Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

drittes Capitel.
ziehung bedingen würde. Jn der
That
aber bekommen Eltern die
Herrschafft über ihre Kinder/ wenn
sie dieselbe nach der Geburt dafür an-
nehmen/ ernehren/ und sie zu einen
nützlichen Gliedmaß der menschli-
chen Gesellschafft zu erziehen sich
möglichst angelegen seyn lassen.

§. 3.

Weil aber zur Erzielung
lung eines Kindes die Mutter nicht
minder/ als der Vater
beytrit/
und also dasselbe/ der Natur nach/
beyden gemein ist/ als fraget sichs
billich/ welches von beyden ein
Mehrers Recht und Gewalt
über das Kind habe?
Und darauf
muß man mit Unterscheid antwor-
ten. Denn wenn ein Kind ausser
ordentlicher Ehe
gezeuget worden/
so stehet dasselbige freylich der Mut-
ter am ersten zu/ weil man den Va-
ter/ ohne der Mutter Anzeuge/ nicht
wissen kan. So mag es auch unter

de-

drittes Capitel.
ziehung bedingen wuͤrde. Jn der
That
aber bekommen Eltern die
Herꝛſchafft uͤber ihre Kinder/ wenn
ſie dieſelbe nach der Geburt dafuͤr an-
nehmen/ ernehren/ und ſie zu einen
nuͤtzlichen Gliedmaß der menſchli-
chen Geſellſchafft zu erziehen ſich
moͤglichſt angelegen ſeyn laſſen.

§. 3.

Weil aber zur Erzielung
lung eines Kindes die Mutter nicht
minder/ als der Vater
beytrit/
und alſo daſſelbe/ der Natur nach/
beyden gemein iſt/ als fraget ſichs
billich/ welches von beyden ein
Mehrers Recht und Gewalt
uͤber das Kind habe?
Und darauf
muß man mit Unterſcheid antwor-
ten. Denn wenn ein Kind auſſer
ordentlicher Ehe
gezeuget worden/
ſo ſtehet daſſelbige freylich der Mut-
ter am erſten zu/ weil man den Va-
ter/ ohne der Mutter Anzeuge/ nicht
wiſſen kan. So mag es auch unter

de-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0483" n="419"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">drittes Capitel.</hi></fw><lb/>
ziehung bedingen wu&#x0364;rde. <hi rendition="#fr">Jn der<lb/>
That</hi> aber bekommen Eltern die<lb/>
Her&#xA75B;&#x017F;chafft u&#x0364;ber ihre Kinder/ wenn<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;elbe nach der Geburt dafu&#x0364;r an-<lb/>
nehmen/ ernehren/ und &#x017F;ie zu einen<lb/>
nu&#x0364;tzlichen Gliedmaß der men&#x017F;chli-<lb/>
chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft zu erziehen &#x017F;ich<lb/>
mo&#x0364;glich&#x017F;t angelegen &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 3.</head>
            <p>Weil aber zur Erzielung<lb/>
lung eines Kindes die <hi rendition="#fr">Mutter nicht<lb/>
minder/ als der Vater</hi> beytrit/<lb/>
und al&#x017F;o da&#x017F;&#x017F;elbe/ der Natur nach/<lb/>
beyden gemein i&#x017F;t/ als fraget &#x017F;ichs<lb/>
billich/ <hi rendition="#fr">welches von beyden ein<lb/>
Mehrers Recht und Gewalt<lb/>
u&#x0364;ber das Kind habe?</hi> Und darauf<lb/>
muß man mit Unter&#x017F;cheid antwor-<lb/>
ten. Denn wenn ein Kind <hi rendition="#fr">au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ordentlicher Ehe</hi> gezeuget worden/<lb/>
&#x017F;o &#x017F;tehet da&#x017F;&#x017F;elbige freylich der Mut-<lb/>
ter am er&#x017F;ten zu/ weil man den Va-<lb/>
ter/ ohne der Mutter Anzeuge/ nicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en kan. So mag es auch unter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">de-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[419/0483] drittes Capitel. ziehung bedingen wuͤrde. Jn der That aber bekommen Eltern die Herꝛſchafft uͤber ihre Kinder/ wenn ſie dieſelbe nach der Geburt dafuͤr an- nehmen/ ernehren/ und ſie zu einen nuͤtzlichen Gliedmaß der menſchli- chen Geſellſchafft zu erziehen ſich moͤglichſt angelegen ſeyn laſſen. §. 3. Weil aber zur Erzielung lung eines Kindes die Mutter nicht minder/ als der Vater beytrit/ und alſo daſſelbe/ der Natur nach/ beyden gemein iſt/ als fraget ſichs billich/ welches von beyden ein Mehrers Recht und Gewalt uͤber das Kind habe? Und darauf muß man mit Unterſcheid antwor- ten. Denn wenn ein Kind auſſer ordentlicher Ehe gezeuget worden/ ſo ſtehet daſſelbige freylich der Mut- ter am erſten zu/ weil man den Va- ter/ ohne der Mutter Anzeuge/ nicht wiſſen kan. So mag es auch unter de-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/483
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/483>, abgerufen am 24.04.2024.