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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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27. §.

Wenn bey einem Stücke: staccato steht, so müssen die Noten alle kurz gespielet, und mit dem Bogen abgesetzet werden. Da man aber, in gegenwärtigen Zeiten, selten ein Stück von einerley Noten zu setzen pfleget; sondern auf eine gute Vermischung derselben sieht: so werden über diejenigen Noten, welche das staccato erfodern, Strichelchen geschrieben.

Man muß sich aber bey diesen Noten nach dem Zeitmaaße, ob das Stück sehr langsam, oder sehr geschwind gespielet wird, richten, und die Noten im Adagio nicht eben so kurz, als die im Allegro, abstoßen: sonst würden die im Adagio allzutrocken und mager klingen. Die allgemeine Regel so man davon geben kann, ist diese: Wenn über etliche Noten Strichelchen stehen, müssen dieselben halb so lange klingen, als sie an und vor sich gelten. Steht aber nur über einer Note, auf welche etliche von geringerer Geltung folgen, ein Strichelchen: so bedeutet solches, nicht nur daß die Note halb so kurz seyn soll; sondern daß sie auch zugleich, mit dem Bogen, durch einen Druck markiret werden muß.

Also werden aus Viertheilen, Achttheilen, und aus Achttheilen Sechzehntheile u. s. w.

Oben ist gesaget worden, daß bey den Noten über welchen Strichelchen stehen, der Bogen von der Seyte etwas abgesetzet werden müsse. Dieses verstehe ich nur von solchen Noten, bey denen es die Zeit leidet. Also werden im Allegro die Achttheile, und im Allegretto die Sechzehntheile, wenn deren viele auf einander folgen, davon ausgenommen: denn diese müssen zwar mit einem ganz kurzen Bogenstriche gespielet, der Bogen aber niemals abgesetzet, oder von der Seyte entfernet werden. Denn wenn man ihn allezeit so weit aufheben wollte, als zum sogenannten Absetzen erfodert wird; so würde nicht Zeit genug übrig seyn, ihn wieder zu rechter Zeit drauf zu bringen; und diese Art Noten würden klingen als wenn sie gehacket oder gepeitschet würden.

In einem Adagio können die Noten, so unter der concertirenden Stimme eine Bewegung machen, wenn auch keine Strichelchen drüber stünden, dennoch als ein halb staccato angesehen, und folglich zwischen einer jeden Note, ein klein Stillschweigen beobachtet werden.

Wenn über den Noten Puncte stehen; so müssen solche mit einem kurzem Bogen tockiret, oder gestoßen, aber nicht abgesetzet werden. Steht über den Puncten noch ein Bogen; so müssen die Noten, so viel

27. §.

Wenn bey einem Stücke: staccato steht, so müssen die Noten alle kurz gespielet, und mit dem Bogen abgesetzet werden. Da man aber, in gegenwärtigen Zeiten, selten ein Stück von einerley Noten zu setzen pfleget; sondern auf eine gute Vermischung derselben sieht: so werden über diejenigen Noten, welche das staccato erfodern, Strichelchen geschrieben.

Man muß sich aber bey diesen Noten nach dem Zeitmaaße, ob das Stück sehr langsam, oder sehr geschwind gespielet wird, richten, und die Noten im Adagio nicht eben so kurz, als die im Allegro, abstoßen: sonst würden die im Adagio allzutrocken und mager klingen. Die allgemeine Regel so man davon geben kann, ist diese: Wenn über etliche Noten Strichelchen stehen, müssen dieselben halb so lange klingen, als sie an und vor sich gelten. Steht aber nur über einer Note, auf welche etliche von geringerer Geltung folgen, ein Strichelchen: so bedeutet solches, nicht nur daß die Note halb so kurz seyn soll; sondern daß sie auch zugleich, mit dem Bogen, durch einen Druck markiret werden muß.

Also werden aus Viertheilen, Achttheilen, und aus Achttheilen Sechzehntheile u. s. w.

Oben ist gesaget worden, daß bey den Noten über welchen Strichelchen stehen, der Bogen von der Seyte etwas abgesetzet werden müsse. Dieses verstehe ich nur von solchen Noten, bey denen es die Zeit leidet. Also werden im Allegro die Achttheile, und im Allegretto die Sechzehntheile, wenn deren viele auf einander folgen, davon ausgenommen: denn diese müssen zwar mit einem ganz kurzen Bogenstriche gespielet, der Bogen aber niemals abgesetzet, oder von der Seyte entfernet werden. Denn wenn man ihn allezeit so weit aufheben wollte, als zum sogenannten Absetzen erfodert wird; so würde nicht Zeit genug übrig seyn, ihn wieder zu rechter Zeit drauf zu bringen; und diese Art Noten würden klingen als wenn sie gehacket oder gepeitschet würden.

In einem Adagio können die Noten, so unter der concertirenden Stimme eine Bewegung machen, wenn auch keine Strichelchen drüber stünden, dennoch als ein halb staccato angesehen, und folglich zwischen einer jeden Note, ein klein Stillschweigen beobachtet werden.

Wenn über den Noten Puncte stehen; so müssen solche mit einem kurzem Bogen tockiret, oder gestoßen, aber nicht abgesetzet werden. Steht über den Puncten noch ein Bogen; so müssen die Noten, so viel

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[201/0215] 27. §. Wenn bey einem Stücke: staccato steht, so müssen die Noten alle kurz gespielet, und mit dem Bogen abgesetzet werden. Da man aber, in gegenwärtigen Zeiten, selten ein Stück von einerley Noten zu setzen pfleget; sondern auf eine gute Vermischung derselben sieht: so werden über diejenigen Noten, welche das staccato erfodern, Strichelchen geschrieben. Man muß sich aber bey diesen Noten nach dem Zeitmaaße, ob das Stück sehr langsam, oder sehr geschwind gespielet wird, richten, und die Noten im Adagio nicht eben so kurz, als die im Allegro, abstoßen: sonst würden die im Adagio allzutrocken und mager klingen. Die allgemeine Regel so man davon geben kann, ist diese: Wenn über etliche Noten Strichelchen stehen, müssen dieselben halb so lange klingen, als sie an und vor sich gelten. Steht aber nur über einer Note, auf welche etliche von geringerer Geltung folgen, ein Strichelchen: so bedeutet solches, nicht nur daß die Note halb so kurz seyn soll; sondern daß sie auch zugleich, mit dem Bogen, durch einen Druck markiret werden muß. Also werden aus Viertheilen, Achttheilen, und aus Achttheilen Sechzehntheile u. s. w. Oben ist gesaget worden, daß bey den Noten über welchen Strichelchen stehen, der Bogen von der Seyte etwas abgesetzet werden müsse. Dieses verstehe ich nur von solchen Noten, bey denen es die Zeit leidet. Also werden im Allegro die Achttheile, und im Allegretto die Sechzehntheile, wenn deren viele auf einander folgen, davon ausgenommen: denn diese müssen zwar mit einem ganz kurzen Bogenstriche gespielet, der Bogen aber niemals abgesetzet, oder von der Seyte entfernet werden. Denn wenn man ihn allezeit so weit aufheben wollte, als zum sogenannten Absetzen erfodert wird; so würde nicht Zeit genug übrig seyn, ihn wieder zu rechter Zeit drauf zu bringen; und diese Art Noten würden klingen als wenn sie gehacket oder gepeitschet würden. In einem Adagio können die Noten, so unter der concertirenden Stimme eine Bewegung machen, wenn auch keine Strichelchen drüber stünden, dennoch als ein halb staccato angesehen, und folglich zwischen einer jeden Note, ein klein Stillschweigen beobachtet werden. Wenn über den Noten Puncte stehen; so müssen solche mit einem kurzem Bogen tockiret, oder gestoßen, aber nicht abgesetzet werden. Steht über den Puncten noch ein Bogen; so müssen die Noten, so viel

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/215>, abgerufen am 25.04.2024.