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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Das XIII. Hauptstück.
Von den willkührlichen Veränderungen über die simpeln Intervalle.
1. §.

Der Unterschied zwischen einer nach dem italiänischen, und einer nach dem französischen Geschmacke gesetzten Melodie, ist, so weit dieser Unterschied sich aus die Auszierungen des Gesanges erstrecket, im X. Hauptstücke beyläufig gezeiget worden. Man wird daraus ersehen, das die Melodie, bey denen, so nach dem italienischen Geschmacke componiren, nicht wie bey den französischen Componisten geschieht, mit allen Manieren dergestalt ausgeführet ist, daß nicht noch etwas könne darzu gesetzet, und verbessert werden: und daß es folglich ausser denen im VIII. und IX. Hauptstücke gelehreten wesentlichen Manieren, noch andere Auszierungen giebt, welche von der Geschiklichkeit und dem freyen Willen des Ausführers abhängen.

2. §.

Fast niemand der, zumal ausserhalb Frankreichs, die Musik zu erlernen sich befleißiget, begnüget sich mit Ausführung der wesentlichen Manieren allein; sondern der größte Theil empfindet bey sich eine Begierde, die ihn Veränderungen oder willkührliche Auszierungen zu machen antreibt. Diese Begierde ist nun zwar an sich selbst nicht zu tadeln: doch kann sie, ohne die Composition oder wenigstens den Generalbaß zu verstehen, nicht erfüllet werden. Weil es aber den meisten an der dazu gehörigen Anweisung fehlet: so geht folglich die Sache sehr langsam zu; und es kommen dadurch viele unrichtige und ungeschikte Gedanken zum Vorscheine: so daß es öfters besser seyn würde, die Melodie so, wie sie der Componist gesetzet hat, zu spielen, als sie mehrentheils durch dergleichen schlechte Veränderungen zu verderben.

Das XIII. Hauptstück.
Von den willkührlichen Veränderungen über die simpeln Intervalle.
1. §.

Der Unterschied zwischen einer nach dem italiänischen, und einer nach dem französischen Geschmacke gesetzten Melodie, ist, so weit dieser Unterschied sich aus die Auszierungen des Gesanges erstrecket, im X. Hauptstücke beyläufig gezeiget worden. Man wird daraus ersehen, das die Melodie, bey denen, so nach dem italienischen Geschmacke componiren, nicht wie bey den französischen Componisten geschieht, mit allen Manieren dergestalt ausgeführet ist, daß nicht noch etwas könne darzu gesetzet, und verbessert werden: und daß es folglich ausser denen im VIII. und IX. Hauptstücke gelehreten wesentlichen Manieren, noch andere Auszierungen giebt, welche von der Geschiklichkeit und dem freyen Willen des Ausführers abhängen.

2. §.

Fast niemand der, zumal ausserhalb Frankreichs, die Musik zu erlernen sich befleißiget, begnüget sich mit Ausführung der wesentlichen Manieren allein; sondern der größte Theil empfindet bey sich eine Begierde, die ihn Veränderungen oder willkührliche Auszierungen zu machen antreibt. Diese Begierde ist nun zwar an sich selbst nicht zu tadeln: doch kann sie, ohne die Composition oder wenigstens den Generalbaß zu verstehen, nicht erfüllet werden. Weil es aber den meisten an der dazu gehörigen Anweisung fehlet: so geht folglich die Sache sehr langsam zu; und es kommen dadurch viele unrichtige und ungeschikte Gedanken zum Vorscheine: so daß es öfters besser seyn würde, die Melodie so, wie sie der Componist gesetzet hat, zu spielen, als sie mehrentheils durch dergleichen schlechte Veränderungen zu verderben.

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[118/0132] Das XIII. Hauptstück. Von den willkührlichen Veränderungen über die simpeln Intervalle. 1. §. Der Unterschied zwischen einer nach dem italiänischen, und einer nach dem französischen Geschmacke gesetzten Melodie, ist, so weit dieser Unterschied sich aus die Auszierungen des Gesanges erstrecket, im X. Hauptstücke beyläufig gezeiget worden. Man wird daraus ersehen, das die Melodie, bey denen, so nach dem italienischen Geschmacke componiren, nicht wie bey den französischen Componisten geschieht, mit allen Manieren dergestalt ausgeführet ist, daß nicht noch etwas könne darzu gesetzet, und verbessert werden: und daß es folglich ausser denen im VIII. und IX. Hauptstücke gelehreten wesentlichen Manieren, noch andere Auszierungen giebt, welche von der Geschiklichkeit und dem freyen Willen des Ausführers abhängen. 2. §. Fast niemand der, zumal ausserhalb Frankreichs, die Musik zu erlernen sich befleißiget, begnüget sich mit Ausführung der wesentlichen Manieren allein; sondern der größte Theil empfindet bey sich eine Begierde, die ihn Veränderungen oder willkührliche Auszierungen zu machen antreibt. Diese Begierde ist nun zwar an sich selbst nicht zu tadeln: doch kann sie, ohne die Composition oder wenigstens den Generalbaß zu verstehen, nicht erfüllet werden. Weil es aber den meisten an der dazu gehörigen Anweisung fehlet: so geht folglich die Sache sehr langsam zu; und es kommen dadurch viele unrichtige und ungeschikte Gedanken zum Vorscheine: so daß es öfters besser seyn würde, die Melodie so, wie sie der Componist gesetzet hat, zu spielen, als sie mehrentheils durch dergleichen schlechte Veränderungen zu verderben.

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/132>, abgerufen am 16.04.2024.