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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
unterzeichnen mußte; ward aber bald gewahr,
daß dieser Friede nicht von Bestand war, und er-
lebte überdies, daß sein Bruder Ferdinand bey eben
der Gelegenheit, als ihm mit dem Tode des bey
Mohacz 1526. gebliebenen König Ludewigs von
Ungarn und Böhmen diese beiden Königreiche zu-
fielen, zugleich in einen weit aussehenden Krieg
mit Johann von Zips und den Türken verwickelt
wurde.


II.

Unter diesen Umständen wurde vorerst noch im
Jahre 1526. auf einem in Abwesenheit des Kaisers
zu Speier gehaltenen Reichstage nur soviel beschlos-
sen: daß ein jeder Reichsstand des Wormser Edicts
halber sich so halten sollte, wie er es gegen Gott
und den Kaiser zu verantworten gedächte. Damit
waren in der That die Religionssachen, wie bil-
lig, eines jeden Reichsstandes eignem Gewissen
heimgestellt. Also gewann die Reformation unter
dem Schutze dieses Reichsschlusses nicht nur in
Ländern, wo sie schon im Gange war, sondern auch
in verschiedenen, wo sie erst neu eingeführet wur-
de, noch immer weiteren Fortgang; als, was letz-
tere anbetrifft, namentlich in den Fürstenthümern
Brandenburg-Anspach und Baireuth, in den Graf-
schaften Mömpelgard, Diepholz, Hanau, in den
Städten Goslar, Hamburg, Göttingen, Braun-
schweig u. s. w.


III.

Aber einer der stärkesten Widersacher der Re-
formation war der Herzog Georg von Sachsen,
der zu Dresden seine Residenz hatte, und des Land-
grafen Philipps Schwiegervater war. Derselbe
hatte nebst verschiedenen anderen Fürsten im May

1527.

V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
unterzeichnen mußte; ward aber bald gewahr,
daß dieſer Friede nicht von Beſtand war, und er-
lebte uͤberdies, daß ſein Bruder Ferdinand bey eben
der Gelegenheit, als ihm mit dem Tode des bey
Mohacz 1526. gebliebenen Koͤnig Ludewigs von
Ungarn und Boͤhmen dieſe beiden Koͤnigreiche zu-
fielen, zugleich in einen weit ausſehenden Krieg
mit Johann von Zips und den Tuͤrken verwickelt
wurde.


II.

Unter dieſen Umſtaͤnden wurde vorerſt noch im
Jahre 1526. auf einem in Abweſenheit des Kaiſers
zu Speier gehaltenen Reichstage nur ſoviel beſchloſ-
ſen: daß ein jeder Reichsſtand des Wormſer Edicts
halber ſich ſo halten ſollte, wie er es gegen Gott
und den Kaiſer zu verantworten gedaͤchte. Damit
waren in der That die Religionsſachen, wie bil-
lig, eines jeden Reichsſtandes eignem Gewiſſen
heimgeſtellt. Alſo gewann die Reformation unter
dem Schutze dieſes Reichsſchluſſes nicht nur in
Laͤndern, wo ſie ſchon im Gange war, ſondern auch
in verſchiedenen, wo ſie erſt neu eingefuͤhret wur-
de, noch immer weiteren Fortgang; als, was letz-
tere anbetrifft, namentlich in den Fuͤrſtenthuͤmern
Brandenburg-Anſpach und Baireuth, in den Graf-
ſchaften Moͤmpelgard, Diepholz, Hanau, in den
Staͤdten Goslar, Hamburg, Goͤttingen, Braun-
ſchweig u. ſ. w.


III.

Aber einer der ſtaͤrkeſten Widerſacher der Re-
formation war der Herzog Georg von Sachſen,
der zu Dresden ſeine Reſidenz hatte, und des Land-
grafen Philipps Schwiegervater war. Derſelbe
hatte nebſt verſchiedenen anderen Fuͤrſten im May

1527.
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[386/0420] V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. unterzeichnen mußte; ward aber bald gewahr, daß dieſer Friede nicht von Beſtand war, und er- lebte uͤberdies, daß ſein Bruder Ferdinand bey eben der Gelegenheit, als ihm mit dem Tode des bey Mohacz 1526. gebliebenen Koͤnig Ludewigs von Ungarn und Boͤhmen dieſe beiden Koͤnigreiche zu- fielen, zugleich in einen weit ausſehenden Krieg mit Johann von Zips und den Tuͤrken verwickelt wurde. Unter dieſen Umſtaͤnden wurde vorerſt noch im Jahre 1526. auf einem in Abweſenheit des Kaiſers zu Speier gehaltenen Reichstage nur ſoviel beſchloſ- ſen: daß ein jeder Reichsſtand des Wormſer Edicts halber ſich ſo halten ſollte, wie er es gegen Gott und den Kaiſer zu verantworten gedaͤchte. Damit waren in der That die Religionsſachen, wie bil- lig, eines jeden Reichsſtandes eignem Gewiſſen heimgeſtellt. Alſo gewann die Reformation unter dem Schutze dieſes Reichsſchluſſes nicht nur in Laͤndern, wo ſie ſchon im Gange war, ſondern auch in verſchiedenen, wo ſie erſt neu eingefuͤhret wur- de, noch immer weiteren Fortgang; als, was letz- tere anbetrifft, namentlich in den Fuͤrſtenthuͤmern Brandenburg-Anſpach und Baireuth, in den Graf- ſchaften Moͤmpelgard, Diepholz, Hanau, in den Staͤdten Goslar, Hamburg, Goͤttingen, Braun- ſchweig u. ſ. w. Aber einer der ſtaͤrkeſten Widerſacher der Re- formation war der Herzog Georg von Sachſen, der zu Dresden ſeine Reſidenz hatte, und des Land- grafen Philipps Schwiegervater war. Derſelbe hatte nebſt verſchiedenen anderen Fuͤrſten im May 1527.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/420>, abgerufen am 19.04.2024.