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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.


II.
Neue Religionsbeschwerden nach dem Badischen
Frieden, bis zu einem darüber im Werk gewe-
senen Vertrage im Jahre 1720.


I. Mit dem Badischen Frieden schien die bisherige Un-
gewißheit, worin man wegen der Ryßwickischen Clausel noch
bis dahin seyn mußte, aufzuhören, -- II. also der Muth
zu Schriften und Unternehmungen gegen die Protestanten
von neuem zu wachsen; -- III. insonderheit in der Pfalz,
wo jetzt den Reformirten ihr Catechismus und die heilige
Geistkirche zu Heidelberg genommen wurde. -- IV. Durch
gegenseitige Repressalien ward zwar der Churfürst von der
Pfalz davon zurückgebracht; -- aber ein kaiserliches Com-
missionsdecret veranlaßte ein standhaftes Vorstellungsschrei-
ben des gesammten evangelischen Religionstheils. -- V.
Die Besorgniß eines Religionskrieges ward noch durch eine
vom Hause Hannover vermittelte Convention gehoben, --
vermöge deren vorerst alles auf den Fuß des Badischen Frie-
dens hergestellt, und dann weiter auf die Zeiten der vori-
gen Friedensschlüsse und Entscheidungsziele zurückgegangen
werden sollte. -- VI. Allein die Vollziehung dieser Con-
vention unterblieb, und benahm ihr damit ihren Bestand. --
VII. Sehr widerrechtlich hat man nachher das Jahr 1714.
für ein neues Entscheidungsziel ausgeben wollen.



I.

Bis auf den Badischen Frieden war die catho-
lische Geistlichkeit an den Orten, wo der
Bestand oder Unbestand der Ryßwickischen Clau-
sel einen Einfluß haben konnte, noch immer in ei-
niger Ungewißheit gewesen, die sie noch zu einiger
Zurückhaltung bewogen haben mochte. Aber nach-
dem nun auch der Badische Friede, ohne jene Clau-
sel aufzuheben, geschlossen worden war, schien alle
weitere Bedenklichkeit aufzuhören, um nun noch
weitere Fortschritte machen zu können.


Ver-
X. Carl der VI. 1711-1740.


II.
Neue Religionsbeſchwerden nach dem Badiſchen
Frieden, bis zu einem daruͤber im Werk gewe-
ſenen Vertrage im Jahre 1720.


I. Mit dem Badiſchen Frieden ſchien die bisherige Un-
gewißheit, worin man wegen der Ryßwickiſchen Clauſel noch
bis dahin ſeyn mußte, aufzuhoͤren, — II. alſo der Muth
zu Schriften und Unternehmungen gegen die Proteſtanten
von neuem zu wachſen; — III. inſonderheit in der Pfalz,
wo jetzt den Reformirten ihr Catechismus und die heilige
Geiſtkirche zu Heidelberg genommen wurde. — IV. Durch
gegenſeitige Repreſſalien ward zwar der Churfuͤrſt von der
Pfalz davon zuruͤckgebracht; — aber ein kaiſerliches Com-
miſſionsdecret veranlaßte ein ſtandhaftes Vorſtellungsſchrei-
ben des geſammten evangeliſchen Religionstheils. — V.
Die Beſorgniß eines Religionskrieges ward noch durch eine
vom Hauſe Hannover vermittelte Convention gehoben, —
vermoͤge deren vorerſt alles auf den Fuß des Badiſchen Frie-
dens hergeſtellt, und dann weiter auf die Zeiten der vori-
gen Friedensſchluͤſſe und Entſcheidungsziele zuruͤckgegangen
werden ſollte. — VI. Allein die Vollziehung dieſer Con-
vention unterblieb, und benahm ihr damit ihren Beſtand. —
VII. Sehr widerrechtlich hat man nachher das Jahr 1714.
fuͤr ein neues Entſcheidungsziel ausgeben wollen.



I.

Bis auf den Badiſchen Frieden war die catho-
liſche Geiſtlichkeit an den Orten, wo der
Beſtand oder Unbeſtand der Ryßwickiſchen Clau-
ſel einen Einfluß haben konnte, noch immer in ei-
niger Ungewißheit geweſen, die ſie noch zu einiger
Zuruͤckhaltung bewogen haben mochte. Aber nach-
dem nun auch der Badiſche Friede, ohne jene Clau-
ſel aufzuheben, geſchloſſen worden war, ſchien alle
weitere Bedenklichkeit aufzuhoͤren, um nun noch
weitere Fortſchritte machen zu koͤnnen.


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[384/0426] X. Carl der VI. 1711-1740. II. Neue Religionsbeſchwerden nach dem Badiſchen Frieden, bis zu einem daruͤber im Werk gewe- ſenen Vertrage im Jahre 1720. I. Mit dem Badiſchen Frieden ſchien die bisherige Un- gewißheit, worin man wegen der Ryßwickiſchen Clauſel noch bis dahin ſeyn mußte, aufzuhoͤren, — II. alſo der Muth zu Schriften und Unternehmungen gegen die Proteſtanten von neuem zu wachſen; — III. inſonderheit in der Pfalz, wo jetzt den Reformirten ihr Catechismus und die heilige Geiſtkirche zu Heidelberg genommen wurde. — IV. Durch gegenſeitige Repreſſalien ward zwar der Churfuͤrſt von der Pfalz davon zuruͤckgebracht; — aber ein kaiſerliches Com- miſſionsdecret veranlaßte ein ſtandhaftes Vorſtellungsſchrei- ben des geſammten evangeliſchen Religionstheils. — V. Die Beſorgniß eines Religionskrieges ward noch durch eine vom Hauſe Hannover vermittelte Convention gehoben, — vermoͤge deren vorerſt alles auf den Fuß des Badiſchen Frie- dens hergeſtellt, und dann weiter auf die Zeiten der vori- gen Friedensſchluͤſſe und Entſcheidungsziele zuruͤckgegangen werden ſollte. — VI. Allein die Vollziehung dieſer Con- vention unterblieb, und benahm ihr damit ihren Beſtand. — VII. Sehr widerrechtlich hat man nachher das Jahr 1714. fuͤr ein neues Entſcheidungsziel ausgeben wollen. Bis auf den Badiſchen Frieden war die catho- liſche Geiſtlichkeit an den Orten, wo der Beſtand oder Unbeſtand der Ryßwickiſchen Clau- ſel einen Einfluß haben konnte, noch immer in ei- niger Ungewißheit geweſen, die ſie noch zu einiger Zuruͤckhaltung bewogen haben mochte. Aber nach- dem nun auch der Badiſche Friede, ohne jene Clau- ſel aufzuheben, geſchloſſen worden war, ſchien alle weitere Bedenklichkeit aufzuhoͤren, um nun noch weitere Fortſchritte machen zu koͤnnen. Ver-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/426>, abgerufen am 29.03.2024.