Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das VIII. Capitel
ländern unterschieden/ mit nichten en sou-
verain
regieren kan; so befindet sich doch/
daß je mehr Macht und Ansehen ein Key-
ser für sich selbst gehabt/ je mehr haben sich
die Stände nach seinem Willen müssen
anschicken. Jnmassen man denn auch be-
findet/ daß die Hoheit der Stände/ ohne
was von der Churfürsten Amt in der
Güldenen Bulla ausdrücklich disponiret
ist/ mehr auf das Herkommen und alten
Gebrauch/ als auf ausdrückliche Consti-
tutiones
sich gegründet; biß durch den
Westphälischen Frieden selbige Hoheit
und gerechtsame klar/ ausdrücklich und
absonderlich confirmiret worden.

§. 21.

Wiewol nun Teutschland in sich
so grosse Kräffte hat/ daß es allen Nach-
barn könte formidabel seyn; im Fall sel-
bige recht und wohl vereiniget/ eingerich-
tet und gebrauchet würden: so befinden
sich doch in diesem grossen Cörper nicht
geringe Kranckheiten/ die den Gebrauch
seiner Kräffte verhindern/ und schwächen.
Zu denen die irregulierte Regierungs-
form nicht den wenigsten Anlaß giebt/
als welche eygentlich kein Königreich/
noch Systema sociorum ist/ sondern von
beyden etwas hat/ in dem weder der Key-
ser über das gesambte Reich/ noch jeder
Stand besonders über sein Land die

voll-

Das VIII. Capitel
laͤndern unteꝛſchieden/ mit nichten en ſou-
verain
regieren kan; ſo befindet ſich doch/
daß je mehr Macht und Anſehen ein Key-
ſer fuͤr ſich ſelbſt gehabt/ je mehꝛ haben ſich
die Staͤnde nach ſeinem Willen muͤſſen
anſchicken. Jnmaſſen man denn auch be-
findet/ daß die Hoheit der Staͤnde/ ohne
was von der Churfuͤrſten Amt in der
Guͤldenen Bulla ausdruͤcklich diſponiret
iſt/ mehr auf das Herkommen und alten
Gebrauch/ als auf ausdruͤckliche Conſti-
tutiones
ſich gegruͤndet; biß durch den
Weſtphaͤliſchen Frieden ſelbige Hoheit
und gerechtſame klar/ ausdruͤcklich und
abſonderlich confirmiret worden.

§. 21.

Wiewol nun Teutſchland in ſich
ſo groſſe Kraͤffte hat/ daß es allen Nach-
barn koͤnte formidabel ſeyn; im Fall ſel-
bige recht und wohl vereiniget/ eingerich-
tet und gebrauchet wuͤrden: ſo befinden
ſich doch in dieſem groſſen Coͤrper nicht
geringe Kranckheiten/ die den Gebrauch
ſeineꝛ Kraͤffte verhindern/ und ſchwaͤchen.
Zu denen die irregulierte Regierungs-
form nicht den wenigſten Anlaß giebt/
als welche eygentlich kein Koͤnigreich/
noch Syſtema ſociorum iſt/ ſondern von
beyden etwas hat/ in dem weder der Key-
ſer uͤber das geſambte Reich/ noch jeder
Stand beſonders uͤber ſein Land die

voll-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0644" n="614"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
la&#x0364;ndern unte&#xA75B;&#x017F;chieden/ mit nichten <hi rendition="#aq">en &#x017F;ou-<lb/>
verain</hi> regieren kan; &#x017F;o befindet &#x017F;ich doch/<lb/>
daß je mehr Macht und An&#x017F;ehen ein Key-<lb/>
&#x017F;er fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gehabt/ je meh&#xA75B; haben &#x017F;ich<lb/>
die Sta&#x0364;nde nach &#x017F;einem Willen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
an&#x017F;chicken. Jnma&#x017F;&#x017F;en man denn auch be-<lb/>
findet/ daß die Hoheit der Sta&#x0364;nde/ ohne<lb/>
was von der Churfu&#x0364;r&#x017F;ten Amt in der<lb/>
Gu&#x0364;ldenen <hi rendition="#aq">Bulla</hi> ausdru&#x0364;cklich <hi rendition="#aq">di&#x017F;ponir</hi>et<lb/>
i&#x017F;t/ mehr auf das Herkommen und alten<lb/>
Gebrauch/ als auf ausdru&#x0364;ckliche <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ti-<lb/>
tutiones</hi> &#x017F;ich gegru&#x0364;ndet; biß durch den<lb/>
We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Frieden &#x017F;elbige Hoheit<lb/>
und gerecht&#x017F;ame klar/ ausdru&#x0364;cklich und<lb/>
ab&#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">confirmir</hi>et worden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 21.</head>
            <p>Wiewol nun Teut&#x017F;chland in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Kra&#x0364;ffte hat/ daß es allen Nach-<lb/>
barn ko&#x0364;nte <hi rendition="#aq">formidabel</hi> &#x017F;eyn; im Fall &#x017F;el-<lb/>
bige recht und wohl vereiniget/ eingerich-<lb/>
tet und gebrauchet wu&#x0364;rden: &#x017F;o befinden<lb/>
&#x017F;ich doch in die&#x017F;em gro&#x017F;&#x017F;en Co&#x0364;rper nicht<lb/>
geringe Kranckheiten/ die den Gebrauch<lb/>
&#x017F;eine&#xA75B; Kra&#x0364;ffte verhindern/ und &#x017F;chwa&#x0364;chen.<lb/>
Zu denen die <hi rendition="#aq">irregulier</hi>te Regierungs-<lb/>
form nicht den wenig&#x017F;ten Anlaß giebt/<lb/>
als welche eygentlich kein Ko&#x0364;nigreich/<lb/>
noch <hi rendition="#aq">Sy&#x017F;tema &#x017F;ociorum</hi> i&#x017F;t/ &#x017F;ondern von<lb/>
beyden etwas hat/ in dem weder der Key-<lb/>
&#x017F;er u&#x0364;ber das ge&#x017F;ambte Reich/ noch jeder<lb/>
Stand be&#x017F;onders u&#x0364;ber &#x017F;ein Land die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">voll-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[614/0644] Das VIII. Capitel laͤndern unteꝛſchieden/ mit nichten en ſou- verain regieren kan; ſo befindet ſich doch/ daß je mehr Macht und Anſehen ein Key- ſer fuͤr ſich ſelbſt gehabt/ je mehꝛ haben ſich die Staͤnde nach ſeinem Willen muͤſſen anſchicken. Jnmaſſen man denn auch be- findet/ daß die Hoheit der Staͤnde/ ohne was von der Churfuͤrſten Amt in der Guͤldenen Bulla ausdruͤcklich diſponiret iſt/ mehr auf das Herkommen und alten Gebrauch/ als auf ausdruͤckliche Conſti- tutiones ſich gegruͤndet; biß durch den Weſtphaͤliſchen Frieden ſelbige Hoheit und gerechtſame klar/ ausdruͤcklich und abſonderlich confirmiret worden. §. 21. Wiewol nun Teutſchland in ſich ſo groſſe Kraͤffte hat/ daß es allen Nach- barn koͤnte formidabel ſeyn; im Fall ſel- bige recht und wohl vereiniget/ eingerich- tet und gebrauchet wuͤrden: ſo befinden ſich doch in dieſem groſſen Coͤrper nicht geringe Kranckheiten/ die den Gebrauch ſeineꝛ Kraͤffte verhindern/ und ſchwaͤchen. Zu denen die irregulierte Regierungs- form nicht den wenigſten Anlaß giebt/ als welche eygentlich kein Koͤnigreich/ noch Syſtema ſociorum iſt/ ſondern von beyden etwas hat/ in dem weder der Key- ſer uͤber das geſambte Reich/ noch jeder Stand beſonders uͤber ſein Land die voll-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/644
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/644>, abgerufen am 19.04.2024.