Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
5) Manchfaltigk. d. bes. T. Staaten.


V.
Einige besondere Quellen der großen Mannig-
faltigkeit der besonderen Teutschen Staaten.


I. Ungemein häufig sind mehrere Länder auf gar vie-
lerley Art unter einen Herrn gekommen; -- II. welches so-
wohl auf die größere Macht einiger Häuser als auf die Ver-
fassung der Länder Einfluß gehabt hat; -- III. besonders in
Ländern, die ihre Landesherren nicht mehr bey sich haben. --
IV. Mehrere geistliche Länder sind oft bloß zufälliger Weise
und nur auf Lebenszeit unter einem Herrn vereiniget. --
V. In weltlichen Ländern kann sich zu Zeiten etwas ähnli-
ches mit Vormundschaften und Debitcommissionen zutra-
gen; -- So können auch apanagirte Herren und Wittwen
oder Erbtöchter dazu kommen, Regierungen zu führen. --
VI. Hinwiederum hat oft ein Land mehrere Herren, von denen
es gemeinschaftlich regiert wird; -- VII. oder mit abwech-
selnden Regierungen. -- VIII. Noch gibt es besondere Ver-
fassungen in Ländern, welche in einigen Häusern jüngere
Linien in gewisser Abhängigkeit von der ältern regierenden
Linie besitzen. -- IX. X. Eine andere Art von Abhängigkeit
kann sich in einzelnen reichsritterschaftlichen Gebieten von den
Cantons oder Kreisen der Reichsritterschaft äußern; -- wie
auch in reichsständischen Ländern von Collegialverfügungen
oder Kreisschlüssen. -- XI. XII. Hin und wieder gibt es
Streitigkeiten über den Zustand der Unmittelbarkeit und
Reichsfreyheit einzelner Glieder des Reichs, -- oder so ge-
nannte Exemtionsstreitigkeiten; -- wodurch manche, die sich
für unmittelbar gehalten, in mittelbare Reichsmitglieder ver-
wandelt worden. -- XIII. Bey einigen sind durch Verglei-
che noch besondere Verhältnisse eingeschränkter Freyheiten oder
Unterwürfigkeiten entstanden. -- XIV. XV. In einer so
großen Verschiedenheit der vielerlev besonderen Teutschen
Staaten gibt es auch natürlich eine große Mannigfaltigkeit
mehr oder minder glücklicher Länder. -- XVI. Eben das
gilt auch von reichsritterschaftlichen Gebieten, -- XVII. und
von Reichsstädten. -- XVIII. Im Ganzen behält die
Staatsverfassung des Teutschen Reichs noch immer unver-
kennbare Vorzüge, -- die jeden Teutschen zu frohen Aus-
sichten in die fernere Zukunft beleben können.



Ein Hauptumstand, ohne welchen man sich vomI.
heutigen Zustande des Teutschen Reichs und

des-
S 5
5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten.


V.
Einige beſondere Quellen der großen Mannig-
faltigkeit der beſonderen Teutſchen Staaten.


I. Ungemein haͤufig ſind mehrere Laͤnder auf gar vie-
lerley Art unter einen Herrn gekommen; — II. welches ſo-
wohl auf die groͤßere Macht einiger Haͤuſer als auf die Ver-
faſſung der Laͤnder Einfluß gehabt hat; — III. beſonders in
Laͤndern, die ihre Landesherren nicht mehr bey ſich haben. —
IV. Mehrere geiſtliche Laͤnder ſind oft bloß zufaͤlliger Weiſe
und nur auf Lebenszeit unter einem Herrn vereiniget. —
V. In weltlichen Laͤndern kann ſich zu Zeiten etwas aͤhnli-
ches mit Vormundſchaften und Debitcommiſſionen zutra-
gen; — So koͤnnen auch apanagirte Herren und Wittwen
oder Erbtoͤchter dazu kommen, Regierungen zu fuͤhren. —
VI. Hinwiederum hat oft ein Land mehrere Herren, von denen
es gemeinſchaftlich regiert wird; — VII. oder mit abwech-
ſelnden Regierungen. — VIII. Noch gibt es beſondere Ver-
faſſungen in Laͤndern, welche in einigen Haͤuſern juͤngere
Linien in gewiſſer Abhaͤngigkeit von der aͤltern regierenden
Linie beſitzen. — IX. X. Eine andere Art von Abhaͤngigkeit
kann ſich in einzelnen reichsritterſchaftlichen Gebieten von den
Cantons oder Kreiſen der Reichsritterſchaft aͤußern; — wie
auch in reichsſtaͤndiſchen Laͤndern von Collegialverfuͤgungen
oder Kreisſchluͤſſen. — XI. XII. Hin und wieder gibt es
Streitigkeiten uͤber den Zuſtand der Unmittelbarkeit und
Reichsfreyheit einzelner Glieder des Reichs, — oder ſo ge-
nannte Exemtionsſtreitigkeiten; — wodurch manche, die ſich
fuͤr unmittelbar gehalten, in mittelbare Reichsmitglieder ver-
wandelt worden. — XIII. Bey einigen ſind durch Verglei-
che noch beſondere Verhaͤltniſſe eingeſchraͤnkter Freyheiten oder
Unterwuͤrfigkeiten entſtanden. — XIV. XV. In einer ſo
großen Verſchiedenheit der vielerlev beſonderen Teutſchen
Staaten gibt es auch natuͤrlich eine große Mannigfaltigkeit
mehr oder minder gluͤcklicher Laͤnder. — XVI. Eben das
gilt auch von reichsritterſchaftlichen Gebieten, — XVII. und
von Reichsſtaͤdten. — XVIII. Im Ganzen behaͤlt die
Staatsverfaſſung des Teutſchen Reichs noch immer unver-
kennbare Vorzuͤge, — die jeden Teutſchen zu frohen Aus-
ſichten in die fernere Zukunft beleben koͤnnen.



Ein Hauptumſtand, ohne welchen man ſich vomI.
heutigen Zuſtande des Teutſchen Reichs und

deſ-
S 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0315" n="281"/>
        <fw place="top" type="header">5) Manchfaltigk. d. be&#x017F;. T. Staaten.</fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">V.</hi><lb/>
Einige be&#x017F;ondere Quellen der großen Mannig-<lb/>
faltigkeit der be&#x017F;onderen Teut&#x017F;chen Staaten.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#aq">I.</hi> Ungemein ha&#x0364;ufig &#x017F;ind mehrere La&#x0364;nder auf gar vie-<lb/>
lerley Art unter einen Herrn gekommen; &#x2014; <hi rendition="#aq">II.</hi> welches &#x017F;o-<lb/>
wohl auf die gro&#x0364;ßere Macht einiger Ha&#x0364;u&#x017F;er als auf die Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung der La&#x0364;nder Einfluß gehabt hat; &#x2014; <hi rendition="#aq">III.</hi> be&#x017F;onders in<lb/>
La&#x0364;ndern, die ihre Landesherren nicht mehr bey &#x017F;ich haben. &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">IV.</hi> Mehrere gei&#x017F;tliche La&#x0364;nder &#x017F;ind oft bloß zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e<lb/>
und nur auf Lebenszeit unter einem Herrn vereiniget. &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">V.</hi> In weltlichen La&#x0364;ndern kann &#x017F;ich zu Zeiten etwas a&#x0364;hnli-<lb/>
ches mit Vormund&#x017F;chaften und Debitcommi&#x017F;&#x017F;ionen zutra-<lb/>
gen; &#x2014; So ko&#x0364;nnen auch apanagirte Herren und Wittwen<lb/>
oder Erbto&#x0364;chter dazu kommen, Regierungen zu fu&#x0364;hren. &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">VI.</hi> Hinwiederum hat oft ein Land mehrere Herren, von denen<lb/>
es gemein&#x017F;chaftlich regiert wird; &#x2014; <hi rendition="#aq">VII.</hi> oder mit abwech-<lb/>
&#x017F;elnden Regierungen. &#x2014; <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Noch gibt es be&#x017F;ondere Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ungen in La&#x0364;ndern, welche in einigen Ha&#x0364;u&#x017F;ern ju&#x0364;ngere<lb/>
Linien in gewi&#x017F;&#x017F;er Abha&#x0364;ngigkeit von der a&#x0364;ltern regierenden<lb/>
Linie be&#x017F;itzen. &#x2014; <hi rendition="#aq">IX. X.</hi> Eine andere Art von Abha&#x0364;ngigkeit<lb/>
kann &#x017F;ich in einzelnen reichsritter&#x017F;chaftlichen Gebieten von den<lb/>
Cantons oder Krei&#x017F;en der Reichsritter&#x017F;chaft a&#x0364;ußern; &#x2014; wie<lb/>
auch in reichs&#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;chen La&#x0364;ndern von Collegialverfu&#x0364;gungen<lb/>
oder Kreis&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; <hi rendition="#aq">XI. XII.</hi> Hin und wieder gibt es<lb/>
Streitigkeiten u&#x0364;ber den Zu&#x017F;tand der Unmittelbarkeit und<lb/>
Reichsfreyheit einzelner Glieder des Reichs, &#x2014; oder &#x017F;o ge-<lb/>
nannte Exemtions&#x017F;treitigkeiten; &#x2014; wodurch manche, die &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;r unmittelbar gehalten, in mittelbare Reichsmitglieder ver-<lb/>
wandelt worden. &#x2014; <hi rendition="#aq">XIII.</hi> Bey einigen &#x017F;ind durch Verglei-<lb/>
che noch be&#x017F;ondere Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e einge&#x017F;chra&#x0364;nkter Freyheiten oder<lb/>
Unterwu&#x0364;rfigkeiten ent&#x017F;tanden. &#x2014; <hi rendition="#aq">XIV. XV.</hi> In einer &#x017F;o<lb/>
großen Ver&#x017F;chiedenheit der vielerlev be&#x017F;onderen Teut&#x017F;chen<lb/>
Staaten gibt es auch natu&#x0364;rlich eine große Mannigfaltigkeit<lb/>
mehr oder minder glu&#x0364;cklicher La&#x0364;nder. &#x2014; <hi rendition="#aq">XVI.</hi> Eben das<lb/>
gilt auch von reichsritter&#x017F;chaftlichen Gebieten, &#x2014; <hi rendition="#aq">XVII.</hi> und<lb/>
von Reichs&#x017F;ta&#x0364;dten. &#x2014; <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> Im Ganzen beha&#x0364;lt die<lb/>
Staatsverfa&#x017F;&#x017F;ung des Teut&#x017F;chen Reichs noch immer unver-<lb/>
kennbare Vorzu&#x0364;ge, &#x2014; die jeden Teut&#x017F;chen zu frohen Aus-<lb/>
&#x017F;ichten in die fernere Zukunft beleben ko&#x0364;nnen.</p>
          </argument><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>in Hauptum&#x017F;tand, ohne welchen man &#x017F;ich vom<note place="right"><hi rendition="#aq">I.</hi></note><lb/>
heutigen Zu&#x017F;tande des Teut&#x017F;chen Reichs und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 5</fw><fw place="bottom" type="catch">de&#x017F;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0315] 5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten. V. Einige beſondere Quellen der großen Mannig- faltigkeit der beſonderen Teutſchen Staaten. I. Ungemein haͤufig ſind mehrere Laͤnder auf gar vie- lerley Art unter einen Herrn gekommen; — II. welches ſo- wohl auf die groͤßere Macht einiger Haͤuſer als auf die Ver- faſſung der Laͤnder Einfluß gehabt hat; — III. beſonders in Laͤndern, die ihre Landesherren nicht mehr bey ſich haben. — IV. Mehrere geiſtliche Laͤnder ſind oft bloß zufaͤlliger Weiſe und nur auf Lebenszeit unter einem Herrn vereiniget. — V. In weltlichen Laͤndern kann ſich zu Zeiten etwas aͤhnli- ches mit Vormundſchaften und Debitcommiſſionen zutra- gen; — So koͤnnen auch apanagirte Herren und Wittwen oder Erbtoͤchter dazu kommen, Regierungen zu fuͤhren. — VI. Hinwiederum hat oft ein Land mehrere Herren, von denen es gemeinſchaftlich regiert wird; — VII. oder mit abwech- ſelnden Regierungen. — VIII. Noch gibt es beſondere Ver- faſſungen in Laͤndern, welche in einigen Haͤuſern juͤngere Linien in gewiſſer Abhaͤngigkeit von der aͤltern regierenden Linie beſitzen. — IX. X. Eine andere Art von Abhaͤngigkeit kann ſich in einzelnen reichsritterſchaftlichen Gebieten von den Cantons oder Kreiſen der Reichsritterſchaft aͤußern; — wie auch in reichsſtaͤndiſchen Laͤndern von Collegialverfuͤgungen oder Kreisſchluͤſſen. — XI. XII. Hin und wieder gibt es Streitigkeiten uͤber den Zuſtand der Unmittelbarkeit und Reichsfreyheit einzelner Glieder des Reichs, — oder ſo ge- nannte Exemtionsſtreitigkeiten; — wodurch manche, die ſich fuͤr unmittelbar gehalten, in mittelbare Reichsmitglieder ver- wandelt worden. — XIII. Bey einigen ſind durch Verglei- che noch beſondere Verhaͤltniſſe eingeſchraͤnkter Freyheiten oder Unterwuͤrfigkeiten entſtanden. — XIV. XV. In einer ſo großen Verſchiedenheit der vielerlev beſonderen Teutſchen Staaten gibt es auch natuͤrlich eine große Mannigfaltigkeit mehr oder minder gluͤcklicher Laͤnder. — XVI. Eben das gilt auch von reichsritterſchaftlichen Gebieten, — XVII. und von Reichsſtaͤdten. — XVIII. Im Ganzen behaͤlt die Staatsverfaſſung des Teutſchen Reichs noch immer unver- kennbare Vorzuͤge, — die jeden Teutſchen zu frohen Aus- ſichten in die fernere Zukunft beleben koͤnnen. Ein Hauptumſtand, ohne welchen man ſich vom heutigen Zuſtande des Teutſchen Reichs und deſ- I. S 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/315
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/315>, abgerufen am 19.03.2024.