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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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land beschließt das Kleeblatt. Dies war ein sehr
hübscher Mann, der sich in die europäischen Sitten
so gut fand, daß er von den Engländern wie ein
wahrer Lovelace geschildert wird. Zu Hause ange-
kommen, soll er sich überdem keineswegs discret ge-
zeigt, sondern manche vornehme englische Dame von
dort her sehr boshaft compromittirt haben.

Einige angezogene Puppen in demselben Local ga-
ben uns eine treue Idee des schönen Geschlechts in
Persien, mit langen, roth oder blau gefärbten Haa-
ren, gewölbten und gemalten Augenbraunen, schmach-
tend feurigen, großen Augen, allerliebsten Gaze-Pan-
talons und Goldringen um die Fußknöchel.

Lady O. erzählte uns dazu viele interessante Ha-
rem-Details, die ich Dir mündlich mittheilen werde,
denn ich muß doch Einiges auch dafür aufbewahren.

Manches scheint in Persien ganz angenehm, man-
ches nichts weniger, so unter andern die Scorpione
und Insekten. Einmal kroch Lady O., während sie
auf dem Divan lag, eine Schlange am Nacken her-
unter in die Kleider, die sie nur durch schnelle Ent-
fernung der ganzen Toilette loswerden konnte.

So etwas geschieht uns doch nicht leicht in unsrer
climatischen Mitteltemperatur. Sie sey daher geprie-
sen, und alle Zufriedene darin, zu denen ich herzlich
wünsche uns Beide immer zählen zu dürfen.

Dein L.

land beſchließt das Kleeblatt. Dies war ein ſehr
hübſcher Mann, der ſich in die europäiſchen Sitten
ſo gut fand, daß er von den Engländern wie ein
wahrer Lovelace geſchildert wird. Zu Hauſe ange-
kommen, ſoll er ſich überdem keineswegs discret ge-
zeigt, ſondern manche vornehme engliſche Dame von
dort her ſehr boshaft compromittirt haben.

Einige angezogene Puppen in demſelben Local ga-
ben uns eine treue Idee des ſchönen Geſchlechts in
Perſien, mit langen, roth oder blau gefärbten Haa-
ren, gewölbten und gemalten Augenbraunen, ſchmach-
tend feurigen, großen Augen, allerliebſten Gaze-Pan-
talons und Goldringen um die Fußknöchel.

Lady O. erzählte uns dazu viele intereſſante Ha-
rem-Details, die ich Dir mündlich mittheilen werde,
denn ich muß doch Einiges auch dafür aufbewahren.

Manches ſcheint in Perſien ganz angenehm, man-
ches nichts weniger, ſo unter andern die Scorpione
und Inſekten. Einmal kroch Lady O., während ſie
auf dem Divan lag, eine Schlange am Nacken her-
unter in die Kleider, die ſie nur durch ſchnelle Ent-
fernung der ganzen Toilette loswerden konnte.

So etwas geſchieht uns doch nicht leicht in unſrer
climatiſchen Mitteltemperatur. Sie ſey daher geprie-
ſen, und alle Zufriedene darin, zu denen ich herzlich
wünſche uns Beide immer zählen zu dürfen.

Dein L.

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[279/0295] land beſchließt das Kleeblatt. Dies war ein ſehr hübſcher Mann, der ſich in die europäiſchen Sitten ſo gut fand, daß er von den Engländern wie ein wahrer Lovelace geſchildert wird. Zu Hauſe ange- kommen, ſoll er ſich überdem keineswegs discret ge- zeigt, ſondern manche vornehme engliſche Dame von dort her ſehr boshaft compromittirt haben. Einige angezogene Puppen in demſelben Local ga- ben uns eine treue Idee des ſchönen Geſchlechts in Perſien, mit langen, roth oder blau gefärbten Haa- ren, gewölbten und gemalten Augenbraunen, ſchmach- tend feurigen, großen Augen, allerliebſten Gaze-Pan- talons und Goldringen um die Fußknöchel. Lady O. erzählte uns dazu viele intereſſante Ha- rem-Details, die ich Dir mündlich mittheilen werde, denn ich muß doch Einiges auch dafür aufbewahren. Manches ſcheint in Perſien ganz angenehm, man- ches nichts weniger, ſo unter andern die Scorpione und Inſekten. Einmal kroch Lady O., während ſie auf dem Divan lag, eine Schlange am Nacken her- unter in die Kleider, die ſie nur durch ſchnelle Ent- fernung der ganzen Toilette loswerden konnte. So etwas geſchieht uns doch nicht leicht in unſrer climatiſchen Mitteltemperatur. Sie ſey daher geprie- ſen, und alle Zufriedene darin, zu denen ich herzlich wünſche uns Beide immer zählen zu dürfen. Dein L.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/295>, abgerufen am 29.03.2024.