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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Härte.
complicirten Instrumente allerdings wichtig, für den praktischen Minera-
logen haben sie jedoch nicht die Bedeutung, die man ihnen wohl hin und
wieder beilegt. Für die Vergleichung der verschiedenen Härtegrade ist die
Mohs'sche

Härtescala allgemein eingeführt:

1) Talk, der grünlich weiße aus den Alpen.
2) Steinsalz, blättriges, hat genau die Härte des Fingernagels,
während der blättrige Gyps noch deutlich mit dem Nagel geritzt werden kann.
3) Kalkspath, besonders der blättrige von Erzgängen, läßt sich sehr
leicht mit dem Messer ritzen.
4) Flußspath.
5) Apatit hat ungefähr Glashärte, läßt sich daher mit dem Messer
nur noch schwer beschädigen.
6) Feldspath, besonders der klare aus den Alpen, gibt mit dem
Stahle noch keine stark glühenden Funken.
7) Quarz mit dem Stahle gute Funken gebend.
8) Topas, mit ihm beginnt die Edelsteinhärte.
9) Korund ist der härteste unter den Gemmen, nur weit davon
folgt der
10) Diamant, der daher blos in seinem eigenen Pulver geschliffen
werden kann.

Gewöhnlich setzt man bei der Härteangabe blos die Zahl hin, doch darf
man darin keine mathematischen Abstufungen vermuthen, wozu die Deci-
malbrüche mancher Schriftsteller verleiten könnten. Zwischen Korund und
Diamant soll bei weitem der größte Abstand sein, was der Schleifer vor
allem aus der Art wie er beim Schleifen angegriffen wird wahrnimmt.
Der ächte Smirgel ist Korund, und deshalb findet er beim Schleifen
harter Steine hauptsächlich Anwendung. Quarz ist unter den gemeinen
Steinen der härteste, was über ihn hinausgeht, zählt schon zur Edelstein-
härte. Unter dem Quarze stellt sich Zinnstein 7--6, Eisenglanz 6, Eisen
6--5 etc. ein. Die meisten gediegenen Metalle sind unter Kalkspathhärte,
werden aber durch Legiren etwas härter.

Wenn man die Härte mit der Feile prüft, so wird vom Feldspath = 6
die Feile zwar schon polirt, allein aus Ton, Pulvermenge und Politur
der Feile kann man dennoch auf die Härte zurückschließen.

Härteverschiedenheiten kommen öfter an ein und demselben
Minerale vor, wie das in so auffallender Weise der Cyanit zeigt, der
auf dem Blätterbruch 5 und auf den Säulenkanten 7 hat. Auf dem blätt-
rigen Bruche des Gypses kann man die Unterschiede schon mit der Feder
wahrnehmen. Wenn man damit über die Spiegelfläche hinfährt, so dringt
sie am leichtesten senkrecht gegen den Faserbruch ein. Beim Kalkspath
fällt es gar mit dem Federmesser auf, was bereits Huyghens wußte: ritzt
man nemlich den blättrigen Bruch längs der kurzen Diagonale von stum-
pfem Winkel zu stumpfem Winkel, so bekommt man kein rechtes Pulver,
wenn man an der Endecke c ansetzt, und hinabfährt, entgegengesetzt von
der Seitenecke aus umgibt sich der Strich dagegen sogleich mit viel Pulver.
Beim Bleiglanz kann man die Sache mit bloßer Hand nicht mehr wahr-
nehmen, doch soll die Masse parallel den Würfelkanten etwas härter sein,
als parallel den Diagonalen. Franz stellt als allgemeines Gesetz auf,

Härte.
complicirten Inſtrumente allerdings wichtig, für den praktiſchen Minera-
logen haben ſie jedoch nicht die Bedeutung, die man ihnen wohl hin und
wieder beilegt. Für die Vergleichung der verſchiedenen Härtegrade iſt die
Mohs’ſche

Härteſcala allgemein eingeführt:

1) Talk, der grünlich weiße aus den Alpen.
2) Steinſalz, blättriges, hat genau die Härte des Fingernagels,
während der blättrige Gyps noch deutlich mit dem Nagel geritzt werden kann.
3) Kalkſpath, beſonders der blättrige von Erzgängen, läßt ſich ſehr
leicht mit dem Meſſer ritzen.
4) Flußſpath.
5) Apatit hat ungefähr Glashärte, läßt ſich daher mit dem Meſſer
nur noch ſchwer beſchädigen.
6) Feldſpath, beſonders der klare aus den Alpen, gibt mit dem
Stahle noch keine ſtark glühenden Funken.
7) Quarz mit dem Stahle gute Funken gebend.
8) Topas, mit ihm beginnt die Edelſteinhärte.
9) Korund iſt der härteſte unter den Gemmen, nur weit davon
folgt der
10) Diamant, der daher blos in ſeinem eigenen Pulver geſchliffen
werden kann.

Gewöhnlich ſetzt man bei der Härteangabe blos die Zahl hin, doch darf
man darin keine mathematiſchen Abſtufungen vermuthen, wozu die Deci-
malbrüche mancher Schriftſteller verleiten könnten. Zwiſchen Korund und
Diamant ſoll bei weitem der größte Abſtand ſein, was der Schleifer vor
allem aus der Art wie er beim Schleifen angegriffen wird wahrnimmt.
Der ächte Smirgel iſt Korund, und deshalb findet er beim Schleifen
harter Steine hauptſächlich Anwendung. Quarz iſt unter den gemeinen
Steinen der härteſte, was über ihn hinausgeht, zählt ſchon zur Edelſtein-
härte. Unter dem Quarze ſtellt ſich Zinnſtein 7—6, Eiſenglanz 6, Eiſen
6—5 ꝛc. ein. Die meiſten gediegenen Metalle ſind unter Kalkſpathhärte,
werden aber durch Legiren etwas härter.

Wenn man die Härte mit der Feile prüft, ſo wird vom Feldſpath = 6
die Feile zwar ſchon polirt, allein aus Ton, Pulvermenge und Politur
der Feile kann man dennoch auf die Härte zurückſchließen.

Härteverſchiedenheiten kommen öfter an ein und demſelben
Minerale vor, wie das in ſo auffallender Weiſe der Cyanit zeigt, der
auf dem Blätterbruch 5 und auf den Säulenkanten 7 hat. Auf dem blätt-
rigen Bruche des Gypſes kann man die Unterſchiede ſchon mit der Feder
wahrnehmen. Wenn man damit über die Spiegelfläche hinfährt, ſo dringt
ſie am leichteſten ſenkrecht gegen den Faſerbruch ein. Beim Kalkſpath
fällt es gar mit dem Federmeſſer auf, was bereits Huyghens wußte: ritzt
man nemlich den blättrigen Bruch längs der kurzen Diagonale von ſtum-
pfem Winkel zu ſtumpfem Winkel, ſo bekommt man kein rechtes Pulver,
wenn man an der Endecke c anſetzt, und hinabfährt, entgegengeſetzt von
der Seitenecke aus umgibt ſich der Strich dagegen ſogleich mit viel Pulver.
Beim Bleiglanz kann man die Sache mit bloßer Hand nicht mehr wahr-
nehmen, doch ſoll die Maſſe parallel den Würfelkanten etwas härter ſein,
als parallel den Diagonalen. Franz ſtellt als allgemeines Geſetz auf,

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[120/0132] Härte. complicirten Inſtrumente allerdings wichtig, für den praktiſchen Minera- logen haben ſie jedoch nicht die Bedeutung, die man ihnen wohl hin und wieder beilegt. Für die Vergleichung der verſchiedenen Härtegrade iſt die Mohs’ſche Härteſcala allgemein eingeführt: 1) Talk, der grünlich weiße aus den Alpen. 2) Steinſalz, blättriges, hat genau die Härte des Fingernagels, während der blättrige Gyps noch deutlich mit dem Nagel geritzt werden kann. 3) Kalkſpath, beſonders der blättrige von Erzgängen, läßt ſich ſehr leicht mit dem Meſſer ritzen. 4) Flußſpath. 5) Apatit hat ungefähr Glashärte, läßt ſich daher mit dem Meſſer nur noch ſchwer beſchädigen. 6) Feldſpath, beſonders der klare aus den Alpen, gibt mit dem Stahle noch keine ſtark glühenden Funken. 7) Quarz mit dem Stahle gute Funken gebend. 8) Topas, mit ihm beginnt die Edelſteinhärte. 9) Korund iſt der härteſte unter den Gemmen, nur weit davon folgt der 10) Diamant, der daher blos in ſeinem eigenen Pulver geſchliffen werden kann. Gewöhnlich ſetzt man bei der Härteangabe blos die Zahl hin, doch darf man darin keine mathematiſchen Abſtufungen vermuthen, wozu die Deci- malbrüche mancher Schriftſteller verleiten könnten. Zwiſchen Korund und Diamant ſoll bei weitem der größte Abſtand ſein, was der Schleifer vor allem aus der Art wie er beim Schleifen angegriffen wird wahrnimmt. Der ächte Smirgel iſt Korund, und deshalb findet er beim Schleifen harter Steine hauptſächlich Anwendung. Quarz iſt unter den gemeinen Steinen der härteſte, was über ihn hinausgeht, zählt ſchon zur Edelſtein- härte. Unter dem Quarze ſtellt ſich Zinnſtein 7—6, Eiſenglanz 6, Eiſen 6—5 ꝛc. ein. Die meiſten gediegenen Metalle ſind unter Kalkſpathhärte, werden aber durch Legiren etwas härter. Wenn man die Härte mit der Feile prüft, ſo wird vom Feldſpath = 6 die Feile zwar ſchon polirt, allein aus Ton, Pulvermenge und Politur der Feile kann man dennoch auf die Härte zurückſchließen. Härteverſchiedenheiten kommen öfter an ein und demſelben Minerale vor, wie das in ſo auffallender Weiſe der Cyanit zeigt, der auf dem Blätterbruch 5 und auf den Säulenkanten 7 hat. Auf dem blätt- rigen Bruche des Gypſes kann man die Unterſchiede ſchon mit der Feder wahrnehmen. Wenn man damit über die Spiegelfläche hinfährt, ſo dringt ſie am leichteſten ſenkrecht gegen den Faſerbruch ein. Beim Kalkſpath fällt es gar mit dem Federmeſſer auf, was bereits Huyghens wußte: ritzt man nemlich den blättrigen Bruch längs der kurzen Diagonale von ſtum- pfem Winkel zu ſtumpfem Winkel, ſo bekommt man kein rechtes Pulver, wenn man an der Endecke c anſetzt, und hinabfährt, entgegengeſetzt von der Seitenecke aus umgibt ſich der Strich dagegen ſogleich mit viel Pulver. Beim Bleiglanz kann man die Sache mit bloßer Hand nicht mehr wahr- nehmen, doch ſoll die Maſſe parallel den Würfelkanten etwas härter ſein, als parallel den Diagonalen. Franz ſtellt als allgemeines Geſetz auf,

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/132>, abgerufen am 29.03.2024.