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Pufendorf, Samuel von: Bericht Vom Zustande des Teutschen Reichs. [s. l.], 1667.

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Vom Zustand
galt bey den meisten die democratia, da
der gemeine Mann zum Regiment etwas
zu sagen hat. Etliche hatten ihre Könige/
welche aber fast mehr nur zu rathen/ als zu
gebieten gehabt. Denn diese nation hat
niemals gäntzlich dienstbar werden wollen.
Hat also diß alte Teutschland nimmer ein
absonderliches Reich/ eben wie unser Jta-
lien/ Spanien/ Franckreich/ Britannien
und Griechenland (nemlich/ ehe und be-
vor diese Länder von den Römern be-
zwungen murden) gehabt/ welcher
Zustand aus diesem ersten Uhrsprung
der Städte/ dadurch die abgesonderte
Familien allmehlich ein Corpus gewor-
den/ desto klärer zu sehen war. Aber
ob gleich diesen Alten solche autonomia
unter dem schein der Freyheit sehr anmu-
thig vorkam/ musten doch diese vielerley
regierungen durch ihre offt wiederholete
Kriege zu grunde gehen. Und machten sich
diese sonst streitbare Völcker auch damit
der außländischen Einfälle unterwürffig/
daß sie ihre Macht nicht durch eine gewisse

Re-

Vom Zuſtand
galt bey den meiſten die democratia, da
der gemeine Mann zum Regiment etwas
zu ſagen hat. Etliche hatten ihre Koͤnige/
welche aber faſt mehr nur zu rathen/ als zu
gebieten gehabt. Denn dieſe nation hat
niemals gaͤntzlich dienſtbar werden wollen.
Hat alſo diß alte Teutſchland nimmer ein
abſonderliches Reich/ eben wie unſer Jta-
lien/ Spanien/ Franckreich/ Britannien
und Griechenland (nemlich/ ehe und be-
vor dieſe Laͤnder von den Roͤmern be-
zwungen murden) gehabt/ welcher
Zuſtand aus dieſem erſten Uhrſprung
der Staͤdte/ dadurch die abgeſonderte
Familien allmehlich ein Corpus gewor-
den/ deſto klaͤrer zu ſehen war. Aber
ob gleich dieſen Alten ſolche autonomia
unter dem ſchein der Freyheit ſehr anmu-
thig vorkam/ muſten doch dieſe vielerley
regierungen durch ihre offt wiederholete
Kriege zu grunde gehen. Und machten ſich
dieſe ſonſt ſtreitbare Voͤlcker auch damit
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daß ſie ihre Macht nicht durch eine gewiſſe

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[4/0026] Vom Zuſtand galt bey den meiſten die democratia, da der gemeine Mann zum Regiment etwas zu ſagen hat. Etliche hatten ihre Koͤnige/ welche aber faſt mehr nur zu rathen/ als zu gebieten gehabt. Denn dieſe nation hat niemals gaͤntzlich dienſtbar werden wollen. Hat alſo diß alte Teutſchland nimmer ein abſonderliches Reich/ eben wie unſer Jta- lien/ Spanien/ Franckreich/ Britannien und Griechenland (nemlich/ ehe und be- vor dieſe Laͤnder von den Roͤmern be- zwungen murden) gehabt/ welcher Zuſtand aus dieſem erſten Uhrſprung der Staͤdte/ dadurch die abgeſonderte Familien allmehlich ein Corpus gewor- den/ deſto klaͤrer zu ſehen war. Aber ob gleich dieſen Alten ſolche autonomia unter dem ſchein der Freyheit ſehr anmu- thig vorkam/ muſten doch dieſe vielerley regierungen durch ihre offt wiederholete Kriege zu grunde gehen. Und machten ſich dieſe ſonſt ſtreitbare Voͤlcker auch damit der außlaͤndiſchen Einfaͤlle unterwuͤrffig/ daß ſie ihre Macht nicht durch eine gewiſſe Re-

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Bericht Vom Zustande des Teutschen Reichs. [s. l.], 1667, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_bericht_1667/26>, abgerufen am 29.03.2024.