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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

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Das I. Capitel
richteten in Jtalien ein eigen Königreich
auff/ und hatte Rom nicht einmahl die
Ehre/ daß es des Gothischen Reichs Re-
sidentz wäre.

Das Key-
serthum
zu Con-
stanti-nopel.
§. 20.

Wiewol aber solcher Gestalt die
Westlichen Stücken des Röm. Reichs in
anderer Völcker Hände geraten; so stun-
den doch die Oestlichen Provintzien/ deren
Hauptstadt Constantinopel war/ noch
viele hundert Jahr. Wiewol dieses Orien-
talische Reich bey weitem nicht an Macht
und Ansehen dem alten Rom gleich gan-
gen. Und saget Agathias I. V. daß da son-
sten die Römische milice von 645000. Mann
bestanden/ zu Justiniani Zeit selbige sich
kaum auf 150000. belauffen habe. Zwar
hub es an unter besagtem Justiniano sich
etwas zu regen/ indem Belisarius das
Reich der Wandalen in Africa/ und Nae-
ser der Gothen in Jtalien (welche durch
die delicatessen der warmen Länder wa-
ren gar weibisch worden) zerstöret. Aber
es ward mit der Zeit immer schwächer/
und zwackte einer hier/ der ander dort ein
Stück davon. Es hulffen auch die Keyser
selbst nit wenig zu dessen Untergang/ wel-
che theils in Wollüsten ersoffen gantz wei-
bisch waren/ theils einer den andern übern
hauffen warf. Und zwar so rissen ein Theil
davon die Bulgari an sich. Die Saracenen
nahmen Syrien/ Palaestinam, Egypten/

Cili-

Das I. Capitel
richteten in Jtalien ein eigen Koͤnigreich
auff/ und hatte Rom nicht einmahl die
Ehre/ daß es des Gothiſchen Reichs Re-
ſidentz waͤre.

Das Key-
ſerthum
zu Con-
ſtanti-nopel.
§. 20.

Wiewol aber ſolcher Geſtalt die
Weſtlichen Stuͤcken des Roͤm. Reichs in
anderer Voͤlcker Haͤnde geraten; ſo ſtun-
den doch die Oeſtlichen Provintzien/ deren
Hauptſtadt Conſtantinopel war/ noch
viele hundeꝛt Jahr. Wiewol dieſes Orien-
taliſche Reich bey weitem nicht an Macht
und Anſehen dem alten Rom gleich gan-
gen. Und ſaget Agathias I. V. daß da ſon-
ſtẽ die Roͤmiſche milice von 645000. Mañ
beſtanden/ zu Juſtiniani Zeit ſelbige ſich
kaum auf 150000. belauffen habe. Zwar
hub es an unter beſagtem Juſtiniano ſich
etwas zu regen/ indem Beliſarius das
Reich der Wandalen in Africa/ und Nae-
ſer der Gothen in Jtalien (welche durch
die delicateſſen der warmen Laͤnder wa-
ren gar weibiſch worden) zerſtoͤret. Aber
es ward mit der Zeit immer ſchwaͤcher/
und zwackte einer hier/ der ander dort ein
Stuͤck davon. Es hulffen auch die Keyſer
ſelbſt nit wenig zu deſſen Untergang/ wel-
che theils in Wolluͤſten erſoffen gantz wei-
biſch waren/ theils einer den andern uͤbeꝛn
hauffen warf. Und zwar ſo riſſẽ ein Theil
davon die Bulgari an ſich. Die Saracenen
nahmen Syrien/ Palæſtinam, Egypten/

Cili-
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[50/0080] Das I. Capitel richteten in Jtalien ein eigen Koͤnigreich auff/ und hatte Rom nicht einmahl die Ehre/ daß es des Gothiſchen Reichs Re- ſidentz waͤre. §. 20. Wiewol aber ſolcher Geſtalt die Weſtlichen Stuͤcken des Roͤm. Reichs in anderer Voͤlcker Haͤnde geraten; ſo ſtun- den doch die Oeſtlichen Provintzien/ deren Hauptſtadt Conſtantinopel war/ noch viele hundeꝛt Jahr. Wiewol dieſes Orien- taliſche Reich bey weitem nicht an Macht und Anſehen dem alten Rom gleich gan- gen. Und ſaget Agathias I. V. daß da ſon- ſtẽ die Roͤmiſche milice von 645000. Mañ beſtanden/ zu Juſtiniani Zeit ſelbige ſich kaum auf 150000. belauffen habe. Zwar hub es an unter beſagtem Juſtiniano ſich etwas zu regen/ indem Beliſarius das Reich der Wandalen in Africa/ und Nae- ſer der Gothen in Jtalien (welche durch die delicateſſen der warmen Laͤnder wa- ren gar weibiſch worden) zerſtoͤret. Aber es ward mit der Zeit immer ſchwaͤcher/ und zwackte einer hier/ der ander dort ein Stuͤck davon. Es hulffen auch die Keyſer ſelbſt nit wenig zu deſſen Untergang/ wel- che theils in Wolluͤſten erſoffen gantz wei- biſch waren/ theils einer den andern uͤbeꝛn hauffen warf. Und zwar ſo riſſẽ ein Theil davon die Bulgari an ſich. Die Saracenen nahmen Syrien/ Palæſtinam, Egypten/ Cili-

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/80>, abgerufen am 28.03.2024.