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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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Des ersten Buchs
bemühen/ damit der andere nicht
Ursache finden möge/ sich seiner
Wohlthat reuen zu lassen. Denn
wenn man iemanden aus gewissen
Ursachen besonders nicht wil ver-
pflichtet werden/ so kan man die an-
getragenen Gutthaten stracks an-
fänglich mit guter Manier ausschla-
gen. Und wahrhafftig/ wenn es gantz
nicht vonnöthen wäre/ erkäntlich zu
seyn/ so handelte derjenige wider alle
Vernunfft/ der das Seinige vor die
lange Weile wegwerffen/ und/ was
er vor sichtlichen Augen verlohren
sehe/ an iemanden anwenden wolte.
Auf solche Art dürffte unter denen
Menschen alles Vertrauen und
Gutthätigkeit/ ja hiebenebenst auch
alle Wohlgewogenheit/ aufhören/
und würde keiner den andern um-
sonst ichtwas zugefallen seyn/ auch
kein Mensche sich mehr um des an-
dern Gunst bewerben.

§. 8.

Des erſten Buchs
bemuͤhen/ damit der andere nicht
Urſache finden moͤge/ ſich ſeiner
Wohlthat reuen zu laſſen. Denn
wenn man iemanden aus gewiſſen
Urſachen beſonders nicht wil ver-
pflichtet werden/ ſo kan man die an-
getragenen Gutthaten ſtracks an-
faͤnglich mit guter Manier ausſchla-
gen. Und wahrhafftig/ wenn es gantz
nicht vonnoͤthen waͤre/ erkaͤntlich zu
ſeyn/ ſo handelte derjenige wider alle
Vernunfft/ der das Seinige vor die
lange Weile wegwerffen/ und/ was
er vor ſichtlichen Augen verlohren
ſehe/ an iemanden anwenden wolte.
Auf ſolche Art duͤrffte unter denen
Menſchen alles Vertrauen und
Gutthaͤtigkeit/ ja hiebenebenſt auch
alle Wohlgewogenheit/ aufhoͤren/
und wuͤrde keiner den andern um-
ſonſt ichtwas zugefallen ſeyn/ auch
kein Menſche ſich mehr um des an-
dern Gunſt bewerben.

§. 8.
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[210/0274] Des erſten Buchs bemuͤhen/ damit der andere nicht Urſache finden moͤge/ ſich ſeiner Wohlthat reuen zu laſſen. Denn wenn man iemanden aus gewiſſen Urſachen beſonders nicht wil ver- pflichtet werden/ ſo kan man die an- getragenen Gutthaten ſtracks an- faͤnglich mit guter Manier ausſchla- gen. Und wahrhafftig/ wenn es gantz nicht vonnoͤthen waͤre/ erkaͤntlich zu ſeyn/ ſo handelte derjenige wider alle Vernunfft/ der das Seinige vor die lange Weile wegwerffen/ und/ was er vor ſichtlichen Augen verlohren ſehe/ an iemanden anwenden wolte. Auf ſolche Art duͤrffte unter denen Menſchen alles Vertrauen und Gutthaͤtigkeit/ ja hiebenebenſt auch alle Wohlgewogenheit/ aufhoͤren/ und wuͤrde keiner den andern um- ſonſt ichtwas zugefallen ſeyn/ auch kein Menſche ſich mehr um des an- dern Gunſt bewerben. §. 8.

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/274>, abgerufen am 24.04.2024.