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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Projectionslehre.

Das Dihexaeder sieht man als ein Rhom-
benoktaeder a : b : c nebst einem Paar c : 1/2 b : infinity a
an, b = a [Formel 1] . Man konstruire erst das Rhomben-
oktaeder a : b : c, halbire dann die Kante ab in
a', so sind die Verbindungslinien a'a' die gesuch-
ten beiden andern Nebenaxen. Es ist für diese
[Abbildung] Stellung nicht unvortheilhaft, wenn man r = 3 und s = 2 nimmt, dann
ist Winkel e = 80° 25'.



Projektionslehre.

Wer von Krystallen schnell ein klares Bild bekommen will, muß
sich vor allem mit der Projektion vertraut machen. Ich habe sie in
meiner "Methode der Krystallographie 1840" weitläufig auseinander gesetzt.
Sie besteht darin, daß ich alle Flächen durch einen Punkt (Scheitel-
punkt) lege, und dieselben dann eine beliebige Ebene (Projektionsebene)
schneiden lasse. Wenn ich nun alle Flächen durch einen Punkt lege, so
müssen nothwendig die Parallelen zusammenfallen. Jeder zwischen zwei
Parallelebenen liegende Raum (Krystallraum, Parallelraum) wird also
durch eine Ebene (Reduktionsebene) vertreten. Jede Reduktionsebene
muß die Projektionsebene in einer geraden Linie (Sektionslinie) schneiden,
nur die eine nicht, welche der Projektionsebene parallel geht. Alle Flächen,
welche in einer Zone liegen, müssen dann in einer gemeinsamen Linie
(Zonenaxe) sich schneiden. Die Zonenaxen selbst strahlen alle vom Scheitel-
punkte aus, treffen die Projektionsebene unter Punkten (Zonenpunkten),
in welchen sich sämmtliche Sektionslinien der zugehörigen Zone schneiden.

Beispiel. Legen wir durch die Basis des
Quadratoktaeders eine Ebene aaaa, und verlängern
dann die Seiten des Quadrats ins Beliebige, so
liefern die vier sich kreuzenden Linien das Pro-
jektionsbild auf der zugehörigen Hexaidfläche. Der
Endpunkt c wird in der Mitte über der Projektions-
ebene gedacht, von hier strahlen die vier Endkanten
ca aus, so daß aaaa ihre vier Zonenpunkte sind.
Die Punkte a'a' liegen im Unendlichen, ihre Zonen-
axe ca' geht also der Projektionsebene parallel.

[Abbildung]

Denken wir jetzt die vier Oktaederflächen über sich hinaus verlängert,
aber fest in ihrer Lage, und bewegen wir nun die Pro-
jektionsebene beliebig dagegen, so muß im Allgemeinen
das Projektionsbild aaaaa'a' entstehen, worin aaaa noch
die Endkanten, und a'a' die Seitenkantenzonenpunkte
bezeichnen. Man macht sich dieses leicht klar, wenn man
vom Oktaeder die Endecke beliebig wegschneidet, ohne daß
[Abbildung] eine Endkante der andern gleich getroffen wird. Diese Fläche wird dann
das Trapezoid aaaa sein, dessen Seiten über sich hinaus verlängert zu

Quenstedt, Mineralogie. 3
Projectionslehre.

Das Dihexaeder ſieht man als ein Rhom-
benoktaeder a : b : c nebſt einem Paar c : ½ b : ∞ a
an, b = a [Formel 1] . Man konſtruire erſt das Rhomben-
oktaeder a : b : c, halbire dann die Kante ab in
a', ſo ſind die Verbindungslinien a'a' die geſuch-
ten beiden andern Nebenaxen. Es iſt für dieſe
[Abbildung] Stellung nicht unvortheilhaft, wenn man r = 3 und s = 2 nimmt, dann
iſt Winkel ε = 80° 25′.



Projektionslehre.

Wer von Kryſtallen ſchnell ein klares Bild bekommen will, muß
ſich vor allem mit der Projektion vertraut machen. Ich habe ſie in
meiner „Methode der Kryſtallographie 1840″ weitläufig auseinander geſetzt.
Sie beſteht darin, daß ich alle Flächen durch einen Punkt (Scheitel-
punkt) lege, und dieſelben dann eine beliebige Ebene (Projektionsebene)
ſchneiden laſſe. Wenn ich nun alle Flächen durch einen Punkt lege, ſo
müſſen nothwendig die Parallelen zuſammenfallen. Jeder zwiſchen zwei
Parallelebenen liegende Raum (Kryſtallraum, Parallelraum) wird alſo
durch eine Ebene (Reduktionsebene) vertreten. Jede Reduktionsebene
muß die Projektionsebene in einer geraden Linie (Sektionslinie) ſchneiden,
nur die eine nicht, welche der Projektionsebene parallel geht. Alle Flächen,
welche in einer Zone liegen, müſſen dann in einer gemeinſamen Linie
(Zonenaxe) ſich ſchneiden. Die Zonenaxen ſelbſt ſtrahlen alle vom Scheitel-
punkte aus, treffen die Projektionsebene unter Punkten (Zonenpunkten),
in welchen ſich ſämmtliche Sektionslinien der zugehörigen Zone ſchneiden.

Beiſpiel. Legen wir durch die Baſis des
Quadratoktaeders eine Ebene aaaa, und verlängern
dann die Seiten des Quadrats ins Beliebige, ſo
liefern die vier ſich kreuzenden Linien das Pro-
jektionsbild auf der zugehörigen Hexaidfläche. Der
Endpunkt c wird in der Mitte über der Projektions-
ebene gedacht, von hier ſtrahlen die vier Endkanten
ca aus, ſo daß aaaa ihre vier Zonenpunkte ſind.
Die Punkte a'a' liegen im Unendlichen, ihre Zonen-
axe ca' geht alſo der Projektionsebene parallel.

[Abbildung]

Denken wir jetzt die vier Oktaederflächen über ſich hinaus verlängert,
aber feſt in ihrer Lage, und bewegen wir nun die Pro-
jektionsebene beliebig dagegen, ſo muß im Allgemeinen
das Projektionsbild aaaaa'a' entſtehen, worin aaaa noch
die Endkanten, und a'a' die Seitenkantenzonenpunkte
bezeichnen. Man macht ſich dieſes leicht klar, wenn man
vom Oktaeder die Endecke beliebig wegſchneidet, ohne daß
[Abbildung] eine Endkante der andern gleich getroffen wird. Dieſe Fläche wird dann
das Trapezoid aaaa ſein, deſſen Seiten über ſich hinaus verlängert zu

Quenſtedt, Mineralogie. 3
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[33/0045] Projectionslehre. Das Dihexaeder ſieht man als ein Rhom- benoktaeder a : b : c nebſt einem Paar c : ½ b : ∞ a an, b = a [FORMEL]. Man konſtruire erſt das Rhomben- oktaeder a : b : c, halbire dann die Kante ab in a', ſo ſind die Verbindungslinien a'a' die geſuch- ten beiden andern Nebenaxen. Es iſt für dieſe [Abbildung] Stellung nicht unvortheilhaft, wenn man r = 3 und s = 2 nimmt, dann iſt Winkel ε = 80° 25′. Projektionslehre. Wer von Kryſtallen ſchnell ein klares Bild bekommen will, muß ſich vor allem mit der Projektion vertraut machen. Ich habe ſie in meiner „Methode der Kryſtallographie 1840″ weitläufig auseinander geſetzt. Sie beſteht darin, daß ich alle Flächen durch einen Punkt (Scheitel- punkt) lege, und dieſelben dann eine beliebige Ebene (Projektionsebene) ſchneiden laſſe. Wenn ich nun alle Flächen durch einen Punkt lege, ſo müſſen nothwendig die Parallelen zuſammenfallen. Jeder zwiſchen zwei Parallelebenen liegende Raum (Kryſtallraum, Parallelraum) wird alſo durch eine Ebene (Reduktionsebene) vertreten. Jede Reduktionsebene muß die Projektionsebene in einer geraden Linie (Sektionslinie) ſchneiden, nur die eine nicht, welche der Projektionsebene parallel geht. Alle Flächen, welche in einer Zone liegen, müſſen dann in einer gemeinſamen Linie (Zonenaxe) ſich ſchneiden. Die Zonenaxen ſelbſt ſtrahlen alle vom Scheitel- punkte aus, treffen die Projektionsebene unter Punkten (Zonenpunkten), in welchen ſich ſämmtliche Sektionslinien der zugehörigen Zone ſchneiden. Beiſpiel. Legen wir durch die Baſis des Quadratoktaeders eine Ebene aaaa, und verlängern dann die Seiten des Quadrats ins Beliebige, ſo liefern die vier ſich kreuzenden Linien das Pro- jektionsbild auf der zugehörigen Hexaidfläche. Der Endpunkt c wird in der Mitte über der Projektions- ebene gedacht, von hier ſtrahlen die vier Endkanten ca aus, ſo daß aaaa ihre vier Zonenpunkte ſind. Die Punkte a'a' liegen im Unendlichen, ihre Zonen- axe ca' geht alſo der Projektionsebene parallel. [Abbildung] Denken wir jetzt die vier Oktaederflächen über ſich hinaus verlängert, aber feſt in ihrer Lage, und bewegen wir nun die Pro- jektionsebene beliebig dagegen, ſo muß im Allgemeinen das Projektionsbild aaaaa'a' entſtehen, worin aaaa noch die Endkanten, und a'a' die Seitenkantenzonenpunkte bezeichnen. Man macht ſich dieſes leicht klar, wenn man vom Oktaeder die Endecke beliebig wegſchneidet, ohne daß [Abbildung] eine Endkante der andern gleich getroffen wird. Dieſe Fläche wird dann das Trapezoid aaaa ſein, deſſen Seiten über ſich hinaus verlängert zu Quenſtedt, Mineralogie. 3

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/45>, abgerufen am 18.04.2024.