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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

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Das VIII. Capitel
ret werden/ die eingebrachten weit über-
treffen: und müste also Teutschland noth-
wendig reich seyn/ zumahl das Silber in
considerabler Menge alldar aus der Er-
den gegraben wird.

Regie-
rungs-form.
§. 20.

Was die Regierungs-Art von
Teutschland betrifft/ so ist es nit ein solch
Reich/ da ein König ist/ der des gantzen
Reichs Kräffte brauchen kan/ und nach
dessen blossen Befehl sich alle und jede/ so
im gantzen Reich sich befinden/ anschi-
cken müssen. Es ist auch alldar die Kö-
nigliche Gewalt nicht auf solche Masse
umbschrencket/ wie in einigen andern
Reichen in Europa/ wo der König ge-
wisse actus der höchsten Gewalt ohne der
Stände Bewilligung nicht exerciren
kan. Sondern es hat seine eigene Beschaf-
fenheit mit der Regirung in Teutschland/
dergleichen in keinem Reich in der Chri-
stenheit zu finden/ ohne daß vor alten Zei-
ten Franckreich fast ein gleiches Aussehen
gehabt. Denn es hat zwar Teutschland
ein Haupt/ so den Titel eines Römischen
Keysers führet; welcher Titel in seiner
ersten Bedeutung nichts anders als die
Souverainität über die Stadt Rom/ und
die Protection über die Römische Kirche
und dero patrimonium importiret; wel-
che Dignität durch Ottonem I. an das

Teut-

Das VIII. Capitel
ret werden/ die eingebrachten weit uͤber-
treffen: und muͤſte alſo Teutſchland noth-
wendig reich ſeyn/ zumahl das Silber in
conſiderabler Menge alldar aus der Er-
den gegraben wird.

Regie-
rungs-form.
§. 20.

Was die Regierungs-Art von
Teutſchland betrifft/ ſo iſt es nit ein ſolch
Reich/ da ein Koͤnig iſt/ der des gantzen
Reichs Kraͤffte brauchen kan/ und nach
deſſen bloſſen Befehl ſich alle und jede/ ſo
im gantzen Reich ſich befinden/ anſchi-
cken muͤſſen. Es iſt auch alldar die Koͤ-
nigliche Gewalt nicht auf ſolche Maſſe
umbſchrencket/ wie in einigen andern
Reichen in Europa/ wo der Koͤnig ge-
wiſſe actus der hoͤchſten Gewalt ohne der
Staͤnde Bewilligung nicht exerciren
kan. Sondern es hat ſeine eigene Beſchaf-
fenheit mit deꝛ Regirung in Teutſchland/
dergleichen in keinem Reich in der Chri-
ſtenheit zu finden/ ohne daß vor alten Zei-
ten Franckreich faſt ein gleiches Ausſehen
gehabt. Denn es hat zwar Teutſchland
ein Haupt/ ſo den Titel eines Roͤmiſchen
Keyſers fuͤhret; welcher Titel in ſeiner
erſten Bedeutung nichts anders als die
Souverainitaͤt uͤber die Stadt Rom/ und
die Protection uͤber die Roͤmiſche Kirche
und dero patrimonium importiret; wel-
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[612/0642] Das VIII. Capitel ret werden/ die eingebrachten weit uͤber- treffen: und muͤſte alſo Teutſchland noth- wendig reich ſeyn/ zumahl das Silber in conſiderabler Menge alldar aus der Er- den gegraben wird. §. 20. Was die Regierungs-Art von Teutſchland betrifft/ ſo iſt es nit ein ſolch Reich/ da ein Koͤnig iſt/ der des gantzen Reichs Kraͤffte brauchen kan/ und nach deſſen bloſſen Befehl ſich alle und jede/ ſo im gantzen Reich ſich befinden/ anſchi- cken muͤſſen. Es iſt auch alldar die Koͤ- nigliche Gewalt nicht auf ſolche Maſſe umbſchrencket/ wie in einigen andern Reichen in Europa/ wo der Koͤnig ge- wiſſe actus der hoͤchſten Gewalt ohne der Staͤnde Bewilligung nicht exerciren kan. Sondern es hat ſeine eigene Beſchaf- fenheit mit deꝛ Regirung in Teutſchland/ dergleichen in keinem Reich in der Chri- ſtenheit zu finden/ ohne daß vor alten Zei- ten Franckreich faſt ein gleiches Ausſehen gehabt. Denn es hat zwar Teutſchland ein Haupt/ ſo den Titel eines Roͤmiſchen Keyſers fuͤhret; welcher Titel in ſeiner erſten Bedeutung nichts anders als die Souverainitaͤt uͤber die Stadt Rom/ und die Protection uͤber die Roͤmiſche Kirche und dero patrimonium importiret; wel- che Dignitaͤt durch Ottonem I. an das Teut-

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/642>, abgerufen am 28.03.2024.