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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

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Das X. Capitel
Seite an Teutschland/ da beyderseits
das Land offen stehet; und insonderheit
gräntzet es an die Keyserliche Erbländer
in Schlesien/ wie auch an eine Spitze von
Ungern. Wiewohl nun das Teutsche
Reich Polen an Macht weit überlegen;
so sind doch beyder Reiche interesse der-
massen bewandt/ daß nicht leicht eine Ur-
sache entstehen kan/ dardurch selbige col-
lidir
et werden solten. Es wäre denn/ daß
Polen sich auch mit andern darwider
setzte/ wenn man in Teutschland eine ab-
solut
e Monarchie zimmern wolte. Auf
welchen Fall Polen gnugsamen Bey-
stand so wohl in Teutschland selbst/ als
bey andern finden würde/ die hierin glei-
ches interesse haben. Oesterreich für sich
selbst hat nicht Kräffte genug Polen mit
Gewalt zu zwingen/ oder ein so weit-
läufftig/ eben/ und volckreich Land/ dar-
innen wenig Festungen sind/ zu behau-
pten. Und wenn sonsten keiner wäre/ der
Polen auf solchen Fall beystünde/ wür-
de es der Türcke nimmer leyden/ daß Oe-
sterreich alldar grosse progressen thun
solte; der auch gar bequem solches ver-
hindern kan. Aber vermittelst einer gut-
willigen Wahl Polen an sich zu knüpffen/
hat wohl Oesterreich/ aber niemahls die
verständigen Polen Lust gehabt/ wegen

der

Das X. Capitel
Seite an Teutſchland/ da beyderſeits
das Land offen ſtehet; und inſonderheit
graͤntzet es an die Keyſerliche Erblaͤnder
in Schleſien/ wie auch an eine Spitze von
Ungern. Wiewohl nun das Teutſche
Reich Polen an Macht weit uͤberlegen;
ſo ſind doch beyder Reiche intereſſe der-
maſſen bewandt/ daß nicht leicht eine Ur-
ſache entſtehen kan/ dardurch ſelbige col-
lidir
et werden ſolten. Es waͤre denn/ daß
Polen ſich auch mit andern darwider
ſetzte/ wenn man in Teutſchland eine ab-
ſolut
e Monarchie zimmern wolte. Auf
welchen Fall Polen gnugſamen Bey-
ſtand ſo wohl in Teutſchland ſelbſt/ als
bey andern finden wuͤrde/ die hierin glei-
ches intereſſe haben. Oeſterreich fuͤr ſich
ſelbſt hat nicht Kraͤffte genug Polen mit
Gewalt zu zwingen/ oder ein ſo weit-
laͤufftig/ eben/ und volckreich Land/ dar-
innen wenig Feſtungen ſind/ zu behau-
pten. Und wenn ſonſten keiner waͤre/ der
Polen auf ſolchen Fall beyſtuͤnde/ wuͤr-
de es der Tuͤrcke nimmer leyden/ daß Oe-
ſterreich alldar groſſe progreſſen thun
ſolte; der auch gar bequem ſolches ver-
hindern kan. Aber vermittelſt einer gut-
willigẽ Wahl Polen an ſich zu knuͤpffen/
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[704/0734] Das X. Capitel Seite an Teutſchland/ da beyderſeits das Land offen ſtehet; und inſonderheit graͤntzet es an die Keyſerliche Erblaͤnder in Schleſien/ wie auch an eine Spitze von Ungern. Wiewohl nun das Teutſche Reich Polen an Macht weit uͤberlegen; ſo ſind doch beyder Reiche intereſſe der- maſſen bewandt/ daß nicht leicht eine Ur- ſache entſtehen kan/ dardurch ſelbige col- lidiret werden ſolten. Es waͤre denn/ daß Polen ſich auch mit andern darwider ſetzte/ wenn man in Teutſchland eine ab- ſolute Monarchie zimmern wolte. Auf welchen Fall Polen gnugſamen Bey- ſtand ſo wohl in Teutſchland ſelbſt/ als bey andern finden wuͤrde/ die hierin glei- ches intereſſe haben. Oeſterreich fuͤr ſich ſelbſt hat nicht Kraͤffte genug Polen mit Gewalt zu zwingen/ oder ein ſo weit- laͤufftig/ eben/ und volckreich Land/ dar- innen wenig Feſtungen ſind/ zu behau- pten. Und wenn ſonſten keiner waͤre/ der Polen auf ſolchen Fall beyſtuͤnde/ wuͤr- de es der Tuͤrcke nimmer leyden/ daß Oe- ſterreich alldar groſſe progreſſen thun ſolte; der auch gar bequem ſolches ver- hindern kan. Aber vermittelſt einer gut- willigẽ Wahl Polen an ſich zu knuͤpffen/ hat wohl Oeſterreich/ aber niemahls die verſtaͤndigen Polen Luſt gehabt/ wegen der

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/734>, abgerufen am 25.04.2024.