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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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nämlich: Ihr werdet keinen Succeß haben, dies-
mal
. -- Nun zwang man eine junge Amerikanerin
zu fragen, ob sie sich bald verheirathen würde, wor-
auf die Antwort war: Nicht in diesem Welttheil. --
Jetzt kam die Reihe an mich und ich frug: ob, was
mein Herz grade jetzt so lebhaft berühre, zu meinem
Glücke sey? Laß diese Neigung fallen, erwiederte
das Zauberbuch, denn Du wirst sehen, sie ist weder
wahr noch beständig.

Ob hierbei aber meine eigne oder die zu mir ge-
meint sey, bleibt, wie alle Orakel, dunkel.

Die Gesellschaft, welche natürlich keine Ahnung
von meiner eigentlichen Meinung bei der Frage hatte,
machte sich sehr lustig über die erhaltene Abfertigung,
und verlangte, ich sollte noch eine thun. Ich frug
also: Wird das Schicksal mir in ernsteren Plänen
günstig seyn? Suche, war die Antwort, und Du
wirst finden, beharre und Du wirst erreichen.

Ohne zu suchen fand ich an demselben Abend noch
eine sehr angenehme Bekanntschaft, indem ich der
Herzogin von Meiningen, Mutter der Herzogin von
Clarence, bei dieser vorgestellt ward, eine höchst lie-
benswürdige Dame von ächt deutschem Character,
der weder ihr Alter noch ihr Rang die naive Natür-
lichkeit hat nehmen können, welche vielleicht das
sicherste Zeichen einer reinen und schönen Seele ist.
Die würdige Mutter einer so hoch verehrten Tochter,
muß den Engländern, die ihrer künftigen Königin
sehr anhängen, eine angenehme Erscheinung seyn,
auch zeigte sich von allen Seiten das größte Em-

nämlich: Ihr werdet keinen Succeß haben, dies-
mal
. — Nun zwang man eine junge Amerikanerin
zu fragen, ob ſie ſich bald verheirathen würde, wor-
auf die Antwort war: Nicht in dieſem Welttheil. —
Jetzt kam die Reihe an mich und ich frug: ob, was
mein Herz grade jetzt ſo lebhaft berühre, zu meinem
Glücke ſey? Laß dieſe Neigung fallen, erwiederte
das Zauberbuch, denn Du wirſt ſehen, ſie iſt weder
wahr noch beſtändig.

Ob hierbei aber meine eigne oder die zu mir ge-
meint ſey, bleibt, wie alle Orakel, dunkel.

Die Geſellſchaft, welche natürlich keine Ahnung
von meiner eigentlichen Meinung bei der Frage hatte,
machte ſich ſehr luſtig über die erhaltene Abfertigung,
und verlangte, ich ſollte noch eine thun. Ich frug
alſo: Wird das Schickſal mir in ernſteren Plänen
günſtig ſeyn? Suche, war die Antwort, und Du
wirſt finden, beharre und Du wirſt erreichen.

Ohne zu ſuchen fand ich an demſelben Abend noch
eine ſehr angenehme Bekanntſchaft, indem ich der
Herzogin von Meiningen, Mutter der Herzogin von
Clarence, bei dieſer vorgeſtellt ward, eine höchſt lie-
benswürdige Dame von ächt deutſchem Character,
der weder ihr Alter noch ihr Rang die naive Natür-
lichkeit hat nehmen können, welche vielleicht das
ſicherſte Zeichen einer reinen und ſchönen Seele iſt.
Die würdige Mutter einer ſo hoch verehrten Tochter,
muß den Engländern, die ihrer künftigen Königin
ſehr anhängen, eine angenehme Erſcheinung ſeyn,
auch zeigte ſich von allen Seiten das größte Em-

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[372/0392] nämlich: Ihr werdet keinen Succeß haben, dies- mal. — Nun zwang man eine junge Amerikanerin zu fragen, ob ſie ſich bald verheirathen würde, wor- auf die Antwort war: Nicht in dieſem Welttheil. — Jetzt kam die Reihe an mich und ich frug: ob, was mein Herz grade jetzt ſo lebhaft berühre, zu meinem Glücke ſey? Laß dieſe Neigung fallen, erwiederte das Zauberbuch, denn Du wirſt ſehen, ſie iſt weder wahr noch beſtändig. Ob hierbei aber meine eigne oder die zu mir ge- meint ſey, bleibt, wie alle Orakel, dunkel. Die Geſellſchaft, welche natürlich keine Ahnung von meiner eigentlichen Meinung bei der Frage hatte, machte ſich ſehr luſtig über die erhaltene Abfertigung, und verlangte, ich ſollte noch eine thun. Ich frug alſo: Wird das Schickſal mir in ernſteren Plänen günſtig ſeyn? Suche, war die Antwort, und Du wirſt finden, beharre und Du wirſt erreichen. Ohne zu ſuchen fand ich an demſelben Abend noch eine ſehr angenehme Bekanntſchaft, indem ich der Herzogin von Meiningen, Mutter der Herzogin von Clarence, bei dieſer vorgeſtellt ward, eine höchſt lie- benswürdige Dame von ächt deutſchem Character, der weder ihr Alter noch ihr Rang die naive Natür- lichkeit hat nehmen können, welche vielleicht das ſicherſte Zeichen einer reinen und ſchönen Seele iſt. Die würdige Mutter einer ſo hoch verehrten Tochter, muß den Engländern, die ihrer künftigen Königin ſehr anhängen, eine angenehme Erſcheinung ſeyn, auch zeigte ſich von allen Seiten das größte Em-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/392>, abgerufen am 25.04.2024.