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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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erstes Capitel.
kommen/ welche vollkommendlich
zu entscheiden immer ein Mensch
mehr Verstand und Vorsichtigkeit
hat/ als der andere. Und ist dem-
nach auch kein Wunder/ wenn einer
etwa zu demjenigen Lust hat/ wovor
der andere den grössesten Eckel und
Abscheu träget.

§. 12.

Es stehet aber auch des
Menschen Gemüthe bey einen jeden
Vorhaben nicht allemal in gleicher
Wage/ dergestalt/ daß/ nachdem
er vorher alles reiflich erwogen/ blos
der innerliche Antrieb den Ausschlag
auf diese oder jene Seite geben solte;
sondern er muß sich vielmals durch
äusserliche Gewichte mehr auf die ei-
ne/ als andere Part lencken/ oder nie-
derziehen lassen. Denn zugeschwei-
gen der allgemeinen Geneigtheit de-
rer sterblichen zum Bösen/ von des-
sen Ursprunge und Beschaffenheit zu
handeln anderswohin gehöret; So

weiß
B 3

erſtes Capitel.
kommen/ welche vollkommendlich
zu entſcheiden immer ein Menſch
mehr Verſtand und Vorſichtigkeit
hat/ als der andere. Und iſt dem-
nach auch kein Wunder/ wenn einer
etwa zu demjenigen Luſt hat/ wovor
der andere den groͤſſeſten Eckel und
Abſcheu traͤget.

§. 12.

Es ſtehet aber auch des
Menſchen Gemuͤthe bey einen jeden
Vorhaben nicht allemal in gleicher
Wage/ dergeſtalt/ daß/ nachdem
er vorher alles reiflich erwogen/ blos
der innerliche Antrieb den Ausſchlag
auf dieſe oder jene Seite geben ſolte;
ſondern er muß ſich vielmals durch
aͤuſſerliche Gewichte mehr auf die ei-
ne/ als andere Part lencken/ oder nie-
derziehen laſſen. Denn zugeſchwei-
gen der allgemeinen Geneigtheit de-
rer ſterblichen zum Boͤſen/ von deſ-
ſen Urſprunge und Beſchaffenheit zu
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weiß
B 3
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[17/0081] erſtes Capitel. kommen/ welche vollkommendlich zu entſcheiden immer ein Menſch mehr Verſtand und Vorſichtigkeit hat/ als der andere. Und iſt dem- nach auch kein Wunder/ wenn einer etwa zu demjenigen Luſt hat/ wovor der andere den groͤſſeſten Eckel und Abſcheu traͤget. §. 12. Es ſtehet aber auch des Menſchen Gemuͤthe bey einen jeden Vorhaben nicht allemal in gleicher Wage/ dergeſtalt/ daß/ nachdem er vorher alles reiflich erwogen/ blos der innerliche Antrieb den Ausſchlag auf dieſe oder jene Seite geben ſolte; ſondern er muß ſich vielmals durch aͤuſſerliche Gewichte mehr auf die ei- ne/ als andere Part lencken/ oder nie- derziehen laſſen. Denn zugeſchwei- gen der allgemeinen Geneigtheit de- rer ſterblichen zum Boͤſen/ von deſ- ſen Urſprunge und Beſchaffenheit zu handeln anderswohin gehoͤret; So weiß B 3

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/81>, abgerufen am 19.04.2024.