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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Du kannst Dir denken, daß wir unsre Lachmuskeln
mit Bequemlichkeit entschädigten. Bis Windsor er-
götzte uns noch der Nachhall des unnachahmlichen
Trillos -- mich aber erwartete hier, nach ausgelas-
sener Lustigkeit, ein ziemlich unangenehmes Abküh-
lungsmittel. Wie ich mich nämlich zu Bett legen
wollte, fing B . . . . zu jammern an, "daß ihn doch
das Unglück überall verfolgen müsse!"

"Nun, was ist Dir denn geschehen?"

"Ach Gott, wenn ich könnte, ich sagte es gar nicht,
aber es muß nun doch heraus."

"Nun zum T . . . .l, mach' ein Ende, was ist es?"

Was kam nun zum Vorschein? Der confuse Alte
hatte mein Geld, 25 L. St., ihm in einem Beutel
von mir übergeben, um es in das Wagenkästchen zu
thun, anstatt dessen in die Tasche gesteckt, und wie
der dumme Landjunker von Kotzebue, um ein Glas
Bier zu bezahlen, im Gedränge der Buden den Beu-
tel herausgenommen, einen Souverain gewechselt,
wie er sagte, weil er kein kleines Geld mehr hatte,
wahrscheinlich aber um mit der Goldbörse groß zu
thun, und dann den Beutel sorgfältig wieder einge-
steckt. Es war sehr natürlich hier in England, daß
er ihn, als er zum Wagen zurückkam, nicht mehr
fand. Ein wahres Glück im Unglück ist es, daß ich
noch einiges Geld selbst bei mir trug, und also we-
nigstens in keine augenblickliche Verlegenheit gesetzt
wurde.


Du kannſt Dir denken, daß wir unſre Lachmuskeln
mit Bequemlichkeit entſchädigten. Bis Windſor er-
götzte uns noch der Nachhall des unnachahmlichen
Trillos — mich aber erwartete hier, nach ausgelaſ-
ſener Luſtigkeit, ein ziemlich unangenehmes Abküh-
lungsmittel. Wie ich mich nämlich zu Bett legen
wollte, fing B . . . . zu jammern an, „daß ihn doch
das Unglück überall verfolgen müſſe!“

„Nun, was iſt Dir denn geſchehen?“

„Ach Gott, wenn ich könnte, ich ſagte es gar nicht,
aber es muß nun doch heraus.“

„Nun zum T . . . .l, mach’ ein Ende, was iſt es?“

Was kam nun zum Vorſchein? Der confuſe Alte
hatte mein Geld, 25 L. St., ihm in einem Beutel
von mir übergeben, um es in das Wagenkäſtchen zu
thun, anſtatt deſſen in die Taſche geſteckt, und wie
der dumme Landjunker von Kotzebue, um ein Glas
Bier zu bezahlen, im Gedränge der Buden den Beu-
tel herausgenommen, einen Souverain gewechſelt,
wie er ſagte, weil er kein kleines Geld mehr hatte,
wahrſcheinlich aber um mit der Goldbörſe groß zu
thun, und dann den Beutel ſorgfältig wieder einge-
ſteckt. Es war ſehr natürlich hier in England, daß
er ihn, als er zum Wagen zurückkam, nicht mehr
fand. Ein wahres Glück im Unglück iſt es, daß ich
noch einiges Geld ſelbſt bei mir trug, und alſo we-
nigſtens in keine augenblickliche Verlegenheit geſetzt
wurde.


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[56/0072] Du kannſt Dir denken, daß wir unſre Lachmuskeln mit Bequemlichkeit entſchädigten. Bis Windſor er- götzte uns noch der Nachhall des unnachahmlichen Trillos — mich aber erwartete hier, nach ausgelaſ- ſener Luſtigkeit, ein ziemlich unangenehmes Abküh- lungsmittel. Wie ich mich nämlich zu Bett legen wollte, fing B . . . . zu jammern an, „daß ihn doch das Unglück überall verfolgen müſſe!“ „Nun, was iſt Dir denn geſchehen?“ „Ach Gott, wenn ich könnte, ich ſagte es gar nicht, aber es muß nun doch heraus.“ „Nun zum T . . . .l, mach’ ein Ende, was iſt es?“ Was kam nun zum Vorſchein? Der confuſe Alte hatte mein Geld, 25 L. St., ihm in einem Beutel von mir übergeben, um es in das Wagenkäſtchen zu thun, anſtatt deſſen in die Taſche geſteckt, und wie der dumme Landjunker von Kotzebue, um ein Glas Bier zu bezahlen, im Gedränge der Buden den Beu- tel herausgenommen, einen Souverain gewechſelt, wie er ſagte, weil er kein kleines Geld mehr hatte, wahrſcheinlich aber um mit der Goldbörſe groß zu thun, und dann den Beutel ſorgfältig wieder einge- ſteckt. Es war ſehr natürlich hier in England, daß er ihn, als er zum Wagen zurückkam, nicht mehr fand. Ein wahres Glück im Unglück iſt es, daß ich noch einiges Geld ſelbſt bei mir trug, und alſo we- nigſtens in keine augenblickliche Verlegenheit geſetzt wurde.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/72>, abgerufen am 23.04.2024.