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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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2) Verfass. der Länder mit Landständ.


II.
Verfassung der besonderen Teutschen Staaten,
wie sie durch den Westphälischen Frieden erst
völlig ihre Consistenz bekommen; insonderheit
Verfassung der Länder, wo Landstände sind.


I. Nicht nur von Seiten des Kaisers, sondern auch
von Seiten der Landesobrigkeiten in den besonderen Teut-
schen Staaten gilt von Rechts wegen kein Despotismus. --
II. Jeder besondere Staat hat zwar seine eigne Autono-
mie; -- III. jedoch mit unbenommener Zuflucht zum höhern
Richter. -- IV. Der meisten Landesherren Gewalt ist über-
dies durch Landstände eingeschränkt. -- V. Nur einige Län-
der, die ursprünglich nur aus mehreren Dörfern bestanden,
haben gar keine Landstände. -- VI. In einigen fehlt auch
wohl eine oder andere Gattung derselben, z. B. Prälaten
oder Ritterschaft. -- VII. Hin und wieder werden nur
noch Deputationstage gehalten; oder sind auch alle land-
ständische Versammlungen aus dem Gange gekommen.



So sehr die Verfassung des Teutschen Reichs,I.
wie sie der Westphälische Friede erst auf recht
festen Fuß gesetzt hat, sowohl dem ganzen Reiche
als dessen Gliedern sammt und sonders dafür Bürge
seyn kann, daß von Seiten der kaiserlichen Regierung
nicht leicht eine Ausübung despotischer Gewalt zu
besorgen ist; eben so zweckmäßig ist nach eben die-
ser Grundverfassung auch für die Sicherheit und
Wohlfahrt aller und jeder besonderen Teutschen
Staaten gesorgt, wenn anders nur irgend alles in
dem Verhältnisse bleibt, wie es nach dem Zuschnitt
jener gesetzmäßigen Verfassung seyn sollte.

Ein jeder dieser besonderen Staaten, er magII.
noch so klein oder groß oder mittelmäßig seyn, ist

in
L 4
2) Verfaſſ. der Laͤnder mit Landſtaͤnd.


II.
Verfaſſung der beſonderen Teutſchen Staaten,
wie ſie durch den Weſtphaͤliſchen Frieden erſt
voͤllig ihre Conſiſtenz bekommen; inſonderheit
Verfaſſung der Laͤnder, wo Landſtaͤnde ſind.


I. Nicht nur von Seiten des Kaiſers, ſondern auch
von Seiten der Landesobrigkeiten in den beſonderen Teut-
ſchen Staaten gilt von Rechts wegen kein Deſpotismus. —
II. Jeder beſondere Staat hat zwar ſeine eigne Autono-
mie; — III. jedoch mit unbenommener Zuflucht zum hoͤhern
Richter. — IV. Der meiſten Landesherren Gewalt iſt uͤber-
dies durch Landſtaͤnde eingeſchraͤnkt. — V. Nur einige Laͤn-
der, die urſpruͤnglich nur aus mehreren Doͤrfern beſtanden,
haben gar keine Landſtaͤnde. — VI. In einigen fehlt auch
wohl eine oder andere Gattung derſelben, z. B. Praͤlaten
oder Ritterſchaft. — VII. Hin und wieder werden nur
noch Deputationstage gehalten; oder ſind auch alle land-
ſtaͤndiſche Verſammlungen aus dem Gange gekommen.



So ſehr die Verfaſſung des Teutſchen Reichs,I.
wie ſie der Weſtphaͤliſche Friede erſt auf recht
feſten Fuß geſetzt hat, ſowohl dem ganzen Reiche
als deſſen Gliedern ſammt und ſonders dafuͤr Buͤrge
ſeyn kann, daß von Seiten der kaiſerlichen Regierung
nicht leicht eine Ausuͤbung deſpotiſcher Gewalt zu
beſorgen iſt; eben ſo zweckmaͤßig iſt nach eben die-
ſer Grundverfaſſung auch fuͤr die Sicherheit und
Wohlfahrt aller und jeder beſonderen Teutſchen
Staaten geſorgt, wenn anders nur irgend alles in
dem Verhaͤltniſſe bleibt, wie es nach dem Zuſchnitt
jener geſetzmaͤßigen Verfaſſung ſeyn ſollte.

Ein jeder dieſer beſonderen Staaten, er magII.
noch ſo klein oder groß oder mittelmaͤßig ſeyn, iſt

in
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[167/0209] 2) Verfaſſ. der Laͤnder mit Landſtaͤnd. II. Verfaſſung der beſonderen Teutſchen Staaten, wie ſie durch den Weſtphaͤliſchen Frieden erſt voͤllig ihre Conſiſtenz bekommen; inſonderheit Verfaſſung der Laͤnder, wo Landſtaͤnde ſind. I. Nicht nur von Seiten des Kaiſers, ſondern auch von Seiten der Landesobrigkeiten in den beſonderen Teut- ſchen Staaten gilt von Rechts wegen kein Deſpotismus. — II. Jeder beſondere Staat hat zwar ſeine eigne Autono- mie; — III. jedoch mit unbenommener Zuflucht zum hoͤhern Richter. — IV. Der meiſten Landesherren Gewalt iſt uͤber- dies durch Landſtaͤnde eingeſchraͤnkt. — V. Nur einige Laͤn- der, die urſpruͤnglich nur aus mehreren Doͤrfern beſtanden, haben gar keine Landſtaͤnde. — VI. In einigen fehlt auch wohl eine oder andere Gattung derſelben, z. B. Praͤlaten oder Ritterſchaft. — VII. Hin und wieder werden nur noch Deputationstage gehalten; oder ſind auch alle land- ſtaͤndiſche Verſammlungen aus dem Gange gekommen. So ſehr die Verfaſſung des Teutſchen Reichs, wie ſie der Weſtphaͤliſche Friede erſt auf recht feſten Fuß geſetzt hat, ſowohl dem ganzen Reiche als deſſen Gliedern ſammt und ſonders dafuͤr Buͤrge ſeyn kann, daß von Seiten der kaiſerlichen Regierung nicht leicht eine Ausuͤbung deſpotiſcher Gewalt zu beſorgen iſt; eben ſo zweckmaͤßig iſt nach eben die- ſer Grundverfaſſung auch fuͤr die Sicherheit und Wohlfahrt aller und jeder beſonderen Teutſchen Staaten geſorgt, wenn anders nur irgend alles in dem Verhaͤltniſſe bleibt, wie es nach dem Zuſchnitt jener geſetzmaͤßigen Verfaſſung ſeyn ſollte. I. Ein jeder dieſer beſonderen Staaten, er mag noch ſo klein oder groß oder mittelmaͤßig ſeyn, iſt in II. L 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/209>, abgerufen am 24.04.2024.