Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

man hingegen in einem kleinen oder tapezirten Zimmer, wo die Zuhörer nahe dabey stehen: so wird ein geschwinder Triller besser seyn, als ein langsamer. Man muß ferner zu unterscheiden wissen, was für Stücke man spielet; damit man nicht, wie viele thun, eine Sache mit der andern vermenge. In traurigen Stücken muß der Triller langsamer; in lustigen aber geschwinder geschlagen werden.

3. §

Man muß aber die Langsamkeit und Geschwindigkeit hierinne nicht aufs äußerste treiben. Der ganz langsame Triller ist nur bey den Franzosen im Singen üblich; er tauget aber eben so wenig, als der ganz geschwinde zitternde, welchen die Franzosen chevrote (meckernd) nennen. Man darf sich nicht verführen lassen, wenn auch einige der größten und berühmtesten Sänger den Triller absonderlich auf die letztere Art schlügen. Manche halten diesen meckernden Triller, aus Unwissenheit, wohl gar für ein besonderes Verdienst; sie wissen aber nicht, daß ein mäßig geschwinder und gleichschlagender Triller viel schwerer zu erlernen ist, als der ganz geschwinde zitternde; welcher folglich vielmehr für einen Fehler gehalten werden muß.

4. §.

Der Terzentriller, da man anstatt des nächst über der Hauptnote liegenden Tones, die Terze anschlägt, ob er wohl vor Alters üblich war, auch heut zu Tage noch bey einigen italiänischen Violinisten und Hoboisten Mode ist, darf dennoch, weder im Singen, noch auf Instrumenten, (es müßte denn die Sackpfeife seyn) gebrauchet werden. Denn ein jeder Triller darf nicht mehr, als den Raum von einem ganzen oder halben Tone einnehmen; nachdem es nämlich die Tonart, und die Note, von welcher der Triller seinen Ursprung nimmt, erfodert.

5. §.

Soll der Triller recht schön seyn; so muß er egal, oder in einer gleichen, und dabey mäßigen Geschwindigkeit, geschlagen werden. Auf Instrumenten müssen deswegen die Finger bey keinem Schlage höher, als bey dem andern, aufgehoben werden.

6. §.

Die rechte Geschwindigkeit eines ordentlichen guten Trillers genau zu bestimmen, dürfte wohl etwas schwer fallen. Doch glaube ich, daß es weder zu langsam noch zu geschwind seyn würde, wenn man einen langen Triller, der zum Schlusse vorbereitet, so schlüge, daß der Finger in der Zeit

man hingegen in einem kleinen oder tapezirten Zimmer, wo die Zuhörer nahe dabey stehen: so wird ein geschwinder Triller besser seyn, als ein langsamer. Man muß ferner zu unterscheiden wissen, was für Stücke man spielet; damit man nicht, wie viele thun, eine Sache mit der andern vermenge. In traurigen Stücken muß der Triller langsamer; in lustigen aber geschwinder geschlagen werden.

3. §

Man muß aber die Langsamkeit und Geschwindigkeit hierinne nicht aufs äußerste treiben. Der ganz langsame Triller ist nur bey den Franzosen im Singen üblich; er tauget aber eben so wenig, als der ganz geschwinde zitternde, welchen die Franzosen chevroté (meckernd) nennen. Man darf sich nicht verführen lassen, wenn auch einige der größten und berühmtesten Sänger den Triller absonderlich auf die letztere Art schlügen. Manche halten diesen meckernden Triller, aus Unwissenheit, wohl gar für ein besonderes Verdienst; sie wissen aber nicht, daß ein mäßig geschwinder und gleichschlagender Triller viel schwerer zu erlernen ist, als der ganz geschwinde zitternde; welcher folglich vielmehr für einen Fehler gehalten werden muß.

4. §.

Der Terzentriller, da man anstatt des nächst über der Hauptnote liegenden Tones, die Terze anschlägt, ob er wohl vor Alters üblich war, auch heut zu Tage noch bey einigen italiänischen Violinisten und Hoboisten Mode ist, darf dennoch, weder im Singen, noch auf Instrumenten, (es müßte denn die Sackpfeife seyn) gebrauchet werden. Denn ein jeder Triller darf nicht mehr, als den Raum von einem ganzen oder halben Tone einnehmen; nachdem es nämlich die Tonart, und die Note, von welcher der Triller seinen Ursprung nimmt, erfodert.

5. §.

Soll der Triller recht schön seyn; so muß er egal, oder in einer gleichen, und dabey mäßigen Geschwindigkeit, geschlagen werden. Auf Instrumenten müssen deswegen die Finger bey keinem Schlage höher, als bey dem andern, aufgehoben werden.

6. §.

Die rechte Geschwindigkeit eines ordentlichen guten Trillers genau zu bestimmen, dürfte wohl etwas schwer fallen. Doch glaube ich, daß es weder zu langsam noch zu geschwind seyn würde, wenn man einen langen Triller, der zum Schlusse vorbereitet, so schlüge, daß der Finger in der Zeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0098" n="84"/>
man hingegen in einem kleinen oder tapezirten Zimmer, wo die Zuhörer nahe dabey stehen: so wird ein geschwinder Triller besser seyn, als ein langsamer. Man muß ferner zu unterscheiden wissen, was für Stücke man spielet; damit man nicht, wie viele thun, eine Sache mit der andern vermenge. In traurigen Stücken muß der Triller langsamer; in lustigen aber geschwinder geschlagen werden.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3. §</head><lb/>
            <p>Man muß aber die Langsamkeit und Geschwindigkeit hierinne nicht aufs äußerste treiben. Der ganz langsame Triller ist nur bey den Franzosen im Singen üblich; er tauget aber eben so wenig, als der ganz geschwinde zitternde, welchen die Franzosen <hi rendition="#aq">chevroté</hi> (meckernd) nennen. Man darf sich nicht verführen lassen, wenn auch einige der größten und berühmtesten Sänger den Triller absonderlich auf die letztere Art schlügen. Manche halten diesen meckernden Triller, aus Unwissenheit, wohl gar für ein besonderes Verdienst; sie wissen aber nicht, daß ein mäßig geschwinder und gleichschlagender Triller viel schwerer zu erlernen ist, als der ganz geschwinde zitternde; welcher folglich vielmehr für einen Fehler gehalten werden muß.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>4. §.</head><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#fr">Terzentriller</hi>, da man anstatt des nächst über der Hauptnote liegenden Tones, die Terze anschlägt, ob er wohl vor Alters üblich war, auch heut zu Tage noch bey einigen italiänischen Violinisten und Hoboisten Mode ist, darf dennoch, weder im Singen, noch auf Instrumenten, (es müßte denn die Sackpfeife seyn) gebrauchet werden. Denn ein jeder Triller darf nicht mehr, als den Raum von einem ganzen oder halben Tone einnehmen; nachdem es nämlich die Tonart, und die Note, von welcher der Triller seinen Ursprung nimmt, erfodert.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>5. §.</head><lb/>
            <p>Soll der Triller recht schön seyn; so muß er egal, oder in einer gleichen, und dabey mäßigen Geschwindigkeit, geschlagen werden. Auf Instrumenten müssen deswegen die Finger bey keinem Schlage höher, als bey dem andern, aufgehoben werden.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>6. §.</head><lb/>
            <p>Die rechte Geschwindigkeit eines ordentlichen guten Trillers genau zu bestimmen, dürfte wohl etwas schwer fallen. Doch glaube ich, daß es weder zu langsam noch zu geschwind seyn würde, wenn man einen <hi rendition="#fr">langen</hi> Triller, der zum Schlusse vorbereitet, so schlüge, daß der Finger in der Zeit
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0098] man hingegen in einem kleinen oder tapezirten Zimmer, wo die Zuhörer nahe dabey stehen: so wird ein geschwinder Triller besser seyn, als ein langsamer. Man muß ferner zu unterscheiden wissen, was für Stücke man spielet; damit man nicht, wie viele thun, eine Sache mit der andern vermenge. In traurigen Stücken muß der Triller langsamer; in lustigen aber geschwinder geschlagen werden. 3. § Man muß aber die Langsamkeit und Geschwindigkeit hierinne nicht aufs äußerste treiben. Der ganz langsame Triller ist nur bey den Franzosen im Singen üblich; er tauget aber eben so wenig, als der ganz geschwinde zitternde, welchen die Franzosen chevroté (meckernd) nennen. Man darf sich nicht verführen lassen, wenn auch einige der größten und berühmtesten Sänger den Triller absonderlich auf die letztere Art schlügen. Manche halten diesen meckernden Triller, aus Unwissenheit, wohl gar für ein besonderes Verdienst; sie wissen aber nicht, daß ein mäßig geschwinder und gleichschlagender Triller viel schwerer zu erlernen ist, als der ganz geschwinde zitternde; welcher folglich vielmehr für einen Fehler gehalten werden muß. 4. §. Der Terzentriller, da man anstatt des nächst über der Hauptnote liegenden Tones, die Terze anschlägt, ob er wohl vor Alters üblich war, auch heut zu Tage noch bey einigen italiänischen Violinisten und Hoboisten Mode ist, darf dennoch, weder im Singen, noch auf Instrumenten, (es müßte denn die Sackpfeife seyn) gebrauchet werden. Denn ein jeder Triller darf nicht mehr, als den Raum von einem ganzen oder halben Tone einnehmen; nachdem es nämlich die Tonart, und die Note, von welcher der Triller seinen Ursprung nimmt, erfodert. 5. §. Soll der Triller recht schön seyn; so muß er egal, oder in einer gleichen, und dabey mäßigen Geschwindigkeit, geschlagen werden. Auf Instrumenten müssen deswegen die Finger bey keinem Schlage höher, als bey dem andern, aufgehoben werden. 6. §. Die rechte Geschwindigkeit eines ordentlichen guten Trillers genau zu bestimmen, dürfte wohl etwas schwer fallen. Doch glaube ich, daß es weder zu langsam noch zu geschwind seyn würde, wenn man einen langen Triller, der zum Schlusse vorbereitet, so schlüge, daß der Finger in der Zeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-30T10:17:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-30T10:17:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-30T10:17:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/98
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/98>, abgerufen am 19.04.2024.