem uns Malcolm Folgendes erzählt:

Ein Harpagon in Ispahan, der lange Zeit mit sei-
nem jungen Sohne nur von trocknem Brod und
Wasser gelebt hatte, wurde eines Tages doch durch die zu

acht Jahren, der ganz allein in einem kleinen Kinder-
wagen, mit einem großen Hunde beſpannt, im vollen
Trabe neben den letzten Diligencen und Equipagen
furchtlos vorbeifuhr. Dergleichen findet man gewiß
nur in England, wo Kinder ſchon im achten Jahre
ſelbſtſtändig, und im zwölften gehangen werden.

Doch guten Morgen, liebe Julie, es iſt Zeit, das
Bett zu ſuchen.



Die Hitze bleibt noch immer drückend, der Boden
wird ganz zu Aſche, und wenn nicht in den macada-
miſirten Straßen überall fortwährend, mit großen,
ſich immer abwechſelnden, Wagen gegoſſen würde, ſo
wäre es gewiß vor Staub in der Stadt nicht aus-
zuhalten. So aber bleibt Fahren und Reiten immer
angenehm, und obgleich die elegante Zeit vorbei iſt,
auch Shopping noch ſehr unterhaltend. Es iſt eine
der größten Verſuchungen hierbei, mehr zu kaufen
als man braucht, und da ich grade jetzt wenig Geld
habe, ſo helfe ich mir bei Dingen, die ich ſonſt wohl
für Dich und mich zu acquiriren wünſchte, mit der
Phantaſie, wie jener vortreffliche perſiſche Geizhals,
von dem uns Malcolm Folgendes erzählt:

Ein Harpagon in Ispahan, der lange Zeit mit ſei-
nem jungen Sohne nur von trocknem Brod und
Waſſer gelebt hatte, wurde eines Tages doch durch die zu

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[120/0136] acht Jahren, der ganz allein in einem kleinen Kinder- wagen, mit einem großen Hunde beſpannt, im vollen Trabe neben den letzten Diligencen und Equipagen furchtlos vorbeifuhr. Dergleichen findet man gewiß nur in England, wo Kinder ſchon im achten Jahre ſelbſtſtändig, und im zwölften gehangen werden. Doch guten Morgen, liebe Julie, es iſt Zeit, das Bett zu ſuchen. Den 1ſten Auguſt. Die Hitze bleibt noch immer drückend, der Boden wird ganz zu Aſche, und wenn nicht in den macada- miſirten Straßen überall fortwährend, mit großen, ſich immer abwechſelnden, Wagen gegoſſen würde, ſo wäre es gewiß vor Staub in der Stadt nicht aus- zuhalten. So aber bleibt Fahren und Reiten immer angenehm, und obgleich die elegante Zeit vorbei iſt, auch Shopping noch ſehr unterhaltend. Es iſt eine der größten Verſuchungen hierbei, mehr zu kaufen als man braucht, und da ich grade jetzt wenig Geld habe, ſo helfe ich mir bei Dingen, die ich ſonſt wohl für Dich und mich zu acquiriren wünſchte, mit der Phantaſie, wie jener vortreffliche perſiſche Geizhals, von dem uns Malcolm Folgendes erzählt: Ein Harpagon in Ispahan, der lange Zeit mit ſei- nem jungen Sohne nur von trocknem Brod und Waſſer gelebt hatte, wurde eines Tages doch durch die zu

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/136>, abgerufen am 29.03.2024.