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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Das XIV. Hauptstück.
9. §.

Hierzu kann auch das abwechselnde Piano und Forte sehr Vieles bey-
tragen, als welches nebst dem, von kleinen und großen Manieren ver-
mischten, geschikt abwechselnden Zusatze, hier, das durch den Spieler
auszudrückende musikalische Licht und Schatten, und von der äußersten
Nothwendigkeit ist. Jedoch muß solches mit vieler Beurtheilung gebrau-
chet werden, damit man nicht mit allzugroßer Heftigkeit von dem einen
zum andern gehe, sondern unvermerkt zu und abnehme.

10. §.

Hat man eine lange Note entweder von einem halben oder ganzen
Tacte zu halten, welches die Jtaliäner messa di voce nennen; so muß
man dieselbe vors erste mir der Zunge weich anstoßen, und fast nur hau-
chen; alsdenn ganz piano anfangen, die Stärke des Tones bis in die
Mitte der Note wachsen lassen; und von da eben wieder so abnehmen, bis
an das Ende der Note: auch neben dem nächsten offenen Loche mit dem
Finger eine Bebung machen. Damit aber der Ton in währendem Zu-
und Abnehmen nicht höher oder tiefer werde, (welcher Fehler aus der Ei-
genschaft der Flöte entspringen könnte;) so muß man hier die im 22. §.
des IV. Hauptstücks gegebene Regel in Uebung bringen: so wird der Ton
mit den begleitenden Jnstrumenten in beständig gleicher Stimmung er-
halten, man blase stark oder schwach.

11. §.

Die auf eine lange Note folgenden singenden Noten, können etwas
erhabener gespielet werden. Doch muß eine jede Note, sie sey ein Vier-
theil, oder Achttheil, oder Sechzehntheil, ihr Piano und Forte in sich
haben, nachdem es die Zeit leidet. Finden sich aber einige nach einander
gehende Noten, wo es die Zeit nicht erlaubet, eine jede besonders, in der
Verstärkung des Tones, wachsend zu machen; so kann man doch, unter
währenden solchen Noten, mit dem Tone zu und abnehmen; so daß etli-
che stärker, etliche wieder etwas schwächer klingen. Und diese Bewegung
der Stärke des Tones, muß mit der Brust, nämlich durch das Hauchen
geschehen.

12. §.

Ferner ist zu beobachten, daß der Gesang beständig unterhalten wer-
de, und man nicht zur Unzeit Athem hole. Besonders muß man bey den
vorkommenden Pausen, den Ton nicht sogleich verlassen, sondern die letzte
Note lieber etwas länger halten, als es das Zeitmaaß derselben erfodert:

Es
Das XIV. Hauptſtuͤck.
9. §.

Hierzu kann auch das abwechſelnde Piano und Forte ſehr Vieles bey-
tragen, als welches nebſt dem, von kleinen und großen Manieren ver-
miſchten, geſchikt abwechſelnden Zuſatze, hier, das durch den Spieler
auszudruͤckende muſikaliſche Licht und Schatten, und von der aͤußerſten
Nothwendigkeit iſt. Jedoch muß ſolches mit vieler Beurtheilung gebrau-
chet werden, damit man nicht mit allzugroßer Heftigkeit von dem einen
zum andern gehe, ſondern unvermerkt zu und abnehme.

10. §.

Hat man eine lange Note entweder von einem halben oder ganzen
Tacte zu halten, welches die Jtaliaͤner meſſa di voce nennen; ſo muß
man dieſelbe vors erſte mir der Zunge weich anſtoßen, und faſt nur hau-
chen; alsdenn ganz piano anfangen, die Staͤrke des Tones bis in die
Mitte der Note wachſen laſſen; und von da eben wieder ſo abnehmen, bis
an das Ende der Note: auch neben dem naͤchſten offenen Loche mit dem
Finger eine Bebung machen. Damit aber der Ton in waͤhrendem Zu-
und Abnehmen nicht hoͤher oder tiefer werde, (welcher Fehler aus der Ei-
genſchaft der Floͤte entſpringen koͤnnte;) ſo muß man hier die im 22. §.
des IV. Hauptſtuͤcks gegebene Regel in Uebung bringen: ſo wird der Ton
mit den begleitenden Jnſtrumenten in beſtaͤndig gleicher Stimmung er-
halten, man blaſe ſtark oder ſchwach.

11. §.

Die auf eine lange Note folgenden ſingenden Noten, koͤnnen etwas
erhabener geſpielet werden. Doch muß eine jede Note, ſie ſey ein Vier-
theil, oder Achttheil, oder Sechzehntheil, ihr Piano und Forte in ſich
haben, nachdem es die Zeit leidet. Finden ſich aber einige nach einander
gehende Noten, wo es die Zeit nicht erlaubet, eine jede beſonders, in der
Verſtaͤrkung des Tones, wachſend zu machen; ſo kann man doch, unter
waͤhrenden ſolchen Noten, mit dem Tone zu und abnehmen; ſo daß etli-
che ſtaͤrker, etliche wieder etwas ſchwaͤcher klingen. Und dieſe Bewegung
der Staͤrke des Tones, muß mit der Bruſt, naͤmlich durch das Hauchen
geſchehen.

12. §.

Ferner iſt zu beobachten, daß der Geſang beſtaͤndig unterhalten wer-
de, und man nicht zur Unzeit Athem hole. Beſonders muß man bey den
vorkommenden Pauſen, den Ton nicht ſogleich verlaſſen, ſondern die letzte
Note lieber etwas laͤnger halten, als es das Zeitmaaß derſelben erfodert:

Es
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[140/0158] Das XIV. Hauptſtuͤck. 9. §. Hierzu kann auch das abwechſelnde Piano und Forte ſehr Vieles bey- tragen, als welches nebſt dem, von kleinen und großen Manieren ver- miſchten, geſchikt abwechſelnden Zuſatze, hier, das durch den Spieler auszudruͤckende muſikaliſche Licht und Schatten, und von der aͤußerſten Nothwendigkeit iſt. Jedoch muß ſolches mit vieler Beurtheilung gebrau- chet werden, damit man nicht mit allzugroßer Heftigkeit von dem einen zum andern gehe, ſondern unvermerkt zu und abnehme. 10. §. Hat man eine lange Note entweder von einem halben oder ganzen Tacte zu halten, welches die Jtaliaͤner meſſa di voce nennen; ſo muß man dieſelbe vors erſte mir der Zunge weich anſtoßen, und faſt nur hau- chen; alsdenn ganz piano anfangen, die Staͤrke des Tones bis in die Mitte der Note wachſen laſſen; und von da eben wieder ſo abnehmen, bis an das Ende der Note: auch neben dem naͤchſten offenen Loche mit dem Finger eine Bebung machen. Damit aber der Ton in waͤhrendem Zu- und Abnehmen nicht hoͤher oder tiefer werde, (welcher Fehler aus der Ei- genſchaft der Floͤte entſpringen koͤnnte;) ſo muß man hier die im 22. §. des IV. Hauptſtuͤcks gegebene Regel in Uebung bringen: ſo wird der Ton mit den begleitenden Jnſtrumenten in beſtaͤndig gleicher Stimmung er- halten, man blaſe ſtark oder ſchwach. 11. §. Die auf eine lange Note folgenden ſingenden Noten, koͤnnen etwas erhabener geſpielet werden. Doch muß eine jede Note, ſie ſey ein Vier- theil, oder Achttheil, oder Sechzehntheil, ihr Piano und Forte in ſich haben, nachdem es die Zeit leidet. Finden ſich aber einige nach einander gehende Noten, wo es die Zeit nicht erlaubet, eine jede beſonders, in der Verſtaͤrkung des Tones, wachſend zu machen; ſo kann man doch, unter waͤhrenden ſolchen Noten, mit dem Tone zu und abnehmen; ſo daß etli- che ſtaͤrker, etliche wieder etwas ſchwaͤcher klingen. Und dieſe Bewegung der Staͤrke des Tones, muß mit der Bruſt, naͤmlich durch das Hauchen geſchehen. 12. §. Ferner iſt zu beobachten, daß der Geſang beſtaͤndig unterhalten wer- de, und man nicht zur Unzeit Athem hole. Beſonders muß man bey den vorkommenden Pauſen, den Ton nicht ſogleich verlaſſen, ſondern die letzte Note lieber etwas laͤnger halten, als es das Zeitmaaß derſelben erfodert: Es

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/158>, abgerufen am 28.03.2024.