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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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eine Kleinigkeit, so unbedeutend als das in die Hö-
hewerfen eines Pfennings, ankömmt, ob ein Mensch
zu Ehren und Reichthum sich emporschwingen, oder
bis zu seinem Tode in Elend und Noth vergehen
soll."



Täglich besehe ich mir die Arbeiten in den soge-
nannten Parks von St. James und Greenpark die,
früher bloße Viehweiden waren, und nun nach den
Plänen des Herrn Nash in reizende Gärten und
Wasserparthien umgeschaffen werden. Ich lerne hier
viel Technisches, und bewundere die zweckmäßige
Vertheilung und Folge der Arbeit, die ingenieusen
Transportmittel, die beweglichen Eisenbahnen u. s. w.

Charakteristisch ist es, daß während die Gesetze,
welche das Eigenthum schützen, so streng sind, daß
ein Mensch, der über die Mauer steigt, um in einen
Privatgarten zu gelangen, riskirt gehangen zu wer-
den, und jedenfalls grausam bestraft wird, auch der
Besitzer, wenn es des Nachts geschieht, ihn ohne
Umstände todtschießen darf -- man auf der andern
Seite mit dem Publikum, wo es nur einen Schein
von Anspruch hat, so subtil umgehen muß, wie mit
einem rohen Ey. In den beiden genannten Parks,
die königliches Eigenthum sind, aber seit ewigen Zei-
ten dem Publikum Sonntags offen gegeben wurden,
wagt man jetzt, ohngeachtet der Umwälzungen und
Arbeiten, die der König (freilich wohl auf Kosten

eine Kleinigkeit, ſo unbedeutend als das in die Hö-
hewerfen eines Pfennings, ankömmt, ob ein Menſch
zu Ehren und Reichthum ſich emporſchwingen, oder
bis zu ſeinem Tode in Elend und Noth vergehen
ſoll.“



Täglich beſehe ich mir die Arbeiten in den ſoge-
nannten Parks von St. James und Greenpark die,
früher bloße Viehweiden waren, und nun nach den
Plänen des Herrn Naſh in reizende Gärten und
Waſſerparthien umgeſchaffen werden. Ich lerne hier
viel Techniſches, und bewundere die zweckmäßige
Vertheilung und Folge der Arbeit, die ingenieuſen
Transportmittel, die beweglichen Eiſenbahnen u. ſ. w.

Charakteriſtiſch iſt es, daß während die Geſetze,
welche das Eigenthum ſchützen, ſo ſtreng ſind, daß
ein Menſch, der über die Mauer ſteigt, um in einen
Privatgarten zu gelangen, riskirt gehangen zu wer-
den, und jedenfalls grauſam beſtraft wird, auch der
Beſitzer, wenn es des Nachts geſchieht, ihn ohne
Umſtände todtſchießen darf — man auf der andern
Seite mit dem Publikum, wo es nur einen Schein
von Anſpruch hat, ſo ſubtil umgehen muß, wie mit
einem rohen Ey. In den beiden genannten Parks,
die königliches Eigenthum ſind, aber ſeit ewigen Zei-
ten dem Publikum Sonntags offen gegeben wurden,
wagt man jetzt, ohngeachtet der Umwälzungen und
Arbeiten, die der König (freilich wohl auf Koſten

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[132/0148] eine Kleinigkeit, ſo unbedeutend als das in die Hö- hewerfen eines Pfennings, ankömmt, ob ein Menſch zu Ehren und Reichthum ſich emporſchwingen, oder bis zu ſeinem Tode in Elend und Noth vergehen ſoll.“ Den 15ten. Täglich beſehe ich mir die Arbeiten in den ſoge- nannten Parks von St. James und Greenpark die, früher bloße Viehweiden waren, und nun nach den Plänen des Herrn Naſh in reizende Gärten und Waſſerparthien umgeſchaffen werden. Ich lerne hier viel Techniſches, und bewundere die zweckmäßige Vertheilung und Folge der Arbeit, die ingenieuſen Transportmittel, die beweglichen Eiſenbahnen u. ſ. w. Charakteriſtiſch iſt es, daß während die Geſetze, welche das Eigenthum ſchützen, ſo ſtreng ſind, daß ein Menſch, der über die Mauer ſteigt, um in einen Privatgarten zu gelangen, riskirt gehangen zu wer- den, und jedenfalls grauſam beſtraft wird, auch der Beſitzer, wenn es des Nachts geſchieht, ihn ohne Umſtände todtſchießen darf — man auf der andern Seite mit dem Publikum, wo es nur einen Schein von Anſpruch hat, ſo ſubtil umgehen muß, wie mit einem rohen Ey. In den beiden genannten Parks, die königliches Eigenthum ſind, aber ſeit ewigen Zei- ten dem Publikum Sonntags offen gegeben wurden, wagt man jetzt, ohngeachtet der Umwälzungen und Arbeiten, die der König (freilich wohl auf Koſten

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/148>, abgerufen am 29.03.2024.