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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XII. Franz der I. 1748-1764.
lische Corpus am 29. Nov. 1758. den Schluß,
daß es auf den Fall, wenn jener Vortrag gesche-
hen, und etwa die Mehrheit der Stimmen nach
der dabey vor Augen habenden Absicht für sich ha-
ben sollte, in partes gehen würde.


II.

Hierüber kam es von neuem zur Sprache, ob
man auch außer eigentlichen Religionssachen in
partes
gehen könne? und ob hierzu nothwendig
eine völlige Einmüthigkeit aller evangelischen Stän-
de erforderlich sey? oder ob nicht auch dazu viel-
mehr ein Gesammtschluß, den das Corpus seiner
Verfassung gemäß durch die Mehrheit der Stim-
men gefasset habe, hinreiche? (f) Der Kaiser
Franz unternahm sogar den Schluß des evangeli-
schen Religionstheils für null und nichtig zu erklä-
ren. Das ließ sich aber mit der Vorschrift des
Westphälischen Friedens, daß in Fällen der Tren-
nung beider Religionstheile nur allein gütliche
Vergleichung statt finden sollte (sola amicabilis
compositio litem dirimat,
) nicht vereinigen.
Dem evangelischen Religionstheile konnte es also
nicht an Gründen fehlen, seine Gerechtsame stand-
haft zu behaupten. Es behielt auch dabey sein
Bewenden. Die Achtserklärung erfolgte nicht.
Sie ward nicht einmal zum Vortrage gebracht,
wie sonst unfehlbar geschehen seyn würde. -- Das
war übrigens seit der Zwingenbergischen Sache,
also seit 31. Jahren, der erste namhafte Fall, da
das evangelische Corpus sich genöthiget sah, zu
diesem Rettungsmittel seine Zuflucht zu nehmen.
Jetzt ereignete sich aber bald darauf noch ein Fall,
der eben diese Nothwendigkeit veranlaßte.


Als
(f) Oben Th. 2. S. 394. 398.

XII. Franz der I. 1748-1764.
liſche Corpus am 29. Nov. 1758. den Schluß,
daß es auf den Fall, wenn jener Vortrag geſche-
hen, und etwa die Mehrheit der Stimmen nach
der dabey vor Augen habenden Abſicht fuͤr ſich ha-
ben ſollte, in partes gehen wuͤrde.


II.

Hieruͤber kam es von neuem zur Sprache, ob
man auch außer eigentlichen Religionsſachen in
partes
gehen koͤnne? und ob hierzu nothwendig
eine voͤllige Einmuͤthigkeit aller evangeliſchen Staͤn-
de erforderlich ſey? oder ob nicht auch dazu viel-
mehr ein Geſammtſchluß, den das Corpus ſeiner
Verfaſſung gemaͤß durch die Mehrheit der Stim-
men gefaſſet habe, hinreiche? (f) Der Kaiſer
Franz unternahm ſogar den Schluß des evangeli-
ſchen Religionstheils fuͤr null und nichtig zu erklaͤ-
ren. Das ließ ſich aber mit der Vorſchrift des
Weſtphaͤliſchen Friedens, daß in Faͤllen der Tren-
nung beider Religionstheile nur allein guͤtliche
Vergleichung ſtatt finden ſollte (ſola amicabilis
compoſitio litem dirimat,
) nicht vereinigen.
Dem evangeliſchen Religionstheile konnte es alſo
nicht an Gruͤnden fehlen, ſeine Gerechtſame ſtand-
haft zu behaupten. Es behielt auch dabey ſein
Bewenden. Die Achtserklaͤrung erfolgte nicht.
Sie ward nicht einmal zum Vortrage gebracht,
wie ſonſt unfehlbar geſchehen ſeyn wuͤrde. — Das
war uͤbrigens ſeit der Zwingenbergiſchen Sache,
alſo ſeit 31. Jahren, der erſte namhafte Fall, da
das evangeliſche Corpus ſich genoͤthiget ſah, zu
dieſem Rettungsmittel ſeine Zuflucht zu nehmen.
Jetzt ereignete ſich aber bald darauf noch ein Fall,
der eben dieſe Nothwendigkeit veranlaßte.


Als
(f) Oben Th. 2. S. 394. 398.
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[110/0144] XII. Franz der I. 1748-1764. liſche Corpus am 29. Nov. 1758. den Schluß, daß es auf den Fall, wenn jener Vortrag geſche- hen, und etwa die Mehrheit der Stimmen nach der dabey vor Augen habenden Abſicht fuͤr ſich ha- ben ſollte, in partes gehen wuͤrde. Hieruͤber kam es von neuem zur Sprache, ob man auch außer eigentlichen Religionsſachen in partes gehen koͤnne? und ob hierzu nothwendig eine voͤllige Einmuͤthigkeit aller evangeliſchen Staͤn- de erforderlich ſey? oder ob nicht auch dazu viel- mehr ein Geſammtſchluß, den das Corpus ſeiner Verfaſſung gemaͤß durch die Mehrheit der Stim- men gefaſſet habe, hinreiche? (f) Der Kaiſer Franz unternahm ſogar den Schluß des evangeli- ſchen Religionstheils fuͤr null und nichtig zu erklaͤ- ren. Das ließ ſich aber mit der Vorſchrift des Weſtphaͤliſchen Friedens, daß in Faͤllen der Tren- nung beider Religionstheile nur allein guͤtliche Vergleichung ſtatt finden ſollte (ſola amicabilis compoſitio litem dirimat,) nicht vereinigen. Dem evangeliſchen Religionstheile konnte es alſo nicht an Gruͤnden fehlen, ſeine Gerechtſame ſtand- haft zu behaupten. Es behielt auch dabey ſein Bewenden. Die Achtserklaͤrung erfolgte nicht. Sie ward nicht einmal zum Vortrage gebracht, wie ſonſt unfehlbar geſchehen ſeyn wuͤrde. — Das war uͤbrigens ſeit der Zwingenbergiſchen Sache, alſo ſeit 31. Jahren, der erſte namhafte Fall, da das evangeliſche Corpus ſich genoͤthiget ſah, zu dieſem Rettungsmittel ſeine Zuflucht zu nehmen. Jetzt ereignete ſich aber bald darauf noch ein Fall, der eben dieſe Nothwendigkeit veranlaßte. Als (f) Oben Th. 2. S. 394. 398.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/144>, abgerufen am 25.04.2024.