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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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dem Piano aber, kann der Bogen, auf einem jeden Instrumente, noch etwas weiter, als oben gesaget worden, vom Stege abwärts geführet werden: um die Seyten mit der Mäßigung des Bogens desto leichter in Schwung zu bringen.

29. §.

Bey einigen Stücken pfleget man Dämpfer oder Sordinen auf die Violine, Bratsche, und den Violoncell zu setzen: um so wohl den Affect der Liebe, Zärtlichkeit, Schmeicheley, Traurigkeit, auch wohl, wenn der Componist ein Stück darnach einzurichten weis, eine wütende Gemüthsbewegung, als die Verwegenheit, Raserey und Verzweifelung, desto lebhafter auszudrücken: wozu gewisse Tonarten, als: E moll, C moll, F moll, Es dur, H moll, A dur, und E dur, ein Vieles beytragen können. Die Sordinen werden aus unterschiedenen Materien, als: Holz, Bley, Messing, Blech und Stahl gemachet. Die von Holz und Messing taugen gar nichts; weil sie einen schnarrenden Ton verursachen. Die von Stahl sind eigentlich die besten; wenn sie nur ihr gehöriges, den Instrumenten gemäßes Gewicht haben. Die Dämpfer zur Bratsche und zum Violoncell müssen mit der Größe dieser Instrumente in richtigem Verhalte stehen, und folglich immer zu dem einen Instrumente größer als zum andern seyn. Ich erinnere hier beyläufig, daß die blasenden Instrumentisten besser thun, wenn sie, anstatt Papieres oder anderer Sachen, ein Stück feuchten Schwamm in die Oeffnung ihrer Instrumente hinein stecken, wenn sie dieselben dämpfen wollen.

30. §.

Bey den Dämpfern ist zu merken, daß man in langsamen Stücken mit Sordinen, nicht mit der größten Stärke des Bogens spielen, und die bloßen Seyten, so viel als möglich ist, vermeiden müsse. Bey geschleiften Noten kann man den Bogen etwas feste aufdrücken. Wenn aber die Melodie eine öftere Wiederholung des Bogens erfodert, so thut ein kurzer, und durch einen Druck belebter, leichter Strich, bessere Wirkung, als ein langer, gezogener, oder schleppender Strich: doch muß man sich hierinne nach der Sache, die man zu spielen hat, richten.

31. §.

Die Stelle des Bogens vertreten zuweilen die Finger, durch das Reissen oder Kneipen der Seyten, welches das sogenannte Pizzicato ist. Dieses machen die meisten mehrentheils mit dem Daumen. Ich will nicht in Abrede seyn, daß ein guter Violinist, solches nicht auf eine angenehme

dem Piano aber, kann der Bogen, auf einem jeden Instrumente, noch etwas weiter, als oben gesaget worden, vom Stege abwärts geführet werden: um die Seyten mit der Mäßigung des Bogens desto leichter in Schwung zu bringen.

29. §.

Bey einigen Stücken pfleget man Dämpfer oder Sordinen auf die Violine, Bratsche, und den Violoncell zu setzen: um so wohl den Affect der Liebe, Zärtlichkeit, Schmeicheley, Traurigkeit, auch wohl, wenn der Componist ein Stück darnach einzurichten weis, eine wütende Gemüthsbewegung, als die Verwegenheit, Raserey und Verzweifelung, desto lebhafter auszudrücken: wozu gewisse Tonarten, als: E moll, C moll, F moll, Es dur, H moll, A dur, und E dur, ein Vieles beytragen können. Die Sordinen werden aus unterschiedenen Materien, als: Holz, Bley, Messing, Blech und Stahl gemachet. Die von Holz und Messing taugen gar nichts; weil sie einen schnarrenden Ton verursachen. Die von Stahl sind eigentlich die besten; wenn sie nur ihr gehöriges, den Instrumenten gemäßes Gewicht haben. Die Dämpfer zur Bratsche und zum Violoncell müssen mit der Größe dieser Instrumente in richtigem Verhalte stehen, und folglich immer zu dem einen Instrumente größer als zum andern seyn. Ich erinnere hier beyläufig, daß die blasenden Instrumentisten besser thun, wenn sie, anstatt Papieres oder anderer Sachen, ein Stück feuchten Schwamm in die Oeffnung ihrer Instrumente hinein stecken, wenn sie dieselben dämpfen wollen.

30. §.

Bey den Dämpfern ist zu merken, daß man in langsamen Stücken mit Sordinen, nicht mit der größten Stärke des Bogens spielen, und die bloßen Seyten, so viel als möglich ist, vermeiden müsse. Bey geschleiften Noten kann man den Bogen etwas feste aufdrücken. Wenn aber die Melodie eine öftere Wiederholung des Bogens erfodert, so thut ein kurzer, und durch einen Druck belebter, leichter Strich, bessere Wirkung, als ein langer, gezogener, oder schleppender Strich: doch muß man sich hierinne nach der Sache, die man zu spielen hat, richten.

31. §.

Die Stelle des Bogens vertreten zuweilen die Finger, durch das Reissen oder Kneipen der Seyten, welches das sogenannte Pizzicato ist. Dieses machen die meisten mehrentheils mit dem Daumen. Ich will nicht in Abrede seyn, daß ein guter Violinist, solches nicht auf eine angenehme

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[203/0217] dem Piano aber, kann der Bogen, auf einem jeden Instrumente, noch etwas weiter, als oben gesaget worden, vom Stege abwärts geführet werden: um die Seyten mit der Mäßigung des Bogens desto leichter in Schwung zu bringen. 29. §. Bey einigen Stücken pfleget man Dämpfer oder Sordinen auf die Violine, Bratsche, und den Violoncell zu setzen: um so wohl den Affect der Liebe, Zärtlichkeit, Schmeicheley, Traurigkeit, auch wohl, wenn der Componist ein Stück darnach einzurichten weis, eine wütende Gemüthsbewegung, als die Verwegenheit, Raserey und Verzweifelung, desto lebhafter auszudrücken: wozu gewisse Tonarten, als: E moll, C moll, F moll, Es dur, H moll, A dur, und E dur, ein Vieles beytragen können. Die Sordinen werden aus unterschiedenen Materien, als: Holz, Bley, Messing, Blech und Stahl gemachet. Die von Holz und Messing taugen gar nichts; weil sie einen schnarrenden Ton verursachen. Die von Stahl sind eigentlich die besten; wenn sie nur ihr gehöriges, den Instrumenten gemäßes Gewicht haben. Die Dämpfer zur Bratsche und zum Violoncell müssen mit der Größe dieser Instrumente in richtigem Verhalte stehen, und folglich immer zu dem einen Instrumente größer als zum andern seyn. Ich erinnere hier beyläufig, daß die blasenden Instrumentisten besser thun, wenn sie, anstatt Papieres oder anderer Sachen, ein Stück feuchten Schwamm in die Oeffnung ihrer Instrumente hinein stecken, wenn sie dieselben dämpfen wollen. 30. §. Bey den Dämpfern ist zu merken, daß man in langsamen Stücken mit Sordinen, nicht mit der größten Stärke des Bogens spielen, und die bloßen Seyten, so viel als möglich ist, vermeiden müsse. Bey geschleiften Noten kann man den Bogen etwas feste aufdrücken. Wenn aber die Melodie eine öftere Wiederholung des Bogens erfodert, so thut ein kurzer, und durch einen Druck belebter, leichter Strich, bessere Wirkung, als ein langer, gezogener, oder schleppender Strich: doch muß man sich hierinne nach der Sache, die man zu spielen hat, richten. 31. §. Die Stelle des Bogens vertreten zuweilen die Finger, durch das Reissen oder Kneipen der Seyten, welches das sogenannte Pizzicato ist. Dieses machen die meisten mehrentheils mit dem Daumen. Ich will nicht in Abrede seyn, daß ein guter Violinist, solches nicht auf eine angenehme

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/217>, abgerufen am 24.04.2024.