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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Nässe widerstehen, und es belustigte mich, die Adresse
des Verfertigers derselben hier bei den Fischen, "auf
des Stromes tiefunterstem Grunde" in mein Porte-
feuille zu schreiben.

Nachdem ich glücklich dem Wasser widerstanden,
hätte mir am Abend bald das Feuer einen üblen
Streich gespielt. Ein herabgebranntes Bougeoir zün-
dete, als ich auf einen Augenblick in eine andere
Stube gegangen war, die Papiere meines Schreibti-
sches an, und ehe ich löschen konnte, wurden viele
mir sehr interessante Sachen vernichtet. Brief-Copien,
Kupfer und Zeichnungen, ein angefangener Roman
(wie Schade!) eine Unzahl gesammelter Adressen, ein
Theil meines Tagebuchs -- Alles wurde ein Raub
der Flammen. Lächeln mußte ich als ich sah, daß
die Quittungen unberührt geblieben, die unbezahlten
Rechnungen aber alle bis auf die letzte Spur consu-
mirt waren. Das nenne ich ein verbindliches Feuer!
Der große Pack Deiner Briefe ist nur rundum ange-
brannt, so daß sie jetzt wie auf Trauerpapier geschrie-
ben, aussehen. Auch ganz richtig -- denn Briefe
unter Lieben trauern immer, daß man sie überhaupt
zu schreiben genöthigt ist. Den Dir bekannten Wie-
ner Courier mit 100,000 Glück, der zum Neger ge-
worden, aber glücklich das Leben gerettet und sein
Kleeblatt conservirt hat, sende ich als Zeugen und
Boten des Brandes jetzt wieder zurück.


Näſſe widerſtehen, und es beluſtigte mich, die Adreſſe
des Verfertigers derſelben hier bei den Fiſchen, „auf
des Stromes tiefunterſtem Grunde“ in mein Porte-
feuille zu ſchreiben.

Nachdem ich glücklich dem Waſſer widerſtanden,
hätte mir am Abend bald das Feuer einen üblen
Streich geſpielt. Ein herabgebranntes Bougeoir zün-
dete, als ich auf einen Augenblick in eine andere
Stube gegangen war, die Papiere meines Schreibti-
ſches an, und ehe ich löſchen konnte, wurden viele
mir ſehr intereſſante Sachen vernichtet. Brief-Copien,
Kupfer und Zeichnungen, ein angefangener Roman
(wie Schade!) eine Unzahl geſammelter Adreſſen, ein
Theil meines Tagebuchs — Alles wurde ein Raub
der Flammen. Lächeln mußte ich als ich ſah, daß
die Quittungen unberührt geblieben, die unbezahlten
Rechnungen aber alle bis auf die letzte Spur conſu-
mirt waren. Das nenne ich ein verbindliches Feuer!
Der große Pack Deiner Briefe iſt nur rundum ange-
brannt, ſo daß ſie jetzt wie auf Trauerpapier geſchrie-
ben, ausſehen. Auch ganz richtig — denn Briefe
unter Lieben trauern immer, daß man ſie überhaupt
zu ſchreiben genöthigt iſt. Den Dir bekannten Wie-
ner Courier mit 100,000 Glück, der zum Neger ge-
worden, aber glücklich das Leben gerettet und ſein
Kleeblatt conſervirt hat, ſende ich als Zeugen und
Boten des Brandes jetzt wieder zurück.


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[137/0153] Näſſe widerſtehen, und es beluſtigte mich, die Adreſſe des Verfertigers derſelben hier bei den Fiſchen, „auf des Stromes tiefunterſtem Grunde“ in mein Porte- feuille zu ſchreiben. Nachdem ich glücklich dem Waſſer widerſtanden, hätte mir am Abend bald das Feuer einen üblen Streich geſpielt. Ein herabgebranntes Bougeoir zün- dete, als ich auf einen Augenblick in eine andere Stube gegangen war, die Papiere meines Schreibti- ſches an, und ehe ich löſchen konnte, wurden viele mir ſehr intereſſante Sachen vernichtet. Brief-Copien, Kupfer und Zeichnungen, ein angefangener Roman (wie Schade!) eine Unzahl geſammelter Adreſſen, ein Theil meines Tagebuchs — Alles wurde ein Raub der Flammen. Lächeln mußte ich als ich ſah, daß die Quittungen unberührt geblieben, die unbezahlten Rechnungen aber alle bis auf die letzte Spur conſu- mirt waren. Das nenne ich ein verbindliches Feuer! Der große Pack Deiner Briefe iſt nur rundum ange- brannt, ſo daß ſie jetzt wie auf Trauerpapier geſchrie- ben, ausſehen. Auch ganz richtig — denn Briefe unter Lieben trauern immer, daß man ſie überhaupt zu ſchreiben genöthigt iſt. Den Dir bekannten Wie- ner Courier mit 100,000 Glück, der zum Neger ge- worden, aber glücklich das Leben gerettet und ſein Kleeblatt conſervirt hat, ſende ich als Zeugen und Boten des Brandes jetzt wieder zurück.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/153>, abgerufen am 29.03.2024.