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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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die Ausstellung der Früchte statt fand, die zu einer
bestimmten Stunde Preis gegeben, und dann auch
im Nu höchst unanständig verschlungen wurden. Man
sah dort eine Providence-Annanas, die 11 Pfund wog,
hochrothe und grüne, von nicht viel geringern Di-
mensionen, Erdbeeren von der Größe kleiner Aepfel,
überhaupt die seltenste Auswahl der kostbarsten Früchte.
Auch war im Ganzen das Fest heiter und in ange-
nehmen ländlichem Charakter.

Der glatte Rasen und die Menge geputzter Men-
schen darauf, die Zelte und Gruppen in den Büschen,
eine ungeheure Masse von Rosen und Blumen aller
Art, gaben den freundlichsten Anblick. Ich war mit
unserm Gesandten hingefahren, mit dem ich auch um
7 Uhr Abends wieder zurückkehrte. Wir mußten über
die Industrie eines Irländers lachen, der sich das
Air gab, uns mit einer Laterne, in der natürlich kein
Licht brannte, da es heller Tag war, zum Wagen zu
leuchten, und sich durch diesen Spaß bei den Froh-
gesinnten und Gutmüthigen einige Schillinge erwarb.
Unterwegs rief ihm einer seiner englischen Kamera-
den zu: "Du führst wahrlich großmüthige Leute!"
"O," sagte er, "wenn ich sie dafür nicht kennte, ginge
ich auch nicht mit ihnen." Originell waren auch die
Tyroler Sänger, die hier sehr Mode geworden sind,
Alle, selbst den König, der mit ihnen deutsch spricht,
Du nennen, und keine falsche Menschenfurcht kennen.
Es sieht komisch genug aus, wenn einer von ihnen
auf den Fürsten Esterhazy losgehr, dessen patriotischer
Protektion sie ihre große Vogue hauptsächlich verdan-

die Ausſtellung der Früchte ſtatt fand, die zu einer
beſtimmten Stunde Preis gegeben, und dann auch
im Nu höchſt unanſtändig verſchlungen wurden. Man
ſah dort eine Providence-Annanas, die 11 Pfund wog,
hochrothe und grüne, von nicht viel geringern Di-
menſionen, Erdbeeren von der Größe kleiner Aepfel,
überhaupt die ſeltenſte Auswahl der koſtbarſten Früchte.
Auch war im Ganzen das Feſt heiter und in ange-
nehmen ländlichem Charakter.

Der glatte Raſen und die Menge geputzter Men-
ſchen darauf, die Zelte und Gruppen in den Büſchen,
eine ungeheure Maſſe von Roſen und Blumen aller
Art, gaben den freundlichſten Anblick. Ich war mit
unſerm Geſandten hingefahren, mit dem ich auch um
7 Uhr Abends wieder zurückkehrte. Wir mußten über
die Induſtrie eines Irländers lachen, der ſich das
Air gab, uns mit einer Laterne, in der natürlich kein
Licht brannte, da es heller Tag war, zum Wagen zu
leuchten, und ſich durch dieſen Spaß bei den Froh-
geſinnten und Gutmüthigen einige Schillinge erwarb.
Unterwegs rief ihm einer ſeiner engliſchen Kamera-
den zu: „Du führſt wahrlich großmüthige Leute!“
„O,“ ſagte er, „wenn ich ſie dafür nicht kennte, ginge
ich auch nicht mit ihnen.“ Originell waren auch die
Tyroler Sänger, die hier ſehr Mode geworden ſind,
Alle, ſelbſt den König, der mit ihnen deutſch ſpricht,
Du nennen, und keine falſche Menſchenfurcht kennen.
Es ſieht komiſch genug aus, wenn einer von ihnen
auf den Fürſten Eſterhazy losgehr, deſſen patriotiſcher
Protektion ſie ihre große Vogue hauptſächlich verdan-

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[61/0077] die Ausſtellung der Früchte ſtatt fand, die zu einer beſtimmten Stunde Preis gegeben, und dann auch im Nu höchſt unanſtändig verſchlungen wurden. Man ſah dort eine Providence-Annanas, die 11 Pfund wog, hochrothe und grüne, von nicht viel geringern Di- menſionen, Erdbeeren von der Größe kleiner Aepfel, überhaupt die ſeltenſte Auswahl der koſtbarſten Früchte. Auch war im Ganzen das Feſt heiter und in ange- nehmen ländlichem Charakter. Der glatte Raſen und die Menge geputzter Men- ſchen darauf, die Zelte und Gruppen in den Büſchen, eine ungeheure Maſſe von Roſen und Blumen aller Art, gaben den freundlichſten Anblick. Ich war mit unſerm Geſandten hingefahren, mit dem ich auch um 7 Uhr Abends wieder zurückkehrte. Wir mußten über die Induſtrie eines Irländers lachen, der ſich das Air gab, uns mit einer Laterne, in der natürlich kein Licht brannte, da es heller Tag war, zum Wagen zu leuchten, und ſich durch dieſen Spaß bei den Froh- geſinnten und Gutmüthigen einige Schillinge erwarb. Unterwegs rief ihm einer ſeiner engliſchen Kamera- den zu: „Du führſt wahrlich großmüthige Leute!“ „O,“ ſagte er, „wenn ich ſie dafür nicht kennte, ginge ich auch nicht mit ihnen.“ Originell waren auch die Tyroler Sänger, die hier ſehr Mode geworden ſind, Alle, ſelbſt den König, der mit ihnen deutſch ſpricht, Du nennen, und keine falſche Menſchenfurcht kennen. Es ſieht komiſch genug aus, wenn einer von ihnen auf den Fürſten Eſterhazy losgehr, deſſen patriotiſcher Protektion ſie ihre große Vogue hauptſächlich verdan-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/77>, abgerufen am 29.03.2024.