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Purtscheller, Ludwig: Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus und der alpinen Technik in den Deutschen und Oesterreichischen Alpen. In: Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Band XXV. Berlin, 1894, S. 95-176.

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L. Purtscheller.
Bettega, Giorgio Bernard, Angelo Dimai sind unübertroffene
Meister in der Kunst des Felskletterns. An diese
Männer schliessen sich an: Johann Niederwieser (Stabeler),
Simon Fankhauser, Johann Hörhager I, Johann Unterwurzacher,
Peter Unterberger, Stefan Kirchler, Josef

und Gabriel Spechtenhauser, Johann Windisch, Christian
Ranggetiner
, alle - soweit sie noch nicht ihre Eisaxt niedergelegt
haben oder nicht ein Opfer ihres Berufes geworden sind -
gleich tüchtig auf Fels und Eis, und jeder auch der schwierigsten
Aufgabe gewachsen. Neben dem Ramsauer Führer-Senior Johann
Grill (Kederbacher) und dem Tiroler Josef Spechtenhauser, dem
"Ideal eines Führers", wie ihn Eduard Richter mit Recht nannte,
vereinigte wohl der 1886 an der Glocknerwand verunglückte
Ranggetiner alle Eigenschaften eines Führers in vollendetster
Weise. Ein Hüne von Gestalt, besonnen und kühn in seinen
Entschlüssen, stark und sicher in der Ausführung, war er auch
ein grosser Verehrer der Berge, der nicht bloss des schnöden
Lohnes wegen stieg.

Ausser der rastlosen Thätigkeit der Bergsteiger verdankt der
Alpinismus auch dem überraschenden Aufschwunge des
Vereinswesens seine Entwicklung. Durch die Alpenvereine waren die
nöthigen Berührungspunkte der Alpinisten unter einander, die
Bedingungen und Mittel zur Herstellung von Hütten- und Wegbauten
und eine zweckentsprechende literarische Propaganda geschaffen.
Nachdem zuerst 1857 der englische "Alpine Club" gegründet
worden war, entstand 1862 der "Oesterreichische Alpenverein",
der sich 1874 mit dem 1869 gegründeten "Deutschen Alpenverein"
vereinigte, um unter dem Namen "Deutscher und Oesterreichischer
Alpenverein" seine erspriessliche Thätigkeit fortzusetzen, als dritter
Verein folgte 1863 der "Schweizer Alpen-Club", und im gleichen
Jahre der "Club Alpino di Torino", der sich seit 1879 "Club
Alpino Italiano" nannte. In Oesterreich entstanden noch 1869
der "Oesterreichische Touristen-Club", 1874 die "Societa degli
Alpinisti Tridentini" und 1878 der "Oesterreichische Alpen-Club",
während in Frankreich 1874 der "Club Alpin Francais" und 1874
die "Societe des Touristes du Dauphine" ins Leben gerufen
wurden.

Einen weiteren Aufschwung nahm der Alpinismus durch die
grossartige Entwicklung der Verkehrseinrichtungen. Wie das
ganze Jahrhundert, so steht auch die Touristik unter dem
Zeichen des Verkehres, und selbst in die entlegensten Alpen-
thäler

L. Purtscheller.
Bettega, Giorgio Bernard, Angelo Dimai sind unübertroffene
Meister in der Kunst des Felskletterns. An diese
Männer schliessen sich an: Johann Niederwieser (Stabeler),
Simon Fankhauser, Johann Hörhager I, Johann Unterwurzacher,
Peter Unterberger, Stefan Kirchler, Josef

und Gabriel Spechtenhauser, Johann Windisch, Christian
Ranggetiner
, alle – soweit sie noch nicht ihre Eisaxt niedergelegt
haben oder nicht ein Opfer ihres Berufes geworden sind -
gleich tüchtig auf Fels und Eis, und jeder auch der schwierigsten
Aufgabe gewachsen. Neben dem Ramsauer Führer-Senior Johann
Grill (Kederbacher) und dem Tiroler Josef Spechtenhauser, dem
„Ideal eines Führers“, wie ihn Eduard Richter mit Recht nannte,
vereinigte wohl der 1886 an der Glocknerwand verunglückte
Ranggetiner alle Eigenschaften eines Führers in vollendetster
Weise. Ein Hüne von Gestalt, besonnen und kühn in seinen
Entschlüssen, stark und sicher in der Ausführung, war er auch
ein grosser Verehrer der Berge, der nicht bloss des schnöden
Lohnes wegen stieg.

Ausser der rastlosen Thätigkeit der Bergsteiger verdankt der
Alpinismus auch dem überraschenden Aufschwunge des
Vereinswesens seine Entwicklung. Durch die Alpenvereine waren die
nöthigen Berührungspunkte der Alpinisten unter einander, die
Bedingungen und Mittel zur Herstellung von Hütten- und Wegbauten
und eine zweckentsprechende literarische Propaganda geschaffen.
Nachdem zuerst 1857 der englische „Alpine Club“ gegründet
worden war, entstand 1862 der „Oesterreichische Alpenverein“,
der sich 1874 mit dem 1869 gegründeten „Deutschen Alpenverein“
vereinigte, um unter dem Namen „Deutscher und Oesterreichischer
Alpenverein“ seine erspriessliche Thätigkeit fortzusetzen, als dritter
Verein folgte 1863 der „Schweizer Alpen-Club“, und im gleichen
Jahre der „Club Alpino di Torino“, der sich seit 1879 „Club
Alpino Italiano“ nannte. In Oesterreich entstanden noch 1869
der „Oesterreichische Touristen-Club“, 1874 die „Società degli
Alpinisti Tridentini“ und 1878 der „Oesterreichische Alpen-Club“,
während in Frankreich 1874 der „Club Alpin Francais“ und 1874
die „Société des Touristes du Dauphiné“ ins Leben gerufen
wurden.

Einen weiteren Aufschwung nahm der Alpinismus durch die
grossartige Entwicklung der Verkehrseinrichtungen. Wie das
ganze Jahrhundert, so steht auch die Touristik unter dem
Zeichen des Verkehres, und selbst in die entlegensten Alpen-
thäler

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[114/0020] L. Purtscheller. Bettega, Giorgio Bernard, Angelo Dimai sind unübertroffene Meister in der Kunst des Felskletterns. An diese Männer schliessen sich an: Johann Niederwieser (Stabeler), Simon Fankhauser, Johann Hörhager I, Johann Unterwurzacher, Peter Unterberger, Stefan Kirchler, Josef und Gabriel Spechtenhauser, Johann Windisch, Christian Ranggetiner, alle – soweit sie noch nicht ihre Eisaxt niedergelegt haben oder nicht ein Opfer ihres Berufes geworden sind - gleich tüchtig auf Fels und Eis, und jeder auch der schwierigsten Aufgabe gewachsen. Neben dem Ramsauer Führer-Senior Johann Grill (Kederbacher) und dem Tiroler Josef Spechtenhauser, dem „Ideal eines Führers“, wie ihn Eduard Richter mit Recht nannte, vereinigte wohl der 1886 an der Glocknerwand verunglückte Ranggetiner alle Eigenschaften eines Führers in vollendetster Weise. Ein Hüne von Gestalt, besonnen und kühn in seinen Entschlüssen, stark und sicher in der Ausführung, war er auch ein grosser Verehrer der Berge, der nicht bloss des schnöden Lohnes wegen stieg. Ausser der rastlosen Thätigkeit der Bergsteiger verdankt der Alpinismus auch dem überraschenden Aufschwunge des Vereinswesens seine Entwicklung. Durch die Alpenvereine waren die nöthigen Berührungspunkte der Alpinisten unter einander, die Bedingungen und Mittel zur Herstellung von Hütten- und Wegbauten und eine zweckentsprechende literarische Propaganda geschaffen. Nachdem zuerst 1857 der englische „Alpine Club“ gegründet worden war, entstand 1862 der „Oesterreichische Alpenverein“, der sich 1874 mit dem 1869 gegründeten „Deutschen Alpenverein“ vereinigte, um unter dem Namen „Deutscher und Oesterreichischer Alpenverein“ seine erspriessliche Thätigkeit fortzusetzen, als dritter Verein folgte 1863 der „Schweizer Alpen-Club“, und im gleichen Jahre der „Club Alpino di Torino“, der sich seit 1879 „Club Alpino Italiano“ nannte. In Oesterreich entstanden noch 1869 der „Oesterreichische Touristen-Club“, 1874 die „Società degli Alpinisti Tridentini“ und 1878 der „Oesterreichische Alpen-Club“, während in Frankreich 1874 der „Club Alpin Francais“ und 1874 die „Société des Touristes du Dauphiné“ ins Leben gerufen wurden. Einen weiteren Aufschwung nahm der Alpinismus durch die grossartige Entwicklung der Verkehrseinrichtungen. Wie das ganze Jahrhundert, so steht auch die Touristik unter dem Zeichen des Verkehres, und selbst in die entlegensten Alpen- thäler

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Zitationshilfe: Purtscheller, Ludwig: Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus und der alpinen Technik in den Deutschen und Oesterreichischen Alpen. In: Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Band XXV. Berlin, 1894, S. 95-176, hier S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/purtscheller_alpinismus_1894/20>, abgerufen am 28.03.2024.